Haushalt Darmstadt 2013Der Haushalt einer Kommune ist zum einen Kernstück jeder politischen Entscheidung. Der Gemeinderat kann beschließen was er will – wenn keine Geld da ist, um es umzusetzen, bleibt der Beschluss wirkungslos.

Der Haushalt entscheidet, wie die Einnahmen einer Kommune auf die verschiedenen Ausgabenzwecke verteilt werden. Dabei kann der Gemeinderat nicht völlig frei über die Einnahmen verfügen. Der größte Teil der Einnahmen muss dazu verwendet werden, gesetzliche oder längerfristige vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen. Das alles macht den Haushalt durchaus kompliziert und aktive Beobachter der Kommunalpolitik wissen, dass nicht alle Stadträte die damit verbundenen Themen durchschauen. Traditionell wird der Haushalt von der Verwaltung nach Vorgaben der Bürgermeisters vorbereitet und mit geringen Änderungen dann vom Stadtparlament verabschiedet.

In Darmstadt wird seit letztem Jahr ein etwas anderer Weg gegangen. Das beginnt damit, dass der Haushaltsentwurf nicht nur dem Stadtrat, sondern auch öffentlich der Bürgerschaft vorgestellt wird und das sich die Dezernenten der Diskussion stellen (dieses Jahr: am 16. Mai). Alle, die nicht daran teilnehmen konnten, informiert eine Broschüre „Haushalt kompakt“, die Ziele und Leistungen aller Produktbereiche auflistet und auch – sehr anschaulich – die Aufwendungen, Erträge und Ergebniszahlen beziffert. Die Broschüre ist im Internet abrufbar – sie liegt aber auch in der Bürgerinformation im Neuen Rathaus in Druckform aus.

Ungewöhnlich genug. Die Offenheit geht jedoch noch weiter:

Vorschläge zum Haushalt

Die Abstimmung läuft (nach bis 28.6.2013)!

In einer Vorschlagsphase (16.05.-13.06.2013) durften die DarmstädterInnen mit Internet-Anschluss eigene Ideen zum Haushalt einbringen. Dieses konnten Spar-, Ausgabe- oder Einnahmevorschläge sein.Ebenso war es möglich, die Anregungen anderer BürgerInnen zu kommentieren und diskutieren.

Seit dem 14.06. hat die Abstimmungsphase begonnen. Hier darf nun über die einzelnen Vorschläge der Vorschlagsphase abgestimmt werden. Das geschieht über die Online-Plattform da-bei.darmstadt.de. Und ist noch bis zum 28. Juni möglich. Eine E-Mail Adresse und eine einfache Registrierung reichen, um dabei mitzumachen. Die Top-3 Vorschläge in jedem Themenbereich werden von der Verwaltung geprüft und bewertet und anschließend an die entsprechenden Gremien weitergeleitet. Die Ergebnisse werden auch wieder veröffentlicht.

Von September bis Dezember beraten die Stadtverordnetenversammlung und ihre Ausschüsse über den Haushalt 2014 und entscheiden über die Umsetzung der ausgewählten Vorschläge. Beschlossen wird der Haushalt voraussichtlich am Ende des Jahres 2013 von der Stadtverordnetenversammlung.

Insgesamt wurden 2013 von den BürgerInnen 137 Vorschläge eingereicht. Die meisten davon (mehr als 1/3) betreffen den Bereich Verkehr (49). So verteilen sich die  Vorschläge:

  • Kultur und Wissenschaft: 15 Ideen
  • Soziale Leistungen: 14 Ideen
  • Kinder-, Jugend- und Familienhilfe: 12 Ideen
  • Sportförderung: 12 Ideen
  • Verkehrsflächen und -anlagen, ÖPNV: 49 Ideen
  • Natur- und Landschaftspflege: 18 Ideen
  • Wirtschaft und Tourismus: 17 Ideen

Die Vorschläge sind – soweit ich sie bisher durchgesehen habe-  von recht unterschiedlicher Qualität und Durchdachtheit. Noch bin ich dabei, mir einen Überblick zu verschaffen und zu überlegen, welche Vorschläge ich unterstützen will.

Ich kann aber jetzt schon sagen, dass ich das Vorgehen der Stadt Darmstadt für eine tolle Sache halte. Natürlich kann man an Details Kritik üben (werde ich auch noch tun), aber es ist eine Art der Bürgerbeteiligung, die in die richtige Richtung geht und auch ernsthafte, konstruktive und mittelfristige Auseinandersetzung verlangt. Die Darmstäder BürgerInnen können sich einbringen, ohne sich in den Stadtrat wählen lassen oder in eine Partei eintreten zu müssen. Eine tolle Sache.

Was mich etwas wundert, ist, dass bisher noch auf keinem der üblichen Social Media Kanälen für bestimmte Vorschlage geworben wird. Sollte das Thema Haushalt für die typischen Social Media NutzerInnen zu komplex sein?  Naja, vielleicht fange ich ja damit an.

Endgültig bewerten wird man das Verfahren allerdings erst, wenn man sieht, wie Verwaltung und Parteien mit den bestplatzierten Vorschlägen umgehen. Das wird dann eine spannende Diskussion, die ich hier bestimmt aufgreifen werde.

 

Siehe auch:

 

 

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