… und Hollywood es versaute.
Wenige Filme haben mich letztes Jahr für sich interessieren können. Ich war extrem wenig im Kino. Und auch im TV / Online haben mich wenig aktuelle Produktionen wirklich gereizt. Und von denen, die ich mir angesehen habe, hat mich kaum etwas wirklich überzeugen können.
In meinen Filmkurzkritiken stand ich vier Wochen vor dem Ende des Jahres mit lediglich einem einzigen Film da, dem ich die Top-Bewertung von +++++ verliehen hatte. Das war mir seit Gründung der Filmkurzkritiken noch nicht passiert! Und ich glaube nicht, das es an mir liegt.
Am Ende sind es dann (dank BBC) wenigstens noch drei Top-Bewertungen und wenigstens noch ein ++++ geworden. Natürlich kann sich das noch weiter verbessern, denn es gibt noch zwei, drei 2018er Produktionen, die ich mir noch ansehen will (bisher nicht geschafft) und üblicherweise mache ich auch später noch ein paar Entdeckungen, die sich Top-Bewertungen erarbeiten. Und wenn ihr Filme seht, die ich sträflich vernachlässigt haben sollte., dann bitte ich euch um entsprechende Kommentare.
Aber so schwach wie dieses Mal , habe ich das Filmjahr noch nie empfunden. Ein Grund, wenigstens die Filme und Serien (und deren MacherInnen) zu feiern, die gegen den Trend standen.
The Guilty
Der beste 2018er Film ist für mich eine dänische Produktion gewesen: The Guilty (Org.: Den skyldige) von Regisseur Gustav Möller, der auch – zusammen mit Emil Nygaard Albertsen – das Drehbuch schrieb. Ein Kammerspiel, in dem Jakob Cedergren intensivst einen dänischen Polizisten, spielt, der nach seiner (temporären) Strafversetzung in die Notrufzentrale, nur mit Hilfe des Telefons und und per Funk versucht, einen entführte Frau zu retten. Praktisch im Alleingang – nur mit seinem Gesicht und seiner Stimme – spielt Cedergren dem Zuschauer einen Geschichte in dem Kopf, die jede einzelne Minute lang fesselt und auch nach Ende des Films (zumindest bei mir) so bildlich präsent ist, als hätte ich die Szenen tatsächlich auf der Leinwand gesehen. Auch jetzt noch – viele Wochen nachdem ich den Film sah – muss ich mir aktiv in Erinnerung rufen, dass ich die Bilder NICHT so gesehen habe, wie sie mir mein Gedächtnis vorspielt.
Geniales Casting – ohne große Namen. Perfekte – minimalistische- Inszenierung. Ohne Special Effects. Intensiv. Eine packende Geschichte – mit einigen Überraschungen. Empfehle, keine weiteren Kritiken zu lesen, um Spoiler zu vermeiden. Einfach ansehen. Ein Film, der für mich über das Jahr hinaus Bestand hat. Großes Kino.
The ABC-Murders
Quasi in letzter Minute hat das BBC – für mich völlig überraschend – The ABC-Murders in meine Liste geschossen. Der letztes Teil der dreiteiligen Miniserie wurde erst am 29.12. ausgestrahlt und ich hätte niemals erwartet, eine Agatha Christies Verfilmung mit einer solchen Bewertung belegen zu können. Bücher meiner Krimi-Jugend-Autorin wurden ja schon sicher hundertmal sehr verschiedenst verfilmt, wobei die Resultate – trotz manchmal bemerkenswerter Einzelaspekte und -leistungen – nie wirklich über Durchschnittsqualität hinausgekommen sind.
Die diesjährige Verfilmung der ABC-Murders jedoch ist von Anfang an auf Qualität getrimmt: Große historische Authentizität (die eine aktuelle politische Relevanz herstellt – denn das Vor-Krieges England ist so verschieden nicht vom heutigen Vor-Brexit-England) und hervorragende, authentische Schauspielerei haben hier ein Meisterwekrk geschaffen. Und so genial die Besetzung des Hercule Poirot mit John Malkovich ist – seine Leistung kann im Cast nicht herausragen, weil alle wesentlichen Rollen hervorragend besetzt sind. Was seine Verdienste an diesem Film nicht schmälern soll.
Das absolute Meisterstück des Films ist jedoch, dass er trotz extrem langsamer Erzählweise mit großerem Raum für Details von der ersten Minute an eine enorme athmosphärische Dichte und Spannung erzeugt, die von Regisseur Alex Gabassi über alle Folgen hinweg durchgängig aufrecht erhalten wird und die Mini-Serie so ein einziger Cliffhänger ist.
Eine Denkmal für Agatha Christie.
Die andere Christie Verfilmung des Jahres 2018 übrigens, die x-te Version vom „Mord im Orientexpress“, die Hollywood mit großem Staraufgebot inszeniert hat, muss ich mir noch ansehen. Jedoch hat der Trailer zumindest schon mal verhindert, dass ich deswegen ins Kino gegangen bin.
Dr. Who
Dr. Who ist ein Spezialfall. Die Faszination der seit 1953 existierende BBC Serie ist nicht einfach in en paar Worten zu erklären und deshalb will ich es hier auch gar nicht probieren (dem werde ich einen eigenen Artikel widmen müssen). Wer jedoch meine im letzten Jahr entstandene Begeisterung für die Staffeln der vergangenen Jahre mitbekommen hat, dürfte kaum überracht sein, dass ich auch die diesjährige Staffel liebe. Zumal ich ja bereits eine Folge davon in einem Artikel hier verarbeitet habe.
Was ich aber hervorheben möchte, ist dass es der BBC bzw. dem Show Runner Chis Chibnall m.M. nach trotz massiven Änderungen am Konzept und (natürlich) auch an der Besetzung der Serie wieder gelungen ist, den Geist des Doctors zu erhalten und weiter zu entwickeln. Obwohl er damit einige Fans massiv verärgert hat – aber auch das hat beim Doctor ja eine mit jeder Regeneration (und jedem Companion-Wechsel) wiederkehrende Tradition.
Und so wie es die Show-Runner nicht jedem Recht machen können, so werden sich auch an der Serie die Geister meiner LeserInnen scheiden. Aber: Probiert Dr. Who mal aus. Ich mußte auch erst von meinem Sohn darauf aufmerksam gemacht werden.
Für mich ist auch die 13te Regeneration ein voller Genuss mit vielen, vielen spannenden, faszinierenden und begeisternden Aspekten. Top!
A Very English Scandal
Weil diese BBC Mini-Serie meinen Aufmerksamkeit mittendrin ein paar Mal verloren hat, habe ich ihr leider keine 5+ geben können, sondern nur 4+. Aber sie ist auch nur knapp dran vorbeigeschlittert und gehört deshalb für mich trotzdem insgesamt zu den filmischen Highlights des Jahres 2018. Gerade auch, weil es bisher das einzige 4+ Werk ist.
„A Very English Scandal“ erzählt die wahre Geschichte des Vorsiztzenden der britischen liberalen Partei, der 1979 wegen Mordes angeklagt wurde und der vorhergehenden 15 Jahre, die letztlich dazu führten.
Geschrieben von Russell T Davies (ein früherer Dr. Who Autor & Show Runner), genial inszeniert von Stephen Frears, starring Ben Whishaw und Hugh Grant. Absolut sehenswert. Derzeit noch kostenlos beim BBC (nur via VPN).
Und Hollywood?
Sechs Hollywood-Streifen habe ich mir 2018 angesehen, die es wenigstens geschafft haben, mich ins Kino zu locken. Und während keiner von ihnen ein völliger Reinfall war (3+ bis 1+) hat mich aber auch keiner völlig überzeugen können. Schon 2017 war ausgerechnet „Twin Peaks“ der einzige Hollywood Beitrag, der bei mir 5+ erreichte. Doch zumindest in der 4+ Kategorie waren einige Filme der Traumfabrik vertreten. Die sind dieses Jahr gänzlich weggebrochen.
Update 14.1.2019: Ready Player One habe ich jetzt gesehen und (für mich völlig überraschend) mit 4+ bewertet. Die Handlung klang ehr mau und ich bin auch kein besonderer Spielberg Fan (ohne ihm seine Fähigkeiten absprechen zu wollen). Aber hier ist ihm mal wieder eine sehr schöne Geschichte gelungen – gute Story, überzeugende und spannende Umsetzung, toll gespielt (mit vielen neuen Gesichtern). Auch wenn ich natürlich an Details meckern muss.
Mir scheint (ohne das ich das systematisch Belegen kann) als wenn Hollywood das kreative Potential ausgeht – von den Filmen, die ich sah, war nur „Das Flüstern des Wassers“ tatsächlich innovativ. Die anderen waren ein Aufwärmen von alten Rezepten.
Von mir aus können sie die Oscars dieses Jahr gern absagen – aber von denen halte ich ja schon lange nichts mehr.
Auch Netflix konnte es für mich nicht reißen: Dort habe ich ein paar Serien angefangen, aber keine hat mich so gefeselt, dass ich sie lang genug verfolgt habe, um mir ein Urteil erlauben zu können.
Und 2019?
Nachdem Dr. Who 2019 Pause macht, hoffe ich, dass Hollywood es schafft, das Ruder herum zu reißen. Wie es läußt, werdet ihr in den Filmkurzkritikern verfolgen kömnen.
Anderer Meinung? Hab ich einen genialen Film verpaßt? Kommentiert!
Update 13.1.2019:
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Siehe auch:
Auch Horror ist relativ relativ