Ja, ich gebe zu, ich bin verdammt stolz drauf:

Urkunde Bonn Marathon

Wie berichtet, habe ich mich ja seit Herbst auf meiner ersten Marathon vorbereitet. Überhaupt erst meine zweite Teilnahme an einem Wettkampf nach dem Halbmarathon 2011.

Startnummer 2247Bei der Anreise hatte ich mich etwas verplant, sodass ich erst drei Minuten vor dem Start im Startbereich ankam. Keine Zeit nervös zu werden …  Das Wetter war ideal: Bewölkt und trotzdem nicht kalt. Beim Start habe ich mich den Zugläufern für die Zielzeit 4:00h angeschlossen. Nicht, weil ich diese Zeit für mich für realistisch hielt, sondern weil deren durchschnittliches Tempo von 6 min/km  (10 km/h) ein Tempo war, dass ich im Training oft und ohne Anstrengung (auch auf langen Strecken) gelaufen war und ich hoffte, zumindest lange durchhalten zu können. Die Zugläufer haben auf jeden Fall verhindert, dass ich zu schnell startete.

Jedoch zeigte sich bereits nach etwa 12 km (Strecke, PDF), dass ich von meiner Nach-Ostern-Krankheit noch nicht vollständig erholt und zur alten Form zurückgefunden hatte. Ich musste mein Tempo verringern und so zogen ihre Luftballons langsam, aber stetig von dannen. Ich konnte sie jedoch immerhin noch bis km 21 im Blick behalten, wie sie da in der Ferne vor mir hin und her schwankten. Ab km 22 dann begann der allmähliche Niedergang – die Rheinbrücke fiel mir schon schwer, auf den Kilometern vor dem ehemaligen T-Mobile Komplex wehte ein unfreundlicher Gegenwind und ich wurde noch mal langsamer.

Läufer mit SchmerzenDer Rückweg zur Rheinbrücke dann zog sich endlos und ich versorgte mich von nun an jeden Verpflegungsstand mit gleich drei Getränken. Fast hätte ich auch noch meinen Zeit-Chip verloren, weil sich bei km 24 mein linker Schnürsenkel löste. Aber am Rheinufer dann habe ich mich sogar wieder etwas erholt. Ab km 27 bemerkte ich zusätzlich, dass mein Fuß auf eine Art im Schuh zu reiben begann, die auf Blasenbildung schließen ließ.

Freude bereiteten dagegen die aufmunternden, und oft lustigen Anfeuerungsrufe der ZuschauerInnen und die Kinder, die sich zum Abklatschen an den Straßenrand stellten – auch wenn das für mich ein paar Schritte mehr bedeutete.

Die Zielläufer für 4:30 hJetzt wurde ich auch wieder von LäuferInnen eingeholt, die ich von “früher” kannte. Sie hatten offensichtlich bessere Kondition oder eine bessere Krafteinteilung als ich. Hinter dem Post Tower haben mich dann die Zugläufer für die Zeitzeit 4:30h eingeholt.  Damit war meine heimliche Wunschzeit gefallen, ich hatte keine Reserven mehr, um noch einmal zu beschleunigen und mich ihnen anzuschließen. Andererseits waren dort auch schon 34 km geschafft und das Ende zwar nicht abzusehen, aber mit Fantasie doch zumindest vorstellbar. Jedoch merkte ich auch, dass sich meine Beine am Stoff meiner Laufhose auf eine sehr unangenehme Weise rieben, was anfing, richtig schmerzhaft zu werden. Nachdem ich den ganzen Winter mit langer Hose gelaufen war, vertrugen meine Beine den Synthetik-Soff der kurzen Hose scheinbar nicht mehr. Andererseits war ich überhaupt noch nie so lange gelaufen. Vielleicht wäre das mit jeder Hose so gekommen.

Die Anfeuerungsrufe wurde dafür jetzt immer lustiger. “Nur noch ein kurzes Stück” ist bei 6km, die noch vor einem liegen, irgendwie unangemessen – auch wenn das objektiv auf die 42 km gesehen sicher richtig ist. “Schneller, schneller!” ist nicht witzig, wenn man eigentlich nur noch zwischen der Idee Aufzugeben oder zumindest eine Pause einzulegen, schwankt und manchmal nur weiter läuft, weil man sich nicht entscheiden kann. 😉 Andererseits wurde es nun richtig sonnig und das Ziel kam immer näher. Trotz schwerer Beine verbesserte ich meine Stimmung merklich. Und manchmal hilft auch ein bisschen Selbsttäuschung: Bei km 39 redete ich mir tatsächlich ein, dass es nur noch 2 km seien. Als mir der Irrtum bei km 40 auffiel, redete ich mit ein, das Ziel sei schon fast in Reichweite.

Im Nachhinein erscheinen mir diese letzten 2km fast schnell vergangen zu sein. Es ist aber möglich, dass sich da die Erleichterung über das Ankommen mit dem tatsächlichen Erleben vermischt. Und das Glücksgefühl, es – trotz aller Strapazen  – geschafft und damit das im Herbst übermütig gesetzte Ziel erreicht zu haben, hat nach der Ankunft alles verdrängt. Auch die Zeit war nun eine Überraschung. Ich hatte fest damit gerechnet, länger als 5h unterwegs gewesen zu sein. Doch letztlich war ich nur 4:42 h unterwegs. Was angesichts meines “42-er Tagebuchs” und dem Namen dieses Blogs eine besonders schöne Pointe ist.

Sehr schön war auch die professionelle Massage, die die Veranstalter nach der Ankunft anboten. Sie hat mir gestern und heute sicher einiges an Schmerzen erspart, auch wenn ich weiterhin versuche, Treppen möglichst gleitend herunter zu gehen. Meine Mega-Blase am Fuß (zum Glück nicht aufgeplatzt) und die aufgescheuerten inneren Oberschenkel werden mich noch ein paar Tage regelmäßig an diesen Event erinnern.

Danach bleiben dann nur noch “42,195 km, die dir keiner mehr nehmen kann” , wie der Veranstalter sein Orga-Team auf T-Shirts verkünden ließ. Und das oben abgebildete Stück Papier sowie das Blech rechts.

 

Beweis-Fotos (nicht bestellen, ich verdiene da nichts dran 😉

 

42,195 km die dir keiner mehr nehmen kann

 

Nachberichte und Fotos zur Gesamt-Veranstaltung:

http://www.runnersworld.de/bonn-marathon-2013

http://www.laufreport.de

http://www.marathon4you.de/laufberichte/deutsche-post-marathon-bonn/bilder-vom-marathon-in-bonn/2019

http://www.laufen.de/articles/10534

http://www.running-magazin.de/index.php/Bildergalerien.html

 

Siehe auch: 

590 Km. Oder: Der Feind in meinem Kopf (von “vomwerdenzumsein“)

42-er Tagebuch (mein Weg zum Marathon)

Wettkampfbericht: Mein Marathon

Lauf-Lyrik von Arthuro de las Cosas:

 

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