Szenebild aus "Zero Dark Thirty"

Szenebild aus "Zero Dark Thirty"

Ich habe diesen Film „Zero Dark Thirty“ nicht gesehen. Ich hatte den Trailer im Kino gesehen – und gedacht: Man, sieht der Langweilig aus. Und: Wirkt wie ein Propaganda-Film der US-Regierung.

Jetzt, drei Filmkritiken später, die das Gegenteil behaupten, wundere ich mich, warum ich immer noch kein Interesse an diesem Film habe.

Es geht eigentlich nur um ein Versteckspiel. Ein Mann versteckt sich und der größte und mächtigstes Geheimdienst der Welt muss ihn suchen. Und setzt dabei Mittel ein, die nun, mit gängigen christlichen Überzeugungen nicht in Einklang zu bringen sind.

Und wenn sich etwas Gemeinsames aus diesen drei Kritiken herauslesen lässt, dann: „Zero Dark Thirty“ zeigt die Folter ausführlich und unverfälscht. Und das er kein primitiver Propagandafilm sei.

Worin sie sich nicht einig sind, ist

a) ob der Film einen Versuch darstellt, Folter zu rechtfertigen (und sei es nur über den Erfolg, der der Methode recht gibt – sehr unchristlich)

b) ob der Film – neben der Folter – etwas Wichtiges darstellt, dass einen Kinobesuch rechtfertigen würde.

Die FAZ findet:

Ohne jedes erzählerische Ornament fragt er, was das ist, die ganze Wahrheit, wenn nur Bruchstücke von Informationen zur Verfügung stehen. Der Film ist sozusagen ein Film über sich selbst. Intelligent. Brillant.

Auch n-tv bewertet den Film, trotz Kritik, insgesamt freundlich:

Allerdings gelingt „Zero Dark Thirty“, den die Macher als Hybrid zwischen Dokumentation und Fiktion verstanden haben wollen, ein aufschlussreicher Blick hinter die Kulissen der CIA. Der Geheimdienst kommt dabei nicht sehr gut weg, und das nicht nur, weil die Folter von Gefangenen permanent moralische Grenzen überschreitet. Offenbart werden auch eitle Machtkämpfe und das Gerangel um Zuständigkeiten, das die eigentlichen Ziele aus dem Blick geraten lässt.

Dagegen findet, die Süddeutsche Zeitung, das die Schwächen überwiegen:

„Zero Dark Thirty“ ist ein Film mit viel zu vielen Längen und zu wenig Inspiration, und irgendwie muss man sagen: Die Kontroverse, die innere Debatte, die er einem aufzwingt, ist auf verquere Weise noch das Interessanteste an ihm. Jeder Film ist ein wenig mehr als das, was seine Schöpfer abgeliefert haben, wir spinnen ihn im Kopf weiter. Was wir denken und empfinden, ist Teil der Vorstellung – auch der innere Widerstreit oder der Protest, den er provoziert. Für seine eigene Haltung ist letztlich jeder selbst verantwortlich, auch als Zuschauer, egal, was auf der Leinwand zu sehen ist.

Auch diese Begründung weckt eigentlich mein Interesse an dem Film. Trotzdem bleibt mein Interesse schwach. Das liegt an einem Punkt, der in all den Kritiken nicht vorkommt: Auch wenn es berechtigt ist, zu fragen, was Verfolgung, Folter und Tötung mit den Menschen macht, die solche barbarischen Dinge geschehen lassen, anordnen, beobachten und durchführen – die Geschichte bleibt unvollständig, wenn sie diejenigen ausblendet, an denen solche Taten verübt werden. Quasi eine Geschichte mit einem Loch in der Mitte. Diese Loch wird vor allem dann ein schmerzhaftes Loch, wenn ich lese, dass es dem CIA vor allem darum gehe, die Verhöropfer zu „brechen“ (die Ex CIA Beamten Michael Hayden, General a. D. und ehemaliger Direktor der CIA, John Rizzo, früherer höchster Jurist des Geheimdienstes, sowie Jose Rodriguez, ehemals Leiter des National Clandestine Service äußerten sich bei einer Veranstaltung des American Enterprise Institute zum Film „Zero Dark Thirty“).

Ich fordere ja nicht, dass das so ausführlich passiert, wie das Clint Eastwood (ausgerechnet Clint Eastwood!) mit Flags of Our Fathers und Letters from Iwo Jima tut. Aber eine Seite eine Konfliktes nur als Statisten zu behandeln, wird dem Thema nicht gerecht. Unklar ist natürlich auch, wie viele Opfer der CIA-Ermittelungen sich überhaupt zu einer Seite gezählt haben – manch einer mag zu unrecht verdächtigt oder nur zufällig in Kontakt mit Al-Quaida gekommen sein, als Lieferant oder Vermieter. Nie wurde ein rechtsstaatliches Urteil gefällt, nie hatten sie eine Chance  sich zu verteidigen. Selbst wenn sie wirklich nichts zu sagen hatten: Glauben konnte der CIA ihnen das nur, nachdem er sie zerstört hatte.

Insofern ist das ein Film, bei dem Zuschauer auf US-Amerikaner starren. Er sagt nichts über die Welt da draussen, sondern nur etwas über die Wirklichkeit in ihren Köpfen. Deshalb werde ich mir diesen Film nicht im Kino ansehen. Vielleicht schaue ich ihn über Videoload, wenn es als Video herauskommt. Und falls ich mich geirrt haben sollte, werde ich das hier natürlich korrigieren.

 

Update: US-Historikerin Karen Greenberg liefert (wieder  in der Süddeutschen Zeitung) eine detaillierte Analyse darüber, wie der Film dazu beiträgt, den Amerikanern zu lehren, die Folter zu lieben.Sie bestätigt meine Kritik.

 

Mehr Infos:  Bericht des WDR über den Film

 

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