Die Grünen regieren in Darmstadt. In zwei Kommunalwahlen hintereinander zur stärksten Fraktion gewählt , der grüne OB direkt gewählt und fünf Jahre später im Amt bestätigt. Gefällt nicht jedem, is aber so.

Und diese Partei möchte eine Verkehrswende herbeiführen. Umsetzen muss sie jedoch die Darmstädter Straßenvekehrsbehörde. Ein Amt. Seine Mitarbeiter Beamte und Angestellte, die der Stadt verpflichtet sind, von ihr angestellt und bezahlt. Keine Politiker und durch kein politisches Mandat ermächtigt.

Und der Ärger ist groß darüber, wie derzeit in Darmstadt der Straßenverkehr konkret gemanaged wird. Wohlgemerkt – nicht direkt von den Grünen (die zeichnen weder Pläne noch stellen sie Schilder auf), sondern praktisch (und unvermeidlich) von dieser Behörde.

Ich erleb(t)e deren praktisches Versagen täglich auf dem Weg zur Arbeit an der Brücken-Baustelle Hilperststraße/Haardtring. Die neue Verkehrsführung Eschollbrücker Str. – Heidelbergerstr. – Heinrichstr. geht auf das Konto dieser Behörde und dass die Situation an der Abbiegung Groß-Gerauer-Weg zum Donnersbergring noch immer so gestaltet ist, wie sie ist, liegt zunächst in der Verantwortung der Straßenverkehrsbehörde. Nur um ein paar Beispiele zu nennen.

Nun hat sich der Leiter dieser Behörde öffentlich geäußert. Der Leiter der Darmstädter Straßenvekehrsbehörde (sein Name tut hier nichts zur Sache, ich nenne ihn hier einfach Herrn A. – alle Sceenshots habe ich für die Darstellung hier annonymisiert) , hat sich zu seinem Tätigkeitsbereich via Social Media zu Wort gemeldet. Er möchte, dass „alle Grüne und deren Wähler – jetzt schon ihre Autos abgeben und nicht erst 2030!!!“ (siehe Screenshort rechts) – in falschem Deutsch, aber mit drei Ausrufezeichen. !!!Eins11!

Ein Beitrag, der öffentlich war – sichtbar für alle xxx Millionen Nutzer dieser Plattform weltweit. Wie alle anderen Beiträge von Herrn A. auch, die ich hier zitiere.

Inzwischen ist der Beitrag wieder aus seinem öffentlichen Profil verschwunden, aber er hat – wie nicht anders zu erwarten war – einiges an Aufregung und Fragen ausgelöst.

Eine davon: Darf der Leiter einer städtischen Behörde (k)eine eigene politische Meinung haben?

Meine Antwort: Ja, unbedingt, darf er, muß er. Doch wenn er sie öffentlich äußert, muss er ERSTENS auch auf Kritik gefaßt sein. Denn auch Menschen mit einer anderen Meinung haben das Recht, diese zu äußern. Und ZWEITENS muss er (in seiner Position) darauf gefaßt sein, dass diese Meinung auch in Hinblick auf die Eignung für sein Amt diskutiert wird.

Und um das vorab klar zu stellen: Ich teile seine Meinung in diesem Punkt sogar. Obwohl ich schon seit sehr vielen Jahren kein Mitglied der Grünen mehr und auch als Wähler sehr unzuverlässig bin, besitze ich schon seit einigen Jahren kein eigenes Auto mehr und habe in den 51 Jahren meines Lebens gerade mal 10 Jahre lang ein eigenes Auto besessen (und selbst das war ein geteiltes Besitzverhältnis).

Ich fürchte jedoch, Herrn A. geht es gar nicht darum, den Autoverkehr zu reduzieren. Sondern er würde gern bestrafen. Diejenigen, die er dafür verantworlich macht, dass das Auto als Verkehrsmittel in Verruf gekommen ist. Allerdings nicht etwa die deutsche Autoindustie (die die Hauptverantwortung trägt) oder gar die Bundespolitik von CDU und SPD – sondern diejenigen, die auf realen Probleme hinweisen, die der Autoverkehr erzeugt. Und die Interessen der Mehrheit der DarmstädterInnen vertreten: Die schlimmen Grünen.

Quelle des von ihm weiter verbreiteten Bildes (dort klar benannt) ist eine Social Media- Seite namens „OhneWorte2015“. Die sich ziemlich eindeutig positioniert: Gegen die Grünen, gegen Geta Tundberg (nur persönliche Angriffe – bis hin zu Mordfantasien – siehe Abb. rechts), gegen den Islam (pauschal) UND gegen Kanzlerin Angela Merkel. Bevorzugt mit unsachlicher Hetze.

Nun, so ein Posting kann einem natürlich schon mal aus Versehen durchrutschen. Wenn man auf Social Media Plattformen Nachts so aktiv ist wie Herr A., der an akuter Schlaflosigkeit zu leiden scheint. Und die überwiegende Zahl seiner öffentlichen Postings sind Dinge, denen ich inhaltlich sogar zustimme. Herr A. ist eigentlich ein Mensch mit besten Absichten, würde ich sagen.

Doch wenn man sich mal die Quellen seiner öffentlichen Postings ansieht, dann zeichnet sich hier schon ein beunruhigendes Muster ab: Seine bevorzugte Quelle ist (zumindest in den letzten Wochen und Monaten) Springers Hetzblatt „Bild“. Und einige Postings fallen dann schon auf:

Relativ harmlos noch das Posting, dass Eltern empfiehlt, wie sie mit Kinder umgehen sollen, die am „Fridays for future“ teilnehmen und voller Unterstellungen steckt, die mehr über das konservative Weltbild von Herrn A. verraten, als über die die Kids von heute (wenigsten weder über die, die demonstrieren gehen noch über meinen eigenen Nachwuchs – ob es für seine eigenen zutrifft, vermag ich nicht zu beurteilen).

Auch der geteile Beitrag von der Hetzseite „Freitags für Fahrzeuge“, der die Klimakatastrophe komplett leugnet, kann vielleicht gerade noch als „gut gemeint“ durchgehen.

Aber die Grenze zur Hetze ist spätestens da überschritten, wo Herr A. einen Beitrag teilt, der (fälschlich und hetzerisch) behauptet: „Europäischer Gerichtshof spricht Sex mit Kindern heilig“:

Den Beitrag hat Herr A. von einem „Braun Peter“ (sic!) der auf seinem Profil ganz unverblümt für die AfD hetzt:

Ich habe mir jetzt wirklich nur mal schnell die etwa letzten 4 Wochen des (für jeden öffentlichen!) Social Media Profil von Herrn A. angesehen – das ist keine tiefe Analyse. Aber ich habe den (subjektiven) Eindruck, dass er sich – obwohl kein schlechter Mensch – im Internet in einer rechten bis rechtsradikalen Filterblase bewegt, die ihn für eine Radikalisierung anfällig macht.

Und das in einer Position – in der er nicht nur als Beamter dem Staat dienen, sondern als Leiter der Straßenverkehrsbehörde auch noch eine moderne und umweltfreundliche Verkehrspolitik umsetzen soll. In seiner Position hat er nicht nur die Möglichkeit, diese durch die Umsetzung im Detail zu sabortieren (was einige aktuelle Mißstände erklären würde). Er hat in seiner Leitungsposition auch die Möglichkeit, alle Mitarbeiter der Straßenverkehrsbehörde zu beeinflussen und zu steuern.

Wenn also was schief läuft in der Straßenverkehrsgestaltung in Darmstadt, kann die Schuld bei den Grünen liegen. Oder beim Leiter der Strassenverkehrsbehörde, der sich aus suspekten Quellen informiert, die die Grünen (und den Umweltschutz) mehr hassen als jede andere Partei.