Kameramann und RedakteurWas würden Menschen für die berühmten “15 Minuten Ruhm” tun? Wie weit würden sie gehen?

Was mich betrifft, steht zumindest fest, wozu ich bereit bin für einen Auftritt im Zweiten Deutschen Fernsehen zur besten Sendezeit:

Ich stehe an einem Sonntagmorgen um 8 Uhr auf.

Zugegeben, es wäre für einen “guten Zweck” gewesen, es wären wohl keine 15 Minuten gewesen, der Abend vorher in der Linie Neun war zwar lang, aber keineswegs zehrend und ich bin auch schon für weniger spektakuläre Dinge sonntags um 8 Uhr (oder früher) aufgestanden.

“Wäre… gewesen.” Denn der Beitrag wurde zwar gedreht, aber er wird wohl nicht gesendet werden, da die Redaktion das Thema kürzen musste und der Teil mit mir dadurch rausgefallen ist. Bin wohl nicht spannend genug (bzw. mein Fall). Trotzdem hier meine Schilderung des Drehs:

Am Sonntagmorgen stand jedenfalls um kurz nach 9 Uhr das Kamerateam vor der Tür. Ein Schmink-Team hatten sie übrigens nicht mitgebracht – falls man mir das Morgengrauen also trotz sorgfältiger Vorbereitung ansieht, liegt es definitiv daran.

Es ging um das Thema “Geschäftsmodell Mahngebühren” (reißerische Bezeichnung meinerseits) und mein Betrag resultierte aus meinen persönlichen Erfahrungen mit den Praktiken der Firma Unitymedia.  Das Thema soll (so der Plan) in der ZDF WiSo Sendung am Montag, 15.12.2014, mit mehreren Beiträgen illustriert werden. Die Unitymedia liegt mit 15 Euro Mahngebühren wohl schon ziemlich weit oben in der Rangliste der Mahngebührenabzocker (für weitere Unternehmen, siehe die Sendung), habe ich heute erfahren. Rechtlich zulässig ist jedoch nur, tatsächlich entstandene Kosten (Papier, Porto, Eintüten, Spucke …) zu berechnen – deutsche Gerichte setzen den zulässigen Betrag wohl in der Regel mit € 2,50 fest – wenn sie denn konsultiert werden.

Das Problem – und das daraus resultierende Geschäftsmodell – entsteht jedoch, weil die meisten Verbraucher – oft aus Unwissenheit oder weil sie den Aufwand scheuen – lieber zahlen, als den Gang zum Gericht zu wagen. So können gewissenlose Unternehmen zu Unrecht abkassieren. In meinem Fall besonders dreist, da ich ja gar nicht mal für die Verzögerung verantwortlich bin, sondern die Unitymedia selbst. Wer selbst 10 Monate schläft, kann doch hinterher nicht vom Kunden dafür auch noch Mahngebühren verlangen. Trotzdem weigert sich die Unitymedia, auf die Mahngebühren zu verzichten.

Lichtverhältniss am ComputerAber zurück zum eigentlichen Thema. Zunächst hat das Kamera-Team die Drehorte festgelegt, die Lichtverhältnisse geprüft und die Ausrüstung aufgebaut. Zu meiner Überraschung verwenden sie keine klassischen Film-Kamera, sondern eine Canon EOS Spiegelreflex-Kamera zum Filmen. War dann leider zu beschäftigt, um näher nachzufragen. Die Beleuchtung war auf LED-Basis – also keine Schweißausbrüche im heißen Scheinwerferlicht. Obwohl ein bisschen Wärme bei den Außenaufnahmen später durchaus willkommen gewesen wäre.

Wir begannen mit dem Interview. Ich hatte die Fragen vorher nicht bekommen und musste spontan antworten. War nicht immer mit meinen Formulierungen zufrieden und werde mich wohl für meinen Unsinn schämen, wenn ich es im Fernsehen sehe. Aber vielleicht so authentischer als zurecht-gelegte Antworten. Eine Antwort durfte ich wiederholen, weil ich mich komplett verheddert hatte.

Danach begannen wir, meine Geschichte mit der Unitymedia vor der Kamera “nach zu erzählen” – das kam mir ein wenig künstlich und inszeniert vor. Aber es scheint ein gängiges Stilmittel zu sein, um den Fernsehzuschauern die Story zu illustrieren (man merkt, dass ich eigentlich nie Fernsehen schaue, oder?). Denn damals konnte das Kamerateam natürlich nicht dabei sein. Also war Schauspielerei gefragt:

  1. Anweisungen vom KameramannSzene: Mein Umzug – ich gehe [fröhlich] im T-Shirt [insgeheim: fröstelnd] auf meine neuen Wohnung zu. Dazu soll (aus dem Off) von meiner Kündigung des Unitymedia Vertrages erzählt werden und dass ich um die Möglichkeit bat, das Kabelmodem zurück zu senden.
  2. Szene: Ich am Computer: Ich erhalte 9 Monate später eine E-Mail, die mir mitteilt, dass im Kundencenter eine weitere Unitymedia Rechnung auf mich wartet. Vergeblicher Login-Versuch im Kundencenter (“Ihr Kundenkonto ist inaktiv”) und ich werde an die Hotline verwiesen (Kosten 20 ct./ min).
  3. Szene: Ich am Telefon: Endlich komme ich bei der Untiymedia-Hotline durch und erfahre, dass man von mir nun doch das Kabelmodem zurück haben möchte und mir (weil ich es nicht geschickt habe) dafür 40 Euro in Rechnung stelle. Zum Glück habe ich es nicht nur mit umgezogen, sondern auch 9 Monate lang aufbewahrt.
  4. Szene: Ich komme nach einem langen Arbeitstag [ernst] nach Hause, öffne den Briefkasten und finde einen Brief von der Unitymedia vor, der mir mitteilt, dass man mir zwar nun die 40 Euro für das Modem gutschreibt, aber nun 15 Euro Mahngebühren von mir haben will [Entsetzen!].

Ob es mir gelungen ist, das auch so umzusetzen, werde ich dann wohle selbst erst bei der Ausstrahlung sehen. Die Wiederholungen der Szenen hielten sich in Grenzen, das Team schien zufrieden zu sein. Größte Herausforderung war, bei den Szenen nicht in die Kamera zu blicken, obwohl die meine Aufmerksamkeit magisch auf sich zog.

Die ZDF-WiSo Sendung zum Thema Mahngebühren – aber ohne mich – soll am Montag, 15.12.2014, ab 19:25 Uhr ausgestrahlt werden, Wiederholung in der Nacht um 03:10 Uhr.

Let there be light

Insgesamt eine spannende Erfahrung – auch dank dem offenen und freundlichen Team vom autoren(werk) in Berlin, Katharina Kraft und Jan Schröder, die den Beitrag im Auftrag von ZDF-WiSo erstellen.

Sie sind danach noch nach Nürnberg weiter gefahren, um dort einen weiteren Beitrag zu drehen.

Von meinem Problem mit den Mahngebühren hatte die Redaktion übrigens durch meinen Blog-Artikel erfahren. Da soll noch einer sagen, Bloggen bringe nix. 🙂

 

Siehe auch:

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