Ein paar Überlegung zur zukünftigen Kursentwicklung von Bitcoins. Denn wie jede Währung hat auch Bitcoin ja nicht nur seine Zahlungsfunktion, sondern auch eine Wertaufbewahrungsfunktion.
Basis
Das Bitcoin-Netzwerk entstand am 3. Januar 2009 mit der Schöpfung der ersten 50 Bitcoins. Die derzeitige Anzahl der im Umlauf befindlichen Bitcoins beträgt rund 15,6 Millionen (Wert dieser Bitcoins: Die Marktkapitalisierung beträgt heute ca. 8.407.530.556 US-$) [Stand: 3.6.2016].
Bisherigen Kursentwicklung:
Zuerst einmal muss betont werden, dass es anders als bei staatlichen Währungen keine regulierende Instanz gibt. Der Kurs von Bitcoin kann jederzeit gegen Null gehen. Aber auch gegen unendlich. Es gibt keine zentrale Institution, die über Mittel wie Geldmengensteuerung, Auf- und Abwertungen, Zinssätze oder gar Rettungspakete zur Stabilisierung der Währung verfügt. Es gibt aber auch keine Instanz, die die Nutzer mit solchen Maßnahmen überraschen könnte oder (wie bei der D-Mark) eine Währungsreform verordnen könnte. Die Bitcoin-Regeln sind 100% transparent – es ist eine reine Markt-Währung (was auch ökonomisch ein interessantes Experiment ist).
Einflüsse, die zu steigenden Bitcoin-Kursen führen (können):
- Die Menge an Bitcoins ist begrenzt (auf 21 Mio Einheiten) – was Inflation langfristig ausschließt und starke deflationäre Tendenzen begünstigt
- Der Bitcoin Markt ist ein Marketing-Markt – noch kennen die Währung nur ein kleiner %-Satz der Bevölkerung der entwickelten Länder. Aber immer mehr (wie ich) werden die Währung ausprobieren wollen. Das Marketing wird gemacht von
- Nutzern mit Bitcoin-Ersparnissen
- Presse (neues, frisches Thema)
- Technik-Freaks, die sich für die Technologie begeistern
- Der Bitcoin-Industrie (s.u.)
- Shops (on- und offline), die Bitcoin als Zahlungsmittel verwenden (solange das für sie noch ein Alleinstellungsmerkmal ist)
- Bitcoin ist die Referenzanwendung für die (viel mächtigere) Blockchain-Technologie und wird in diesem Zusammenhang unweigerlich immer genannt
- Jeder Finanzmarkt-Innovation der nächsten Jahre wird mit Bitcoin verglichen werden
- Bitcoin wird zur Währung des Online-Handels werden, da sie
- Bank-, Kreditkarten- und andere Zahlungsmittel-Gebühren vermeiden
- Wechselkurs-Risiken minimieren (insbesondere bei internationalem Ver- und Einkauf)
- Eine weltweit verfügbare Währung sind und das Auszeichnen von Waren in verschiedenen Währungen überflüssig machen
- Sie sich durch extreme Teilbarkeit und die geringe Transaktionsgebühr hervorragend für Micropayments eignen
- Bitcoins werden zur Währung der Bevölkerung der unterentwickelten Länder werden, da dort
- Teile der Bevölkerung keinen Zugang zu Banken haben
- sie sich die normalen Bankgebühren nur selten leisten können
- Geldtransfers von im Ausland arbeitenden Verwandten werden einfach (und günstig) möglich
- Bitcoin (trotz seiner Volatilität) in vielen Fällen stabiler ist als die Landeswährung (Schutz gegen Inflation)
- in einigen Ländern höhere Sicherheit bietet, als das Bankensystem und Bargeld
- unbürokratisch ist (in einigen Ländern muss man in Banken stundenlang Schlage stehen)
- Der Wettbewerb im Finanz- und Bankensektor wird eine steigende Verwendung von Bitcoins fördern – und damit früher oder später eine große Nachfragewelle auslösen. Der echte Bitcoin-Hype steht uns noch bevor.
- Geheimdienste werden ebenso wie Kriminelle die Eigenschaft von Bitcoins zu schätzen lernen, den Besitzer von Vermögen zu verschleiern.
- Wirtschafts- und Finanzkrisen, die das Vertrauen in staatliche Währungen beeinträchtigen (Bitcoins sind attraktiver als Wertanlagen wie z.B. Gold, da keine Depotgebühren anfallen und auch in kleinen Beträgen und Stückelungen manövriert werden kann)
- Update 11.1.2017: Staatl. Bemühungen Bargeld stark einzuschränken / abzuschaffen (derzeit: Indien, Südkorea)
Einflüsse, die zu sinkenden Bitcoin-Kursen führen (können):
- Update 11.1.2017: Staatliche Verbote / strikte Regulierung von Bitcoin in Ländern, in den Bitcoin bereits in erheblichem Maße genutzt wird (Primär derzeit: China, und Russland)
- Liquiditätsprobleme bei Bitcoin Großanlegern
- Sicherheitslücken und Bugs in Systemen von Bitcoin-Anwendern und der Bitcoin-Industrie, die zu Verlusten von (anvertrauten) Bitcoin-Vermögen führen (wird es unvermeidlich immer wieder geben)
- Prominente Bitcoin Diebstähle (wie z.B. bei MT Gox) und Schlüssel-Verluste (wird es unvermeidlich immer wieder geben) [Siehe: Bitfinex Hack am 2.8.2016 -> Bitcoin Kurs rund minus 100 Euro/Bitcoin]
- Nachdem der oben genannten Bitcoin-Hype eintritt, wird es natürlich unvermeidlich auch die Bitcoin-Krise geben, die die Übertreibungen des Hypes zurück nimmt und zu dramatischen Verlusten von zyklischen Bitcoin-Anlegern (die erst im Hype Bitcoin gekauft haben) führen wird.
- Die Bitcoin Blockchain bekommt – basierend auf der heute verwendeten Technologie und Protokolle – Performance Probleme (Dauer der Verifikation einer Transaktion), wenn die Zahl der Bitcoin Transaktionen relativ plötzlich ansteigt (s. Bitcoin Hype). Die Bitcoin Core Community arbeitet zwar ständig an einer Verbesserung der Technologie, doch gerade eine Exposion der Transaktionen kann die Währung (vorübergehend) für viele Anwendungen unattraktiv machen – war zu einem Kursverfall / einer Krise führen kann.
- Eine massive (bisher unbekannte) Sicherheitslücke im Blockchain-Protokoll wird entdeckt (nicht wahrscheinlich, aber nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen)
- Die Computerleistungsfähigkeit steigt explosionsartig (jenseits des bisher Erlebten und Vorstellbarem), sodass die in der Blockchain verwendeten kryptografischen Methoden nicht mehr sicher sind, bevor diese angepasst werden können (falls das möglich ist, da muss ich noch mehr von der Blockchain-Technologie verstehen). Update 11.1.2017: Siehe insbesondere meine Fragen / meinen Exkurs zu Quanten-Computern.
- Eine attraktivere Nachfolgewährung etabliert sich. So perfekt Bitcoin heute auch scheint: Ich halte Bitcoin für ein spannendes, doch zeitlich begrenztes Experiment. Irgendwann werden junge Enthusiasten kommen und eine (oder mehrere) neue Digi-Währung entwerfen, die aus den Schwächen von Bitcoin gelernt hat und vielleicht sogar neue, innovative Möglichkeiten bringen. Und dann werden die Menschen nach und nach von Bitcoin auf die neue(n) Währung(en) wechseln. Und Bitcoin wird langsam aussterben.
Natürlich werden immer wieder einzelne Regierungen / Länder versuchen, die Nutzung von Bitcoins durch ihre BürgerInnen zu unterbinden (verbieten) und dazu auch den Internet-Verkehr für Blockchain-Kommunikation sperren. Da die Blockchain Technologie es jedoch ermöglicht, Bitcoin Guthaben auch via Handy, USB-Stick, Fax und sogar auf Papier zu transferieren, wird das den Erfolg (und damit den Kurs) von Bitcoin nur verzögern, aber nicht verhindern. Sogar in Nordkorea wird Bitcoin Einzug halten, so subversiv ist die Technologie.
Fazit:
Bitcoin sind ein Risiko-Investment, dass einen vollständigen Verlust des angelegten Kapitals, aber auch extreme Kursgewinne ermöglichen kann. Anlegen sollte man nur Kapital, dessen vollständigen Verlust man im Extremfall verschmerzen könnte und auf das man auch mal für eine längere Durststrecke verzichten kann. Der Wechselkurs wird sicher für die nächsten Jahre (wenn nicht für immer) sehr stark schwankend bleiben, da der Währung ja keine realen Werte zugrunde liegen.
Vor allem aber sollte man nicht zyklisch investieren (kaufen, wenn die Kurse klettern) (es könnte nur ein Hype sein, auf den der Absturz folgt) sondern anti-zyklisch, um von den (o.g. unvermeidlichen) Krisen des Bitcoin zu profitieren. Jedenfalls, wenn es um größere Beträge geht. Kleinere Beträge (um es mal auszuprobieren) kann man natürlich jederzeit kaufen. Gern gebe ich auch von meinen (kleinen) Vorräten privat was ab, wenn jemand nicht den Registrierungsprozess der Händler durchlaufen möchte.
Mittelfristig sehe ich aber ein (vorsichtig kalkuliertes) Kurs-Potential von 1.000- 2.000 €/Bitcoin (derzeit: ca. 600 €/Bitcoin). Um sich die Größenordnung klar zu machen: Es gibt derzeit rund 16 Mio Bitcoins. Allein Deutschland hat 80 Mio Einwohner – selbst wenn nur 1/4 davon je einen Bitcoin erwerben wollte, kämen nicht alle zum Zuge. Und Deutschland ist nur ein kleines (wenn auch reiches) Land. Hinzu kommen Investement-Fonds, Banken und Großanleger, die enorme Beträge anlegen können und sich mit andauerndem Bitcoin Erfolg (seit 2009 als Zahlungsmittel funktionierend) ein Stück vom Kuchen werden sichern wollen. Und das Wachstum der Bitcoin Geldmenge endet bei 21 Mio Coins.
Dennoch ist das kein Geld, das man investieren kann und dann einfach liegen lässt (wie eine Immobilie oder Gold). Mit dem Thema Bitcoin sollte man sich (wenn man darin anlegt) kontinuierlich beschäftigen – nicht täglich, nicht wöchentlich, aber mindestens 1x im Monat sollte man sich schon über die neusten Entwicklungen informieren. Web-Seiten dafür gibt es genug.
Aber einmal ganz abgesehen von den rein finanziellen Aspekten: Für mich fühlt sich diese Blockchain Technologie so neu und revolutionär an, wie sich für mich 1994 TCP/IP (aka „das Internet“) anfühlte und ich deshalb (zum Glück!) alle (journalistischen) Berufspläne über den Haufen warf und mich in dieses neue Gebiet einarbeitete. Und auch heute bin ich – wie damals – elektrisiert von den Chancen UND Risiken.
Update 31.10.2016: Ein Artikel im BTC Echo sieht ähnliche Gründe für einen Bitcoin Kursanstieg wie ich – allerdings kommen die Risiken dort für meinen Geschmack zu kurz.
Disclaimer: Was ich hier über Bitcoin & Blockchain schreibe, bedeutet weder Zustimmung oder Ablehnung zu diesen Technologien. Ich betrachte sie wie das Rad, den Buchdruck, die Elektrizität und das Internet: Innovationen, mit denen wir umgehen müssen – persönlich, politisch und gesellschaftlich. Und dazu müssen wir sie verstehen.
Disclaimer 2: Ich habe in die in diesem Artikeln genannten Digiwährungen investiert und profitiere daher von einem Kursanstieg.
Bitcoin Industrie
- Digi-Coin Miner
- Hersteller von Mining Rechnern
- Bitcoin-Handelsbörsen
- Bitcoin Verkäufer
- Wallet-Hersteller
- Bitcoin News Seiten
- Bitcoin Berater und Autoren
- Blockchain-Startups
Siehe auch:
Cloud ist… wenn Kaufen nicht mehr Kaufen ist
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