“Self-Service”-Kasse in England

Es ging vor ein paar Jahren durch die deutsche (Fach-)Presse, danach schien das Thema tot und vergessen. Umso überraschter war ich, dass es in zwischen in jedem britischen Supermarkt absoluter Standard ist: Die Selbstbedienungskasse.

Du ziehst nach dem Einkauf an einem Terminal – ähnlich wie ein Bank-o-mat – deine Einkäufe selbst über den Scanner, die Kasse zeigt den Betrag an und du bezahlst durch Einwurf des Geldes oder durchziehen der Bankkarte (plus PIN).

Noch gibt es daneben weiterhin auch normale Kassen, an denen dich ein Mensch abkassiert. Aber für die Briten scheint das schon ein akzeptiertes Vorgehen zu sein. Ungefähr ein Drittel der Kunden zahlt in den Supermärkten schon auf diese Wiese, würde ich sagen.

Diebstahl ist dabei nicht ganz so einfach, wie es der erste Anschein vermuten lässt. Der Einkaufswagen/ Korb mit allen Einkäufen steht links vom Scanner, der nicht nach oben scannt, sondern zum Kunden hin. Es werden nun alle Einkäufe am Scanner vorbei geführt– jeder Bewegung im (recht weiten) Blickfeld des Scanners von links nach rechts, die nicht erkannt wird, erzeugt einen hörbaren Biepton und muss bis zum Erfolg wiederholt werden. Durch das große Sichtfeld des Scanners ist es ziemlich auffällig, wenn versucht würde, Einkäufe außerhalb des Sichtfeldes zu bewegen – ebenso, wie es für einen aufmerksamen Beobachter auffällig ist, wenn ein Scanvorgang nach dem Biepton nicht wiederholt wird.

Trotzdem lässt sich diese maschinelle, kalkulierbar reagierende Lösung vermutlich leichter austricksen als ein (potentiell) aufmerksam beobachtender Mensch. Ob sich das trotzdem lohnt, weil die Einsparungen bei den Personalkosten die (unvermeidlichen) Diebstähle, kann ich nicht sagen. Aber es scheint sich zu lohnen.

Kunden an den Selbstbedienungs-Kassen

Nahansicht einer SelbstbedienungskasseAuch die britische Post hat sich an entsprechenden Selbstbedienungsterminals versucht, an denen man seine Post selbst wiegt, misst und frankiert. Dort habe ich aber beobachtet, dass noch ungefähr jeder zweite Kaufvorgang vom Service Personal unterstützt werden muss.

In Einzelhandelsgeschäften dagegen haben diese Kassen praktisch noch gar keine Bedeutung. Interessante Beobachtung dort:  Das “Nur eine Schlange”-Prinzip (alle Kunden bilden nur eine Schlange, der/die jeweils Erste darf an die nächste freie Kasse gehen)  ist in England flächendeckend umgesetzt.  Hier können sich deutsche Einzelhändler noch eine Scheibe Kundenfreundlichkeit abscheiden.

Offensichtlich ist der Trend: Die großen Konzerne drücken – um ihre Gewinne weiter zu erhöhen – auf die Kosten. Deshalb wird es solche Kassen auch in Deutschland wohl bald geben. Und nicht nur solche Kassen: Die Automatisierung des Arbeitslebens (insbesondere solcher Tätigkeiten, die kein oder wenig Intelligenz, Kreativität oder (nicht formalisierbare) Bildung erfordern) wird weiter voran schreiten. Die Folge: Menschen geringer Bildung oder Ausbildung werden es noch schwerer auf dem Arbeitsmarkt haben, als jetzt schon.

Ein Grund mehr, die (selektiven) Prozesse unseres Bildungssystems grundsätzlich zu überdenken.

 

Dieses ist ein Beitrag zu meinem GB-2014 Reise-Tagebuch.

 

Siehe auch:

Kategorie Fremde Länder, fremde Sitten

Nie wieder Budget (oder Avis)

G wie Deutschland

Unheimlich: Die Britts begeistern sich für “Schland”

 

 

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