Neulich waren die Eltern des Ludwig-Georgs-Gymnasiums (LGG) in Darmstadt zu einem Gesamtelternabend zum Thema G8 / G9 eingeladen. Er sollte zum einen der Information über die Lage und Rahmenbedingungen dienen, zum anderen als erster Schritt einer Entscheidungsfindung für die Schule.
Dabei war auch Frau Roth-Sonnen, die gerade erst ernannte neue Schulleiterin des LGG – es war ihr erster öffentlicher Auftritt in dieser Funktion. Sie hat ihn professionell, überzeugend und souverän gemeistert und sicher nicht nur mich für sich eingenommen. Glückwunsch!
Hier möchte ich von dieser Veranstaltung berichten, soweit mir das aus der Erinnerung möglich ist. Leider kann ich nicht garantieren, das meine Darstellung- trotz meiner Bemühung – immer objektiv, exakt und vollständig ist. Korrekturen, andere Ansichten und Ergänzungen sind daher in den Kommentaren sehr willkommen.
Zu den Rahmenbedingungen:
- Nach neusten Entscheidungen der Koalition in Wiesbaden kann auch für die derzeitigen Klassen 5,6 und 7 ein Wechsel zu G9 erreicht werden .
- Für eine Übergangszeit ist ein Mischbetrieb zwischen G8 und G9 möglich
- Für das LGG ist dauerhaft kein Angebot von G8 und G9 möglich, da das eine Vierzügigkeit (4 parallele Klassen in jeden Jahrgang) erfordert, das LGG aber nur dreizügig ist.
- Ein Wechsel zu G9 erfordert ein organisatorisches und pädagogisches Konzept , dass von mehreren Instanzen genehmigt werden muss.
- Ein Wechsel zu G9 würde den Wegfall von einigen Stundenkontingenten mit sich bringen, die speziell für G8 eingeführt worden sind.
- Sollte ein bestehender Jahrgang zu G9 wechseln, muss ein zusätzliches G8 Angebot geschaffen werden , wenn sich mindestens 16 Schüler finden, die bei G8 bleiben wollen (bzw. auf Wunsch ihrer Eltern bleiben sollen)
So will die Schulleitung und Lehrerschaft des LGG laut Frau Roth-Sonnen damit umgehen:
- Das Thema wird in der Lehrerschaft derzeit „Ergebnis-offen“ und vor allem unter pädagogischen Gesichtspunkten diskutiert.
- Schüler- und Elternvertreter sollen in dieses Diskussion einbezogen werden
- Optionen sind:
- Verbleib der Schule bei G8
- Wechsel der Schule zu G9 für zukünftige Klassen
- Wechsel der Schule zu G9 für zukünftige Klassen sowie die derzeitige Klasse 5
- Wechsel der Schule zu G9 für zukünftige Klassen sowie die derzeitigen Klassen 5 und 6
- Wechsel der Schule zu G9 für zukünftige Klassen sowie die derzeitigen Klassen 5, 6 und 7
- Es soll auf keinen Fall einen Wechsel „zurück“ zu G9 geben, da auch G9 (wie früher gelebt) nicht optimal gewesen sei
- Auch ein Verbleib bei G8 soll auf keinen Fall ohne Anpassungen erfolgen, da die derzeitige Umsetzung auf jeden Fall als pädagogisch mangelhaft angesehen wird
Nach der Darstellung der Situation sollten dann in der Elternschaft Argumente für die einzelnen Lösungen gesammelt werden. Dabei fanden sich ca. 2/3 der Eltern beim Sammeln von Argumenten für G9 ein, nur ca. 1/4 bei G8 – der Rest unterhielt sich am Rand und kann nicht zugeordnet werden. Insofern ist die Stimmung in der Elternschaft – die alle Kinder haben, die die Auswirkungen von G8 gerade am eigenen Leib verspüren – ziemlich eindeutig. Die Argumente (unten dokumentiert – Klick auf die Bilder für eine größere Ansicht) zeigen noch stärker in diese Richtung. Insofern ist der Elternwille bei dieser Veranstaltung ziemlich klar zum Ausdruck gekommen. Trotz dieser Eindeutigkeit kann nicht davon ausgegangen werden, dass G9 nun automatisch eingeführt wird. Dafür ist noch viel Engagement notwendig.
Interessant war auch, in der Diskussion zu erfahren, dass es im Landkreis Darmstadt-Dieburg, in dem viele Schulen G9 bereits umgesetzt haben – inzwischen eine Tendenz gibt, die SchülerInnen nicht mehr nach Darmstadt zur Schule zu schicken. Das könnte ein spezialisiertes Gymnasium wie das LGG zukünftig vor ernsthafte Probleme stellen, die Klassen voll zu bekommen und damit kurzfristig einen Lehrermangel einleiten, da die Lehrerstunden-Zuweisung durch das Kultusministerium von der Gesamtzahl der SchülerInnen an der Schule abhängt.
Argumente für G8
Argumente für G9 (aufgrund der vielen Eltern, die beitragen wollten, wurde eine zweite Wand gebraucht)
Vorschläge, wie G8 ggf. optimiert werden könnte
Klar ist jedoch, dass es bisher kein pädagogisches Argument gibt, die Umstellung auf G9 nicht auch schon mit existierenden Klassen durchzuführen.
Offen blieb, wie die Diskussion nun weitergeht. Und was Eltern tun können, um ihr Ziel zu erreichen. Zunächst sollten jedoch die organisatorischen Hindernisse bekannt gemacht werden, damit gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden kann.
Zuminest ein Thema aber kann man politisch angehen: Der Wegfall von Stundenkontingenten würde die SchülerInnen tatsächlich direkt treffen, zumal es Laut Frau Roth-Sonnen sofort wirksam würde. Hier ist die CDU als die Partei, die dieses unausgegorenen G8 Konzept ausgedacht und durchgesetzt hat (und es heute noch halbherzig verteidigt), der erste Ansprechpartner. Eltern könnten ihre Kontakte zu CDU Mitglieder nutzen oder einen öffentlichen Brief schreiben, der hier zumindest Übergangsfristen – wenn nicht sogar eine insgesamt bessere Unterrichsversorgung an den Schulen fordert (siehe auch: Veranstaltung: Bildungspolitische Zukunft in Hessen).
Soweit mein Bericht von der Veranstaltung. Ich werde hier weiter berichten. Wer über weitere Blog-Artikel per E-Mail (allerdings auch zu anderen Themen) benachrichtigt werden möchte, kann das E-Mail Abo nutzen.
Siehe dazu auch:
- Offener Brief: Nein zu Pisa (und die Ökonomisierung der Schule, die auch hinter dem G8 Wahnsinn steckt)
- Wieviel müssen Eltern leisten – wann versagt Schule?
- Meine bildungspolitischen Wahlprüfsteine
- Marburger Bildungsaufruf: Demokratisierung statt Ökonomisierung!
- Soziale Herkunft entscheidet über Chancen
- Sitzenbleiben
- Halten Sie eine Leistungsselektion nach der vierten Klasse für richtig?