Ich habe E-Mail:
Hallo Carsten,
ich habe vor einiger Zeit einigermaßen regelmäßig tango-gebloggt. Irgendwann wurde das langweilig, aber jetzt bekomme ich Lust, wieder damit anzufangen.
Bevor ich da Arbeit reinstecke, will ich erstmal sehen, ob sich das lohnt. Daher ganz direkt die Frage: Wärst Du bereit, den Link auf meinen letzten Post bei Dir zu veröffentlichen?
Siehe: [ https://tangoblogblog.wordpress.com/2025/01/24/a-question/ ] [….]
Dein Risiko: Wenn ich wieder schreibe, wirst Du mit einiger
Wahrscheinlichkeit auch ab und zu etwas abkriegen.
Dein Gewinn: Ich glaube, wenn das Wasser (der Blog-Aktivität) steigt,
hebt das alle Boote in Richtung Relevanz.
Um meine eigene Frage „Brauchen wir einen weiteren Tango Blog?“ zuerst zu beantworten:
Nein, brauchen wir nicht.
Was wir brauchen, sind mehr Blogs, die sich gegen Nazis einsetzen, für mehr Menschlichkeit, gegen den Klimawandel, gegen Hetze und gegen Gewalt.
Trotzdem habe ich ihm positv geantwortet. Weil ich es gut finde, wenn jemand aus der privaten Blase herauskommt und für eine Öffentlichkeit schreibt. Weil Tango tanzen
- zumindest keine Aktivität ist, die die Welt verschlimmert (angesichts der Tatsache, dass wir selbst im Winter die Heizungen ausmachen, wenn wir tanzen, tippe ich auf eine eher freundliche CO2 Bilanz),
- dazu beitragen kann, das Menschen glücklicher und freundlicher werden (ausgenommen gewisse Streihähne und -hühner) und
- zur Völkerverständigung beiträgt (ich kenne inzwischen viele Tänzer:innen zum Beispiel aus islamischen Ländern oder aus China, zu denen ich sonst kaum Kontakte hätte aufbauen können).
Also ich halte Tango tendentiell für eine gute Sache (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel).
Aber auch, weil ich selbst immer an Berichten über neuen Bands und Aufnahmen und Tandas (als DJ), an Berichten über Workshop und Lernmethoden interesiert bin und auch daran, ob Andere eine ähnliche immerwährende Tango-Reise erleben wie ich, oder ob sie ganz andere Erfahrungen machen (Neugierde).
Offen bleibt bei allerdings, wie er das meint:
Bevor ich da Arbeit reinstecke, will ich erstmal sehen, ob sich das lohnt.
– also wie er „sich lohnen“ bewertet. Will er Geld machen (Lohn = Gehalt)? Oder muss es genügend Aufmerksamkeit erzeugen (wieviel wie gemessen)? Reicht es nicht, wenn schon ein einziger Mensch positv berührt wird? Tanzt er auch nur Tango, weil sich das „lohnt“?
Natürlich streichelt es das Ego, gelesen zu werden. Auch meines. Wobei ich hier den Tango ja gar nicht zentral und auch nicht für die große Tango-Öffentlichkeit beblogge. Vor allem meine Tango Argentino Hauptseite ist mehr ein buntes Notizbuch als eine ernstzunehmende Veröffentlichung. Meine persönliche Motivation kommt ehr aus der ursprünglichen Motivation des Bloggen (Blog, kurz für web log, log = Logbuch, Tagebuch).
Was natürlich verfälscht ist, weil darin nur die Artikel, aber nicht die (zum Teil umfangreichen) Seiten verschlagwortet werden.
Auch wenn es natürlich dem Ego gut tut, gelesen (und noch mehr, vielleicht sogar kommentiert) zu werden.
Bin also gespannt, was yokoito da so verzapfen wird und wie und wann und warum ich meinen Speck dabei wegbekomme. Aber, wie ein alter Bekannter von mir immer zu sagen pflegte: „Wer austeilen will, sollte auch austeilen können“.
P.S.: Helge hat auch dazu gebloggt. Und der Gerhard Riedl.
Update 30.1.2025: yokoito hat mir geantwortet und sich als Hedonist geoutet. Überraschend (selbst-)ironisch und voller schräger Metaphern und interessanten Assoziationen. Und mit einem on-Spot Game of Thrones-Zitat (das ich bisher nicht kannte, muss das wohl irgendwann doch mal weiter schauen). Allerdings hat er einen nicht unwesentlich Teil meiner Frage „Aufmerksamkeit […] (wieviel wie gemessen)“ unbeantwortet gelassen – da protestieren sowohl der Ökonom, als auch der Projektmanager in mir. Heute hat mein Blog jedenfalls genau einen Zugriff von yokoitos Blog erhalten.
#1 by Yokito on 30. Januar 2025 - 14:56
Zitieren
Hallo Carsten, danke für den Text…habe Dir per Blogpost geantwortet.
#2 by Yokoito on 31. Januar 2025 - 17:47
Zitieren
Hallo Carsten, ich bin nicht nur Hedonist, sondern auch so etwas wie ein Spezialist für subjektive Qualitätsmetriken…insofern nehme ich deine Frage nach einer geeigneten Meßgröße sehr ernst. Ich habe ein paar Ideen, aber noch keine feste Meinung dazu. Die trivialen Indikatoren wären jedenfalls Zugriffszahlen oder Rücklauf. Bei letzterem fängt es schon an kompliziert zu werden – Zahl der Wortmeldungen, Gesamtmenge an Worten, Gehalt,…ich denke, ich sammle noch ein paar Ideen. Ich weiß nicht, ob Du Dir über so einen Indikator mal Gedanken gemacht hast…falls ja, was wäre Dein „best guess“?
#3 by neunmalsechs on 1. Februar 2025 - 0:35
Zitieren
Ich würde mich bei den trivialen Indikatoren tatsächlich ausschließlich an den Zugriffen orientieren. Aus drei Gründen:
1. Auf jeden Menschen, der den Beitrag aufruft, hatte ich eine Wirkung. Ob das eine positive (in meinem Sinne) war, oder eine negative, liegt an der Qualität meiner Arbeit. Und kann es immer noch besser machen. Und für mich würde eine Person ausreichen, die ich wirklich mit einer Botschaft erreicht / zum Nachdenken gebracht habe. Und jeder Artikel erhöht die Chance. 🙂
2. Rücklauf ist ein problematischer Infikator. Leute kommentieren aud vielen Gründen NICHT. Beim mir könnte das (u.a.) sein: „Volle Zustimmung, habe nix hinzuzuzfügen“, „Völliger Bullshit, Zeitverschwendung“, „Informativ, muss ich drüber nachdenken“, „jede angemessene Reaktion wäre eine persönlichen Beleidugung“, „meine Eerfahrung dazu zu teilen, würde/könnte wie Eigenlob klingen“, „langweilig“, „interessant, aber keine Zeit/Energie“, „ich stimme nicht zu, aber kann nicht angemessen ausdrücken / begründen, warum“, „ich muss mich erst irgendwo anmelden“, „meine Ironie würde eh nur missverstanden“, „ich kann keine Bilder posten“, „es wurde schon alles gesagt, was ich sagen würde (wenn auch nicht von mir)“, „der/die Autor:in ist so sehr von sich überzeugt, das ihn/ sie meine sicht eh nicht interessiert“, „ich will eigentlich was ganz anderes machen“ … (soweit, was mir spontan einfällt) , was – es gibt eigentlich nur zwei Gründe warum ich kommentieren: a) Ich glaube im Detail zur Diskussion beitragen zu können, oder b) ich kann meine Kritik in angemessener Kürze (für die meisten schon zu lang) rüberbringen (ohne ein Buch zum Thema zu schreiben).
3. Unser Bedürfnis nach Reaktion führt zu einer Verhärtung der Gesellschaft: Je radikaler / zugespitzer / beleidigender / persönlicher ich meine Botschaft formuliere, desto wahrscheinlicher provoziere ich eine Reaktion (welcher Art auch immer). Schläge als Liebesersatz. Differenzierung wird selten durch Reaktionen belohnt – aber wäre der besser Ansatz um reale Wirkung zu erzielen.
Verblüfft (und freudig überrascht / bestätigt) haben mich mit meinem „Ich schreibe vor allem für mich selbst“-Ansatz die positiv-kritischen Rückmeldungen, die ich gelegentlich bei persönlichen Treffen auf der Straße, auf Veranstaltungen oder manchmal per E-Mail erhalte. Und die mir deutlich mehr bedeuten, als irgendwelche Kommentare hier im Blog. Aber das ist natürlich nur möglich durch eine gewisse lokale Verbundenheit.
#4 by Yokoito on 1. Februar 2025 - 8:46
Zitieren
Hallo Carsten, danke für die ausführliche Reaktion. Darin sind einige Punkte enthalten, um die ich mich demnächst „schreiberisch“ kümmern will. Vorab schon mal, Du hast es ja auch schon angedeutet – manchmal ist ja die Rede von der Tango-„Community“ – das Wort hat nicht umsonst einige Buchstaben mit „communication“ gemeinsam.