Archiv der Kategorie Darmstadt

Bürgerhaushalt Darmstadt 2015

Am 19. März hat die Stadt Darmstadt die Aktivitäten zum Bürgerhaushalt 2015 gestartet. Ziel des Bürgerhaushaltes  ist es, die Darmstädter und Darmstädterinnen an der Erstellung des städtischen Haushaltes 2015 zu beteiligen.

Für die Stadt hat das den Vorteil, auch das Wissen und die Erfahrungen von Menschen nutzen zu können, die sich nicht regelmäßig oder systematisch politisch engagieren und so Einsparungen oder Verbesserungen zu erzielen.

Für die BürgerInnen hat das den Vorteil, auf die Politik auch außerhalb der Wahlen und jenseits der Parteipolitik Einfluss nehmen zu können – aber auch sich untereinander über Probleme der Gegenwart und Perspektiven der Zukunft austauschen zu können.

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Kick-off zum Bürgerhaushalt Darmstadt 2015

Bürgerhaushalt DarmstadtLetztes Jahr bin ich ja erst spät in das Thema „Bürgerhaushalt“ eingestiegen (siehe meine Erfahrungsbericht Bürgerhaushalt 2014). Dieses Jahr habe ich vor, ganz von Anfang an mit zu mischen und eigene Ideen einzubringen, aber auch dazu beizutragen, dass diese Möglichkeit mitzuwirken von noch mehr Menschen wahrgenommen wird.

Diese Woche geht es nun los mit dem Kick-Off:

Am  Mittwoch, 19.03.2014 um 19:00 Uhr

in der Turnhalle der Mornewegschule, Hermannstraße 21, 64285 Darmstadt
(Haltestelle Freiberger Platz der Straßenbahnlinie 3, barrierefrei)

Hier informiert die Stadt über den städtischen Haushalt, die Änderungen im Verfahren gegenüber dem Bürgerhaushalt 2014 und nimmt erste inhaltliche Ideen und Anregungen für den Bürgerhaushalt entgegen. Die Teilnahme am Kick-off ist keine Voraussetzung für das Mitmachen beim Bürgerhaushalt.

Ich hatte letztes Jahr schon ein paar grobe Ideen gesammelt, weil es da zu spät war, diese noch einzubringen. Hier noch mal die Themen, die mir damals eingefallen sind: Den Rest des Eintrags lesen. »

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Eltern fordern G9-Gymnasium für Darmstadt

Die schwarz-grüne Landesregierung setzt im Streit um G8/ G9 auf Wahlfreiheit. Doch in Darmstadt gebe es diese Wahlfreiheit nicht, beklagen sich Eltern. Die Gymnasien bieten hier ausschließlich die verkürzte Gymnasialzeit an. Doch Eltern wünschen sich eine Alternative zum Turbo-Abi:

http://www.youtube.com/watch?v=7UqRaR4p7lg#t=48

Quelle: Hessenschau

Darmstädter GymnasienWichtigste Botschaften:

  • Das Land hat den Schulen die Freiheit gegeben, selbst über G8 oder G9 zu entscheiden
  • Hans-Jürgen Krell, Leiter der EleonorenSchule und Sprecher der Darmstädter Direktoren „schätzt G8“ und sieht keine Nachfrage der Eltern nach G9.
  • Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert eine Umfrage unter den Grundschuleltern.
  • Schuldezernent Rafael Reißer (CDU) lehnt eine Umfrage unter Eltern ab, er will lieber einen runden Tisch (an dem dann natürlich nicht alle Platz haben werden).

Man sollte jedoch auch nicht vergessen, dass an den Gesamtschulen, die ja auch zum Abitur führen, durchaus G9 angeboten wird.

Siehe dazu auch:

 

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Veranstaltung: Bildungspolitische Zukunft in Hessen

Am 20.2.2014 war Mathias Wagner, Bildungssprecher und Fraktionsvorsitzender der Grünen im hessischen Landtag in Darmstadt. Eingeladen hatte der AK Bildung der Darmstädter Grünen.

Mathias Wagner bei den Grünen DarmstadtDie erste Erkenntnis meines Besuches dort: Die Darmstädter Grünen sind keine Partei der SchülerInnen und Jugendlichen mehr. Erstes Indiz: Es waren weder „normale“ SchülerInnen anwesend, noch VertreterInnen des Stadtschülerrates und auch nicht der Grünen Jugend. Es war nicht klar, ob dieses gar nicht eingeladen / angesprochen wurden, oder bevorzugt hatten, der Veranstaltung fernzubleiben.

Eine noch größere Distanz zeigte sich, als Daniela Wagner in ihrem Grußwort betonte, dass die CDU-Grüne-Landesregierung in der Bildungspolitik die Interessen der Eltern und LehrerInnen berücksichtigen wolle. Mein Rückfrage, warum sie nicht auch die Interessen der SchülerInnen berücksichtigen wolle, verstand sie gar nicht, sondern entgegnete ehrlich verwundert: „Aber wir machen das doch für die SchülerInnen.“

Verständlich, warum ich das absolut unmöglich finde?

Nein? Dann stellt euch mal vor, ein Mann würde sagen: „Frauen müssen in der Politik nicht mitreden, weil die Männer machen doch die Politik für die Frauen.“

Durch solche Aussagen werden SchülerInnen werden zu Objekten der Bildungspolitik degradiert, statt als eigene Interessensgruppe anerkannt und beteiligt zu werden. Für eine Regeirungspartei ist das natürlich praktisch, weil SchülerInnen als direkt und unmittelbar Betroffene der Bildungspoltik in der Regel radikalere Forderungen haben und auch ungeduldiger sind bei der Umsetzung von Verbesserungen. Aber solche Aussagen zeugen darüber hinaus von einer „von oben herab“-Haltung, die Jugendliche weiter von der Politik (und den Grünen!) entfremdet. Das allgemeine Unverständnis, mit dem das Podium wie auch das Publikum auf meinen Einwurf reagierten, zeigt, wie nötig ein kompletter Generationswechsel bei den Grünen wäre. Den Rest des Eintrags lesen. »

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Fotoausstellung „Sozialtourismus“

Update 16.1.2015: Auch in diesem Jahr gibt es wieder eine Fotoausstellung. Die Vernissage findet am Donnerstag, den 26.02.2015 in Darmstadt statt.
Der Ort und weitere Details werden noch bekanntgegeben: www.unwort-bilder.de

Eine Gruppe Darmstädter FotografInnen  wartet jedes Jahr gespannt auf einen bestimmten Termin im Januar. Denn erst dann können sie loslegen. Denn dann wird von vier SprachwissenschafterInnen und einer JournalistIn das „Unwort des Jahres“ verkündet.

Sprachliche Ausdrücke werden dadurch zu Unwörtern, dass sie von Sprechern entweder gedankenlos oder mit kritikwürdigen Intentionen verwendet werden, und dies im öffentlichen Kontext […]. Die Kritik an ihnen ist Ausdruck der Hoffnung auf mehr Verantwortung im sprachlichen Handeln.

Stefan Daub: Sozialtourismus

Mein Favorit der diesjährigen Fotos: Stefan Daub: Sozialtourismus

Ziel der sprachkritischen Aktion „Unwort des Jahres“ ist es, das Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung fördern. Sie lenkt den Blick auf sachlich unangemessene oder inhumane Formulierungen im öffentlichen Sprachgebrauch, um damit zu alltäglicher sprachkritischer Reflexion aufzufordern.

Was das mit den Darmstädter FotografInnen zu tun hat? Nun, diese haben sich zum Ziel gesetzt, in kürzester Zeit dieses Wort (beziehungsweise die Kritik am Gebrauch dieses Wortes) fotografisch umzusetzen.

Heute (am 20. Februar) hat die Ausstellung der Ergebnisse eröffnet und ist (leider) nur für wenige Tage (bis Sonntag, 23.2.) zu sehen. Deshalb hier eine kurze Rezension, um zum Besuch anzuregen.

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CD-Review: Nola – Portrait of a Lady

Nola - Portrait of a Lady„Portrait  of a Lady“ ist eine dieser CDs, die gefählich leicht nach einmaligem Hören in den Tiefen der Plattensammlung verschwinden können. Ich hätte diesen Fehler fast gemacht. Denn ich habe sie beim ersten Mal viel zu leise und zudem zu unaufmerksam gehört. Mein erster Eindruck damals: Sehr schöne Musik, aber nichts Neues und traurig, ja fast ein wenig depressiv. Zum Glück habe ich noch einmal genauer hingehört!

Denn:

Nichts Neues ist es in der Tat, sondern etwas Wohlbekanntes. Nola – das sind die Sängerin Marijke Jährling, Steffen Müller-Kaiser an Tenorsaxofon und Bassklarinette, Lukas Moriz am Piano und Ina Burger an Kontrabass – haben dieses Album der großen alten Lady des Jazz und Blues, Billie Holiday, gewidmet (sprich: Ihre Lieder aufgenommen). Und Billie Holidays Musik ist nun mal bekannt und vertraut – und Nolas Version so nahe dran und authentisch, dass sie auf den ersten Blick nicht auffällt.

Und das ist vielleicht schon das wichtigste Kompliment, dass man Nola machen kann: Das sie es geschafft haben, die Musik dieser fantastischen Sängerin und ihrer Zeit so treffend wiederzugeben. Ohne auf Eigenständigkeit und Interpretation zu verzichten. Versuchungen und Risiken lauerten dabei an allen Ecken. Eine zu exakte Kopie hätte keinen eigenständigen Reiz (und stände im Wiederspruch zu Billie Holidays eigenem Selbstverständnis), eine zu moderne Interpretation schnell zur Karikatur werden. Den Rest des Eintrags lesen. »

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1944: Wurden doitsche Täter zu deutschen Opfern?

Antwort auf die Kunstaktion „Durmstädter Brandnamen“.

Hetze der Nazis gegen Juden -  auch in Darmstadt

Als am 11. September 1944 Bomben auf Darmstadt fielen, war die Stadt doitsch. Nicht Deutsch, im Sinne Goethes, Lessings, Büchners, … sondern doitsch im Sinne Hitlers, Göbbels, Görings .. . Die Doitschen hatte alle Anderen vertrieben, fortgeschafft oder ermordet: Alle, die jüdische Wurzeln hatten, alle die Anarchisten waren, oder Kommunisten, oder Sozialisten, oder Sozialdemokraten. Alle die offen homosexuell waren. Fast alle, die aus dem Ausland stammten. Alle, die – wie Sinti und Roma – auf der Wanderschaft waren. Alle, die das Christentum ernst genommen hatten. Alle Obdachlosen, alle psychisch Kranken, viele Behinderte, alle Unangepassten. Und ein paar, die ihren Nächsten einfach nur im Weg waren.

Alle vertreiben, fortgeschafft oder (zum Teil bestialisch) ermordet.

Was übrig blieb, war nicht mehr das historisch gewachsene Darmstadt, sondern eine nach nationalsozialistischen Idealvorstellungen durchwurstete Stadt. Nicht Darm, sondern weiter unten im Verdauungstrakt, ein Ort an dem nichts „anderes“ mehr heraus pressen lässt. Ich würde dieses Rest-Darmstadt von 1944 als Afterstadt bezeichnen.

Die Menschen, die noch hier leben durften, wussten alle, was geschehen war. Diese Dinge waren nicht unbemerkt geschehen. Viele wurden von Geschrei und Hetze und Feuer begleitet. Andere geschahen stiller, aber sie waren natürlich auch bemerkt worden und man hatte darüber geredet, getuschelt oder geflüstert.

Nicht wenige Afterstädter waren selbst aktive Nazis, unterstützen die Organisationen der Verbrecher durch Mitwirkung oder Mitgliedschaft. Viele hatten bei Wahlen für die NSDAP gestimmt, ihr zugejubelt, ihre Verbrechen (vor anderen oder sich selbst) gerechtfertigt oder entschuldigt. Den Opfern die Schuld gegeben. Die meisten waren auf jeden Fall dabei, haben zugesehen und nichts getan. Vielleicht „hemmungsvoll dabei“, wie das Heinz Rudolf Kunze (allerdings über die 80er Jahre) mal sehr schön formulierte. Andere haben richtig abgesahnt, weil ihnen der Besitz der Nazi-Opfer zufiel.

Und erst der Krieg. Viele haben von der Rüstungsproduktion profitiert, vom Aufbau der Kriegsinfrastruktur, vom Panzerbau, der Bombenproduktion. Wie viele haben gejubelt, als Polen in wenigen Tagen fiel? Als Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, der Großteil Frankreichs, Jugoslawien und Griechenland erobert und besetzt wurden? Als die ersten Bomben auf englische Städte fielen? Die doitschen Wochenschauen haben das ja durchaus immer wieder (von oben) gezeigt.

Nazi Hetze gegen Juden .- auch in Darmstadt

Ich will hier nicht moralisieren. Ich wäre damals vermutlich genauso dabei gewesen – wäre vermutlich gar nicht anders gewesen. Froh, dass es mich nicht erwischt hat, dass ich zu den Glücklichen gehöre, die durchs Raster der Nazi-Auslese gefallen waren.

Dennoch haben die Afterstädter gewusst – tief innen drin – dass sie Schuld auf sich laden. Manche bewusst, manche unbewusst, viele es bewusst verdrängend. Vielfache Schuld. Unendliche Schuld.

Solange der Krieg gut lief, ließ sich das auch gut verdrängen. Doch je näher der Krieg kam, desto weniger funktionierte das. Die Leute waren ja nicht naiv oder hatten gar vergessen. Ihr eigener  Krieg kam nun nach Hause! In der Brandnacht wussten die Afterstädter sehr gut, wie sie von oben – aus den Flugzeugen heraus – aussahen. Die Wochenschauen hatten ihnen diese Bilder ja lange genug eingebrannt. Was neu war: Die Perspektive derer unten am Boden.

Ich will damit keinesfalls sagen, dass die Afterstädter den Tod verdient hätten. Niemand verdient den Tod, der Tod macht nichts ungeschehen und so mancher wäre vielleicht gerechter bestraft, wenn er unsterblich mit seiner Schuld leben müsste.

Aber man kann nicht das Leid und den Tod aus seinem historischen Zusammenhängen herausreißen und Singulär betrachten. Die Darmstädter Brandnacht ist untrennbar eng verknüpft mit dem, was in den Jahren zuvor passierte. Vermutlich weniger im Bewusstsein der Besatzungen der Flieger, die die Bomben abwarfen (obwohl sicher nicht wenige von Ihnen in diesem Krieg selbst nahestehende Menschen verloren hatten), als vielmehr im (Unter-)Bewusstsein derer, die unten auf der Erde um ihr Leben zitterten.

Ja, diese Bomben haben unsägliches Leid und unschuldigen Tod verursacht. Es gab niemanden, der – anders als in Sodom und Gomorra – vor dem Angriff die Unschuldigen aus der Stadt führen konnte. Und ja, diejenigen, der den Angriff befohlen, geplant, durchgeführt haben, haben Schuld auf sich geladen. Und vielleicht leiden manche bis heute darunter. Wer weiß das schon?

Nazi-Durchhalteparolen für den totalen Krieg

Aber die Darmstädter Brandnacht war ein kriegerischer Akt im völligen Einklang mit der Logik dieser Zeit. Einer Logik, die damals auch die meisten Deutschen teilten. Gewalt erzeugte Hass, der wieder zu Gewalt führt. Eine Nation gegen die andere. Schuld führt zu Vergeltung. Vergeltung führt zu neuer Schuld. Das alt-testamentarische Auge um Auge, Zahn um Zahn, auf die nationale Ebene gehoben. So war diese Welt. Damals.

Erstaunlich dagegen war, was nach dem Krieg in Darmstadt (und auch anderswo in Deutschland) passierte: Das Leid, das Grauen führte (ungewöhnlich für diese Zeit!) nicht zu neuem Hass und nicht zu neuem Drang nach Vergeltung.

Das wird viele Gründe gehabt haben. Einer war vielleicht eine unendliche Erleichterung der Überlebenden, sowohl den Nazi-Terror, als auch den Schrecken des Krieges überstanden zu haben. Aber ich bin sicher, dass auch die eigenen Schuldgefühle eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Ich behaupte:

Gerade auch für die extrem betroffenen Darmstädter, die einen furchtbaren Preis für die Welteroberungspläne der Nazis gezahlt haben, war die Brandnacht so etwas wie eine Kartharsis – ein Leid und ein Schrecken, der ihnen erlaubte, sich von der gesamten Logik der Vergangenheit (inklusiv der eigenen Schuld) emotional zu trennen.

Das mag ungerecht klingen, wie eine billige Ausflucht aus der eigenen Schuld. Aber es ist eben auch ein Bruch in der historischen Kontinuität, ein echter Fortschritt. Ein neuer Anfang.

Durmstädter Brandnamen jedoch löst die Brandnacht aus ihrem historischen Kontext und betrachtet es als singuläres Ereignis mit der Brille unserer heutigen (weit verbreitet: humanistischen) Weltsicht. Mit unvermeidlichem Ergebnis: Das war (aus heutiger Sicht) unnötig, unangemessen, überzogen… die Menschen hätten nicht sterben müssen – so viel Leid hätte erspart bleiben können.

Holocaust

Deshalb finde ich die Aktion methodisch falsch. Mehr noch: Es ist nicht auszuschließen, dass sie (auch) Schaden anrichtet. Trotz der humanistischen Absichten des Künstlers. Auch das liegt an der Methode. Klassische (politische) Kunst funktioniert nach einem Encoding-Decoding-Modell: Die KünstlerIn hat eine Botschaft, die sie in eine Methode/Darstellungsform verpackt (encoding), die Konsumenten versuchen die Botschaft zu verstehen (decoding) – oft mit Unterstützung von Titeln, Begleit-Texten oder Führungen. Damit konnte sich ein Künstler – zumindest im gewissen Rahmen – gegen Fehlinterpretationen absichern.

In vielen neueren Denk- und Kunst(theorie)richtungen (Postmoderne, Fluxus, et.al.) jedoch kommuniziert die KünstlerIn keine klare Aussage, sondern will die Konsumenten anregen und ihnen überlassen, was sie aus dem Kunstwerk machen. So auch die Durmstädter Brandnamen.

Das ist cool – solange unser Hirn keine bekannten Muster erkennt.

Denn unser Hirn ist verdammt faul. Irritation und Ungewöhnliches beunruhigen es und bringen es zum Nachdenken. Doch wann immer es bekannte Muster erkennt, lehnt es sich zurück und hangelt sich gemütlich an diesem Mustern entlang.

Genau das erlauben die Durmstädter Brandnamen: Nach erster Irritation über den Namen der Aktion und des Künstlers, wird so manches Hirn bekannte Muster erkennen. Muster, die schlimmstenfalls die Dresden-Diskussion der Nazis angelegt hat, oder solche, die aus den oben beschriebenen Auge-um-Auge Reflexen des Nationalismus entstammen.

Einfacher Beleg dafür, dass das so funktioniert, sind die persönlichen Angriffe auf Louise Bostanian. Dass das bei der – sicher intellektuell nicht überlegenen – Hauptzielgruppe der Neonazi-Propaganda genauso passiert, davon ist leider auszugehen. Solche Menschen werden durch diese Aktion sicher nicht neue Perspektiven entwickeln – sondern wahrscheinlicher in ihrem Hass bestärkt.

Natürlich ist das Spekulation. Die Wege des Herrn sind oft unergründlich. Aber so wohlwollend und humanistisch die Ziele von Louise Bostanian auch sein mögen: Ich hätte diese Methode nicht gewählt.

Doch ich bin nicht Louise Bostanian. Ich kann seine Methode nicht ändern. Soll ich ihn deswegen persönlich angreifen? Beschimpfen? Und: Was für ein charakterloses Weichei wäre er, wenn er darauf hin seine Methode ändern würde?

Nein, wir Außenstehenden können nur durch einen öffentlichen Diskurs Einfluss nehmen. Offene (und sachliche) Analyse und Kritik kann nicht nur das künstlerische Vorgehen von Louise Bostanian beeinflussen (seine Absichten seien nicht in Stein gemeisselt, versichert er mir), sondern auch eine politische Wirkung haben: Die öffentliche Diskussion  kann die Kunstaktion in einen größeren Kontext setzen, als den von Schuld und Leid. Es kann auch die Argumentation der Nazis zum Thema machen und entlarven. Zumal Louise Bostanian eben keine Nazi-Argumente anführen wird.

Ja, ich sehe sogar das Potential, den Ansatz zu erweitern und die Darmstädter Brandnacht zum Anlass zu nehmen, viele Themen rund um Kriege – wie etwa den Bundeswehreinsatz in Afghanistan, die Bombardierung von Bagdad oder serbischen Städten oder auch Waffenexporte – zu thematisieren. Denn der allgemeine Diskurs, den die Durmstädter Brandnamen eröffnen, ist tatsächlich sehr offen.

Wenn wir nicht vorgegebene Denkmuster und Feindbilder verfallen.

Ich hoffe, damit den ersten Schritt getan zu haben.

Die Antwort auf diesen Beitrag von Louise Bostanian

Zusammenfassung der bisherigen Diskussion: 11. September in Darmstadt – die Debatte tobt

Siehe auch: Bembel with Nazis

Update 10.9.2020: Kommentarfunktion wieder offen.

Update 29.9.2019: Kommentarfunktion wg. Kommentar-Spam temporär geschlossen.

 Weitere Diskussionsbeiträge verlinke ich hier gern.

Beschriebung des Projektes „Durmstädter Brandnamen“

Webseite Durmstädter Brandnamen

Visualisierung der historischen Totenliste der ›Brandnacht‹

 Bildnachweis: Das Bildmaterial stammt aus den Büchern:

  •  Faschismus – Renzo Vespignani, Elefanten Press bei Zweitausendeins
  • Konzentrationslager Dokument F 321, Zweitausendeins

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Durmstädter Brandnamen

Vor einiger Zeit bin ich auf ein seltsames und irritierendes Projekt gestoßen: Titel „Durmstädter Brandnamen“. Brandnacht sagte mir ja etwas. Aber: Durmstädter? Meinen die Darmstadt damit?  Und der Name des Veranstalters: Louise Bostanian – das klingt so gar nicht, als wären die von hier. Klingt nach USA (Boston). Fremd.

Bomben auf DarmstadtAlso so ganz nach meinem Geschmack. Und nachdem ich mich durch die künstliche Umständlichkeit der Projekt-Beschreibung und ihre akademischen Wortgebilde gearbeitet und sie gedanklich entwirrt hatte, hatte ich folgendes Verstanden:

Es handelt sich um eine Kunstprojekt auf historischer Grundlage und mit politischen Implikationen. Der Künstler Louise Bostanian – gleichzeitig geborener Darmstädter und doch kein typischer Hesse – will die Namen der Menschen zu Papier bringen, die die Darmstädter Brandnacht erlebten oder nicht überlebten. Zu Papier bringen heißt: Eine kaligraphische Niederschrift aller Namen die er in Erfahrung bringen kann – auf einer riesigen Rolle Papier oder Pergament.

„Darmstädter Brandnacht“ ist der Name für das Flächenbombardement der Darmstädter Innenstadt am Ende des 2. Weltkrieges, bei dem am 11. September 1944 ungefähr 11.500 DarmstädterInnen starben und große Teile der Innenstadt zerstört wurden. Die beiden oberirdischen Luftschutzbunker auf der Knell sind stumme Zeugen und Mahnmale an den Schrecken der Bombardements des zweiten Weltkrieges.

Brennendes DArmstadtSo klar mir nun auch das „Was“ war, dem „Warum“ – warum dieses eine historische Ereignis, warum das Aufschreiben der Namen, warum jetzt- war ich nicht nähergekommen. Insbesondere vor dem Hintergrund von aktuellen Bemühungen rechter Kreise, durch Betonung der Opfer des zweiten Weltkrieges in Deutschland die Verbrechen der Nazis zu relativieren und neue nationale Feindbilder aufzubauen, schien mir das Projekt und insbesondere die Verwendung des Begriffes „Mord“ zumindest unangemessen, wenn nicht sogar falsch. Und kritisierte das in deutlichen Worten.

Das war damals als abschießendes Statement gemeint. Doch zum einen erhielt ich aus dem eigenen Freundeskreis Kritik (Tenor: Das Töten in jedem Krieg ist Mord), zum anderen gelang es Louise Bostanian mich davon zu überzeugen, das seine Absichten keineswegs in die Richtung gingen, aus der meine Bedenken kamen. Und dass er ein nachdenklicher und reflektierender Gesprächspartner ist. Was zwar meine Kritik am Projekt nicht beseitigte, aber eine Grundlage für den sich daraus entwickelnden Dialog war. Und bevor ich hier meine Kritik erneuere und – auf Basis des Erfahrenen – schärfe, möchte ich zunächst die Absichten und Ziele, die es Louise Bostanian mit dem Projekt verfolgt, möglichst verständlich darstellen.

Der Glaskubus am Güterbahnhof erinnert an die Deportation von Juden, Sinti und Roma in das Todeslager Auschwitz-Birkenau.

Der Glaskubus am Güterbahnhof erinnert an die Deportation von Juden, Sinti und Roma in das Todeslager Auschwitz-Birkenau.

Das ist auch notwendig, weil Louise Bostanian für dieses Kunstprojekt erhebliche persönliche Anfeindungen und falsche Unterstellungen von poltischen Zielen erfahren musste. Beides hilft in keiner Weise und steht einer inhaltlichen Kritik unnötig im Weg.

Geboren wurde das Projekt aus Louise Bostanians Erfahrung, das viele Deutsche Probleme damit haben, über die eigenen jüngere Geschichte im Allgemeinen und im besonderen auch das Leid der eigenen Bevölkerung im 2. Weltkrieg überhaupt zu sprechen.

Louise Bostanian fand das erstaunlich. Und problematisch. Psychologisch sei die andauernde Leugnung von Leid problematisch und verhindere, dass Trauerprozess abgeschlossen werde. Darmstadt in dieser Sichtweise in der Leugnungsphase des Trauerprozesses steckengeblieben. Und er beschloss sich diesem Phänomen mit der oben geschilderten Methode zu nähern. Er schreibt selbst dazu:

«Durmstädter Brandnamen» ist ein ent-abstrahierendes Mahnmal [….]

Nur offene, gegenseitige Aussprache des Leids, gegenseitiges Verstehen des Leids, gegenseitige Schuldbekenntnisse, gegenseitige Reuebezeugungen und gegenseitiges Vertrauen vermögen echte Aussöhnung und Vergebung zu erwirken.

«Durmstädter Brandnamen» verweist auf die Faktizität von Leid infolge der Brandnacht, bemüht sich um Geltung und möchte echte Aussöhnung und Vergebung erwirken.

Darmstädter BrandnachtLouise Bostanian ist sich dabei von Anfang an bewusst gewesen, dass an vielen Orten (insbesondere Dresden) neue und alte Nazis versuchen den Terror und die Kriegstreiberei der Nazis mit dem Verweis auf den Schrecken der Bombenangriffe der Alliierten zu verteidigen oder zumindest zu relativieren. Eine perfide Strategie, auf die dümmere Menschen jedoch scheinbar schnell hereinfallen.

Macht das Louise Bostanian zu einem Helfeshelfer der Nazis?  Macht er ihr Geschäft? Hilft er ihnen?

Louise Bostanian ist in Darmstadt geboren und aufgewachsen. Doch seine Eltern sind ägyptisch-armenischer Herkunft und nach langem Aufenthalt in Frankreich nach Darmstadt gekommen. Sein etwas „anderes“ Aussehen hat auch rassistische Reaktionen hervorgerufen.

Trotzdem hat er solche Vorwürfe, den Nazis in die Hände zu spielen – mal mehr, mal weniger aggressiv formuliert – vielfach in privaten Nachrichten erhalten. Zu seinem Bedauern haben nur wenige Kritiker die öffentliche Diskussion über diese Vorwürfe gesucht. Aus einer solchen Diskussion könnte ein öffentlicher Lern- und Denkprozess entstehen, der über einfache Kategorien hinausgeht.

Warum aber bewegt sich einer wie Louise Bostanian dann überhaupt so gefährlich nahe am rechten Rand? Er schreibt:

Jedwedes Leid ist gravierend. Es ist weder messbar noch abwägbar. Die Faktizität von Leid ist nicht an Buße, Reue, Schuld, Sühne, Vergebung etc. gebunden, paradoxerweise allerdings die Geltung von Leid.

Er will ausdrücklich nicht die NS-Greultaten leugnen, will auch auf keinen „Opferstilisierung“ betreiben, will das Leid der Vielen nicht relativieren , in dem er „deutsches“ Leid in den Vordergrund setzt. Sondern er will Leid multiperspektivisch betrachten und die semantische Koppelung von Leid mit Opfer und Nicht-Leid mit Täter sprengen.

Seiner Meinung nach ist es schädlich – für die Betroffenen wie auch das kollektive Bewusstsein – wenn Leid aufgerechnet wird. Das Leid, das die Deutschen im 2. Weltkrieg über die Welt gebracht haben, kann – seiner Meinung nach – nicht verrechnet werden, mit dem Leid das die Menschen in der Darmstädter Brandnacht erlebten.

Und seiner Meinung nach lässt erst die Anerkennung des erlittenen Leides ein Lernen zu, während das zur Zeit überwiegend praktizierte „wegsehen“ ein Lernen verhindert. Jedoch will er – die Ergebnisse, zu der seine Methode führen kann, nicht vorgeben – was mich an meine Besprechung der Yoko Ono Ausstellung in der Schirn erinnerte, die als Vertreterin der Fluxus-Bewegung ebenfalls anregen wollte, ohne konkrete Handlungen vorzugeben

Erst auf meine konkrete Nachfrage, ob diese Beschäftigung mit dem Thema Leid zum Beispiel auch zu einer kritischen Sicht auf den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan führen könnte, wo ja auch der Einsatz von Militär mit humanitären Zielen gerechtfertigt wird, bestätigt Louise Bostanian, dass das ein Ergebnis sein könne – betont aber auch, dass er hier keine Deutung vorgeben wolle.

Das Projekt „Durmstädter Brandnamen“ ist also zunächst ein Kunstprojekt, das ein historisches Thema hat und aus dem sich politische Folgerungen ableiten lassen – aber dieses keineswegs automatisch tun. Eine öffentliche Diskussion über die möglichen Implikationen wünscht sich Louise Bostanian ausdrücklich. Die Verfremdung des Städtenamens und historischer Zitate sollen das deutlich machen.

Für Louise Bostanian selbst ist die eigentliche  Arbeit am Projekt eher meditativ, er nennnt es „obsessiv-kompulsives Abschreiben“. Das präzise Abschreiben der Namen erfordere große Ruhe und volle Konzentration.

Sed lib♎ra from Louise Bostanian on Vimeo.

Dass er dabei möglicherweise auch Namen von Tätern und Täterinnen des Dritten Reiches – von Nazis oder Profiteuren der Judenverfolgung – schreibt, bringt ihn nicht aus der Fassung. Ihre Verbrechen könne man seiner Meinung nach nicht abwägen gegen ihren Tod. Und er betont, es sich um „kein gedenkendes Mal, sondern um ein Mahnmal handelt.“

„obsessiv-kompulsives Abschreiben“

Ein semi-autobiographischer «NS-Aufarbeitungsroman» von Uwe Timm: «Am Beispiel meines Bruders» • Größe: 50 × 70 cm • Material: Fineliner auf Papier • Methode: obsessiv-kompulsives Abschreiben • von Louise Bostanian

Das fertige Transparent will  Louise Bostanian nach Abschluss der Arbeit den DarmstädterInnen zur Ausstellung überlassen. Doch noch ist es längst nicht soweit: Von den ungefähr 11.500 Menschen die beim Bombardement starben sind lediglich rund 4.000 auf der offiziellen Totenliste verzeichnet. verletzt, traumatisiert und rund 66.000 wurden obdachlos. 110.000 Einwohner zählte die Stadt damals – für sie alle hätte Louise Bostanian einen Platz auf seinem Transparent. Doch hat er über die offiziellen Listen hinaus wenig Feedback erhalten. Darmstadt hat sein Kunstprojekt – bisher – weitgehend ignoriert.

Soweit zu den Hintergründen des Projektes. Bisher so wenig kommentiert, wie es mir möglich war. Hier geht es weiter mit meinem persönlichen Kommentar dazu: Wurden doitsche Täter zu deutschen Opfern? – Warum ich das Projekt Durmstädter Brandnamen falsch finde, und dennoch will – jetzt, wo es da ist – das darüber diskutiert wird.

Zusammenfassung der bisherigen Diskussion: 11. September in Darmstadt – die Debatte tobt

 

 

Mehr Infos zum Projekt:

Webseite Durmstädter Brandnamen

 

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Jan Stradtmann „Bright Before Me the Signs Implore Me”

Fotoserie „Bright Before Me the Signs Implore MeEigentlich wollte ich über diese Ausstellung nichts schreiben. Denn zum einen ist sie nur noch wenige Tage zu sehen (bis 21. Januar 2014), zum anderen hat mir auch nach Tagen immer noch niemand von den Darmstädter Tagen der Fotografie geantwortet, obwohl die E-Mail Adresse ausdrücklich angegeben wurde, um Öffnungszeiten zu erfragen. In Darmstadt sind scheinbar nur „Tage der Fotografie“, wenn im Literaturhaus Veranstaltungen stattfinden.

Nun hatte ich heute überraschend doch die Gelegenheit, vor der Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Arno Schmidt ins Literaturhaus zu stürmen und mir die Bildserie „Bright Before Me the Signs Implore Me” von Jan Stradtmann anzusehen, zu der sowohl der Titel als auch das Pressebild mein Interesse geweckt hatten. Und damit hatte es sich mit dem „eigentlich“. Nicht wegen der Ausstellung, nicht wegen den Darmstädter Tagen der Fotografie – sondern nur und ausschließlich wegen dieser Bilder von Jan Stradtmann.

Fotoserie „Bright Before Me the Signs Implore Me„Bright Before Me the Signs Implore Me” ist eine Serie von Ganzkörper-Portraits. Die Personen wurden von Stradtmann in einer (potentiell) alltäglichen Umgebung positioniert. Fast alle Personen schauen auf eine Art unbeteiligt, sehr neutral. Und in jedem Bild ist etwas off: Eine Fußstellung, ein Kleidungsstück, eine Tätigkeit, ein fehlendes Gewehr.

Diese leichten, fast zu übersehenden Verschiebungen der Realität erzeugen eine unwirkliche, kaum zu fassende Stimmung. Dazu kommt, dass es zwar zwischen einzelnen Bilder stilistische, inhaltliche, methodische und thematische Verbindungen gibt, aber eigentlich keine (offensichtliche) Verbindung, die sich über alle Bilder der Ausstellung zieht.

Und trotzdem konnte ich den verbindenden Faden fühlen – ohne ihn jedoch benennen zu können. Ganz stark! Großes Kunst!

Ich jedenfalls habe Feuer gefangen und lechze nach mehr von Stradtmann. Er hat heute einen neuen Fan gewonnen.

Einiges von ihm ist hier zu sehen: www.janstradtmann.de darunter auch die im LIteraturhaus teilweise (aber natürlich viel größer und eindrucksvoller) ausgestellte Serie„Bright Before Me the Signs Implore Me” .

Fotoserie „Bright Before Me the Signs Implore Me

Siehe auch:

Aktuelle Ausstellungen in / um Darmstadt

bis  26. Januar  2014 Géricault – Bilder auf Leben und Tod, Schirn, Frankfurt

bis 16. Februar 2014: haltlose gründe (Review) – Emmanuel Bornstein | Sven Kroner | Miriam Vlaming, Kunsthalle Darmstadt

 

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Aus Gründen: haltlose gründe – Kunsthalle Darmstadt

Miriam Vlaming - Bildausschnitt

Miriam Vlaming – Bildausschnitt

Es ist sozusagen seine Abschiedsvorstellung. Sie ist grandios geworden. Peter Joch, der Direktor der Kunsthalle wechselte zum 1. Januar  an ein neues Potsdamer Museum. Die letzte von ihm konzipierte Ausstellung ist noch bis zum 16. Februar in der Kunsthalle zu sehen. Gewissheiten lässt uns Joch nicht zurück, sondern vor allem Verunsicherung:

Die Künstler der Schau lassen durch die Verschleifung von Bildebenen, durch Schwebezustände, Brüche in der Perspektive und ungewöhnliche Blickwinkel einen verwirrenden, haltlosen Raum entstehen. Diesen Nicht-Raum nutzen sie, um Grenzen des Erzählens zu überwinden. Sie thematisieren psychische Desorientierung, die bildnerische Darstellung historischer Katastrophen – und künstlerische Inspiration.

So der Anspruch. Und die auf der Web-Seite der Kunsthalle gezeigten Bilder hatten mich neugierig gemacht.

Malerei und, das vorweg: Keine schöne Kunst. Sondern eine, die mehr Abgründe auftut, als Gründe liefert. Und es sind gar nicht so sehr die oben genannten methodisch-technischen Winkelzüge, die irritieren, sondern tatsächlich die gezeigten Motive und die distanzierte, ja kalte, Haltung der Künstler zu den gezeigten Szenen, die mir die mehrfach einen Schauer den Rücken hinunter jagte. Die Art von Schauer, die Dinge erzeugen, die man schon einmal unangenehm gespürt, gefühlt, erlebt hat.

Nicht, das die Maler und die Malerin auf handelsüblichen Horror setzen würden. Ganz und gar nicht. Es sind vielmehr die Gefühle, die ein schräger, düster-unwirklicher Traum zurück lässt. Oder einer dieser Filme von David Lynch. Twin Peaks. Ja, die Bilder von Emmanuel Bornstein, Sven Kroner und Miriam Vlaming enthalten eine ordentliche Portion Twin Peaks. Jenes absurden, unfassbaren Grauens, das hinter ganz normalem Alltag lauert. Jene Abgründe, die sich auftun, wenn man die gesunde Oberflächlichkeit verlässt und etwas zu genau hinsieht.

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