Update 15.12.2016: AfD unterbindet Radio-Übertragungen aus dem Darmstädter Stadtparlament.
Update 12.7.2016: Die AfD Darmstadt zwingt jetzt den Darmstädter Blogger Jörg Hélene dazu einen Beitrag in seinem Blog zu löschen.
Hans Mohrmann, Fraktionsvorsitzender der AfD im Kreistag von Darmstadt-Dieburg, will Kritiker zum Schweigen bringen. So wie Herr Erdogan. Der Darmstädter Verein “Bunt ohne Braun” hatte über die AfD informiert und dabei unter anderem auf folgende Aspekte hingewiesen:
- „In der AfD haben viele ehemalige Mitglieder der NPD eine neue politische Heimat gefunden“
- die AfD sei „in weiten Teilen auch rechtsradikal“
- die Partei „hetze pausenlos gegen Geflüchtete“
Die Verbreitung dieser Einschätzung der AfD will Herr Mohrmann verbieten. Er hat dem Verein einen Abmahnung geschickt und verlangt dafür Gebühren. 887,03 Euro. Für die Arbeit, die der Rechtsanwalt Hans Mohrmann in die Abmahnung gesteckt hat. Sowie je 500 Euro für jede weitere Verbreitung dieser Einschätzung der AfD. (Quelle: Darmstädter Echo)
Nun habe ich auch selbst meine eigenen Erfahrungen mit der AfD gemacht. Ich schließe mich dieser Einschätzung des Vereines “Bunt ohne Braun” an. Und möchte hinzufügen: Manche Anhänger der AfD schrecken auch vor
- Urheberrechtsverletzungen
- Identitätsdiebstahl
nicht zurück, um ihre Hetze zu verbreiten.
Vielleicht sollte mal jemand der AfD den Streisand-Effekt erklären? Oder vielleicht besser nicht.
Ach, und weil manche Leute beklagt hatten, “Bunt ohne Braun” habe keine Belege für ihre Behauptungen, hier das Ergebnis einer Kurzrecherche:
- AfD-Mitgliederbefragung: Ideell ganz bei der NPD (Cicero)
- Was ist eigentlich rechtsextrem an der AfD? (Netz gegen Nazis)
- Aktivisten mit Neonazi-Hintergrund in der Sachsen-AfD (Die Zeit)
- Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland hat kürzlich gesagt, dass in seiner Partei kein Platz für ehemalige NPD-Mitglieder sei. Jetzt kommt heraus, dass die AfD das nicht immer so praktiziert: Ein früheres NPD-Mitglied hat sogar für AfD-Landtagsabgeordnete gearbeitet. (Märkische Allgemeine)
- “NPD mit Schafspelz” (Tagesspiegel)
Da muss die Darmstädter AfD wohl noch ein wenig klagen, bis sie alle ihre Gegner mundtod gemacht hat. Oder die Meinungsfreiheit beschneiden. Zusammen mit der NPD und den Erdogan-Anhängern in Deutschland findet sie vielleicht eine Mehrheit dafür.
Bis dahin werde ich noch weitere Belege für rechtsradikale Tendenzen und Gesetzesverstöße von AfD Amtsträgern, Mitglieder und Anhängern sammeln und hier veröffentlichen.
- Sachsen-Anhalt: AfD-Abgeordneter stellt NPD-Mann als Mitarbeiter ein (Tagesspiegel)
- Aktivisten mit Neonazi-Hintergrund in der Sachsen-AfD (Die Zeit)
- Richter mit AfD-Parteibuch unterstützt die NPD (Spiegel)
Die Initiative hat sich entschlossen, die Abmahnung nicht zu unterschreiben.
Falls die AfD aber mit ihrer Abmahnung vor Gericht erfolgreich sein sollte, trage ich gern meinen Teil dazu bei, den Schaden zu begrenzen. Wenn sich nur 900 Menschen in Darmstadt finden, die je einen Euro beitragen, würde der Verein “Bunt gegen Braun” hinterher gestärkt aus diesem Angriff auf die Meinungsfreiheit hervorgehen. Eine entsprechende Crowdsourcing Initiative starte ich gern.
Die Homepage der Initiative “Bunt ohne Braun” mit mehr Informationen zu ihrer Arbeit.
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Siehe auch:
Gefährliche patriotische Sex-Phantasien
Im Flüchtlingscamp in Chemnitz
Hajo Funke und die Verschwörung der V-Nazis
Analyse des „Asylkompromisses“ von CDU, SPD & Grünen
München 2.9.2015 Ortszeit 1:20 Uhr: Ich bekomme das Kotzen!
Blogger für Pandas und Flüchtende?
Nachtgedenken (flüchtig) von Arthuro de las Cosas
#1 by markus on 18. April 2016 - 1:35
der Verein heißt “Bunt ohne Braun”, könntest du vielleicht im 2. Satz korrigieren
#2 by Carsten on 19. April 2016 - 19:44
Danke für den Hinweis. Da ist Herr Freud mit mir durchgegangen. 🙂
#3 by Jörg on 20. April 2016 - 13:56
Problematisch ist einzig die Aussage, dass viele NPD-Mitglieder in der AfD eine neue Heimat gefunden hätten. Dabei könnte Mohrmann vor Gericht sogar recht bekommen, weil das eine Tatsachenbehauptung ist, die so nicht stimmt. Hätte man das statt dessen “NPD-Anhänger” formuliert, wäre es vermutlich genug Grauzone gewesen, um als Meinung aufgrund subjektiver Einschätzung von inhaltlichen Überschneidungen durchzugehen.
Ansonsten ist diese Abmahnung aber, wie leider so viele, juristischer Unsinn und ich vermute, dass das Mohrmann auch sehr bewusst ist, sonst würde er jetzt nicht so schnell zurück rudern und nur seine Gebühren verlangen. Die zu zahlen, sehe ich aber auch keinen Grund. Den Betrag zufolge hat er wohl einen Gegenstandswert von 10.000,- Euro angesetzt. Das dürfte vor Gericht als deutlich zu hoch angesehen werden. Es stellt sich außerdem die Frage, ob Mohrmann gegenüber der AfD, bei der er selbst Mitglied ist und für die er jetzt im Kreistag sitzt, überhaupt per RVG abrechnet. Eine Auslagenerstattung, wie das der Echo-Beitrag suggeriert, ist das dann also sicher nicht. Ein willkürlich festgelegter Gegenstandswert für einen außergerichtlichen Vorgang, den man dann aber juristisch gar nicht verfolgen will, weil zu teuer, aber die kompletten Gebühren für den willkürlich festgelegten Gegenstandswert dann als Obolus verlangen, dass der juristische Streit (einschließlich Überprüfung der Höhe des Streitwerts) nicht stattfindet? Das ist schon grenzwertig, finde ich.
Wenn ich mal meine Meinung kundtun darf, ohne abgemahnt zu werden, so halte ich das für eine öffentlichkeitswirksame politische Aktion, damit wir alle in Zukunft vorsichtiger mit dem sind, was wir über die AfD sagen. Wenn ich aber jetzt lese, dass es zu dem ohnehin schon stark nach rechts und in einem Punkt möglicherweise verfassungswidrigen Grundsatzprogramm auch noch Änderungsanträge gibt, die noch weiter nach rechts schlagen (ein Antrag geht zB in die Richtung, dass das Grundgesetz nicht als Verfassung anerkannt werden soll), dann sollte sich niemand einschüchtern lassen. Die AfD mag einen (immer kleiner werdenden) gemäßigten Flügel haben, aber insgesamt wird sie nicht in die rechte Ecke gestellt. Sie ist von selbst dort.
#4 by Carsten on 22. April 2016 - 18:57
@Jörg: “Viele” ist ein ziemlich unbestimmtes Zahlwort. Daher kann ich keine Tatsachenbehauptung erkennen.
Wen ich zum Beispiel sage. “Ich habe viele Fliegen in der Küche.” ist das weder Ausdruck eines hohen %-satzes der exisiterenden Fliegen noch eine feste Zahl. Man kann zwar davon ausgehen, das es wohl mehr als drei sein dürften (wobei für meine Mutter auch schon zwei Fliegen “viele” wären).
Für mich ist “viele” eher für eine Wertung (und daher eine Meinung, keine Tatsachenbehauptung).
#5 by Jörg on 24. April 2016 - 11:39
Naja, die NPD hat rund 5000 Mitglieder, da 3 als “Viele” zu bezeichnen, wäre schon etwas komisch. Viele ist zwar kein definiertes Wort, aber schon eine relative Aussage zu einer Gesamt- oder Durchschnittsmasse. Bei den Fliegen ist das nicht der Gesamtbestand an Fliegen auf der Welt, sondern wie viele man so durchschnittlich in seiner Küche hat. Man darf nicht außer Acht lassen, auf welche Grundmenge sich so eine Aussage bezieht.
Aber darum geht’s auch gar nicht. Der Punkt ist, dass die Frage, ob jemand Mitglied in einer Partei ist oder nicht, keine Meinung ist, sondern ein Fakt. Mitgliedschaft ist im Gegensatz zu z.B. Anhängerschaft erst mal was rein Formales. Ob jemand Mitglied ist, ist nichts worüber man groß diskutieren kann. Entweder ist es so oder nicht. Das heißt, wenn du behauptest, dass viele NPD-Mitglieder in der AfD ein neues Zuhause gefunden haben, dann musst du auch zeigen können, dass in der AfD “viele” Leute sitzen, die mal ein NPD-Parteibuch hatten. Das wird ziemlich schwer, fürchte ich, denn die AfD hat ja öffentlichkeitswirksam eine Art Gesinnungstest eingeführt, dass jeder bei Eintritt erklären muss, dass er kein NPD-Mitglied war.
Das finde ich nebenbei bemerkt auch eine reichlich merkwürdige Vorgehensweise, so schließt man nämlich nicht nur NPDler aus, sondern auch Szeneaussteiger. Wenn man selbst so sehr fürchtet, für NPDler attraktiv zu sein, sollte man sich lieber mal fragen, warum das so ist. Der Punkt aber bleibt, dass eine Mitgliedschaft in einer Partei keine Meinungsaussage ist, sondern eine Tatsachenbehauptung. Dann muss man die auch belegen können. Wenn bislang Fälle bekannt geworden sind, wurden diese Leute aus der eigentlichen Partei wieder entfernt.
Was man allerdings vor Gericht wohl als Argument einbringen könnte, wäre, dass die Formulierung “eine neue politische Heimat gefunden” nicht unbedingt heißen muss, dass man Mitglied in der AfD ist. Der eine Kerl da in Brandenburg ist ja meines Wissens nach wie vor bei der JA – und ja, man könnte jetzt bei dieser Abkürzung Assoziationen suggerieren, für die Mohrmann mich verklagen würde 😉 (hätten sich ja auch JADe nennen könne) – der Grund dafür ist wohl, dass die Partei selbst das formal nicht entscheiden kann. Dass aber ehemalige NPD-Mitglieder in parteinahen Organisationen sogar im Vorstand tätig sind, ist aber wohl nicht zu leugnen, und Herr Mohrmann sollte sich lieber mal darüber Gedanken machen, anstatt Druck über juristische Folgekosten aufzubauen. Er ist doch jetzt Parlamentarier, wie wär’s mal mit einer politischen Herangehensweise und eine größerer öffentliche Distanzierung der Rechtsaußen-Tendenzen statt einem juristischen “Haltet-die-Klappe”-Versuch.
#6 by mike on 9. Februar 2017 - 6:54
wer hetzt hier?
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