Buchtitel: Patrick Cave: The Saint Network
Buchtitel: Patrick Cave: The Saint Network

Dieses Buch täuscht.

Das fängt schon bei seinem Fundort an. Ich habe es eher zufällig in der Jugendbuch-Abteilung entdeckt, obwohl es von der Spannung, dem Thema und der Handlung viele Erwachsenenbücher locker überragt. Die dortige Einordnung hat es wohl nur dem Fakt zu verdanken, dass die Hauptperson 15 Jahre alt ist.  Dennoch handelt sie schon bald klüger und erwachsener, als viele Menschen, denen wir im täglichen Arbeitsleben begegnen. Es ist mehr wie bei den Filmen “The Village” und “(Wer ist) Hannah”, in denen auch Jugendliche die Hauptrolle spielen – die aber für Erwachsene gemacht sind.

Und auch wenn diese beiden Filme thematisch weder miteinander noch mit dem “Saint Netzwerk” etwas zu tun haben: Es entsteht in diesem Buch eine ähnlich dichte Atmosphäre. Auf eine Verfilmung darf man sicher gespannt sein.

Damit nicht genug der Täuschung: Wer zum Beispiel aus dem Titel ableitet, es ginge dabei um soziale Netzwerke, liegt daneben. Auch wer aus “Saint” (Heiliger) ableitet, es ginge vielleicht um religiöse Fragen oder kirchliche Themen, liegt daneben. Und während das Buch eigentlich in der Zukunft spielt, so hat man (nicht zufällig) ständig den Eindruck, von einer früh-neuzeitlichen Ständegesellschaft zu lesen. Und wer zunächst glaubt, an den drastischen Unterschieden zwischen ums reine Überleben kämpfenden Armen und elitären, verschwenderisch lebenden Reichen eine südamerikanische Großstadt der Gegenwart wieder zu erkennen, wird später feststellen, dass es sich um die englischen Hauptstadt in der nahen Zukunft handelt.

Die Verunsicherung hat dabei System. Denn es geht hier nicht um eine Utopie oder Dystopie, sondern um ganz pragmatische gesellschaftliche, technische und soziale Fragen, die hier äußerst dramatisch zugespitzt werden.

Diese Verunsicherung erfasst gleich auf Seite 2 des Buches auch die 15-jährige Mira, als sie bei einem Morgenspaziergang plötzlich den Mord an einer Frau erlebt – oder war nur der legitime polizeiliche Zugriff auf eine gefährliche flüchtige Verbrecherin, wie ihr ihr – einige Jahre älterer – bester Feund Gil versichert? Und warum trug diese Frau einen Zettel bei sich, auf dem Miras Name steht?

Verunsicherung führt zu Zweifeln, zu Misstrauen – und ohne das faktisch viel passiert, bricht Miras heile Welt in der kleinen Community im hohen Norden des Landes plötzlich zusammen. Sie fühlt sich bedroht, in Gefahr – und der Leser weiß nicht einmal, ob es Hirngespinste sind, oder eine echte Bedrohung. Aber spätestens als sie die Gemeinschaft heimlich verlässt und in die im Süden liegende Hauptstadt flieht, wird sie zur Gejagten – ohne das (ihr oder uns) klar ist, warum.

Schon die Flucht und Verfolgung sind spannend. Doch das Eintreffen des Mädchens in der (ihr und uns) fremden und seltsamen Stadt  ihr Überlebenskampf und die Suche danach, wer und was sie eigentlich ist, dass mit solch riesigem Nachdruck nach ihr gesucht wird, ist eine hochspannende Geschichte in der Geschichte, die Fantasy, SiFi und Thriller in einem Buch vereint.

Absolut lesenswert!

Autor: Patrick Cave

Titel: Das Saint Netzwerk

Source: Stadtbibliothek Darmstadt

Seiten: 507

Meine Lesezeit: 10 Tage

Bewertung: ***** ( von 5)

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