Ich hab immer ein Problem mit JJ Cale gehabt. Er passte einfach nicht. In die Schubladen. Rein technisch betrachtet hat er überwiegend Blues gespielt. Aber vielen seiner Lieder geht die I’ve got the blues bzw. I feel blue („ich bin traurig“) Stimmung völlig ab. “Friday”, “Roll on” oder “Mamma don’t” sind zwar technisch astreine Blues, aber nicht vom Tempo und von der Stimmung. Die Wikipedia sortiert ihn als Begründer des Tulsa-Sound ein, der
stilistisch zwischen Rockabilly, Blues, Jazz und Country einzuordnen
sei. Was sich für mich falsch anhört. Objektiv fehlen dabei schon die offensichtlich vorhandenenen TexMex-Elemente, die Cale defnitiv mehr beeinflusst haben, als Rockabilly oder Country.
Subjektiv fehlt seiner Musik vor allem jene trauernde (Verlust-)Attitüde, die Country und (klassischen) Blues so zentral prägen. Dagegen hat sie einen hohen Upbeat-Charakter, den man sonst höchstens vom Ragtime, Ska oder Boogie Woogie kennt. Rockabilly hat diesen Upbeat zwar auch, aber Cale geht (in der Musik) völlig die wütende Protesthaltung des Rockabilly ab. Dazu ist seine Musik dann schon wieder viel zu entspannt. “Mamma don’t” zum Beispiel ist Auflehnung – aber ohne diese Wut. Fast schon Jazz, aber eben dann doch nicht. Irish Folk könnte ein Einfluss gewesen sein. Und Gospel. Auch upbeat. Aber was weiß ich schon.
Und er ist nicht der einzige, der wenig “blue” ist. Die meisten Songs von Taj Mahal sind genauso wenig “blue” wie Ry Cooders Songs. Und Blues Legenden Eric Clapton, BB King und John Lee Hooker fühlten sich zu diesem Upbeat-Sound zumindest hin gezogen – ohne ihn in ihrem Solo-Werk so wie Cale, Mahal und Cooder zu zelebrieren. Auch in der Blues-Rock Fraktion ist das Schisma nachzuweisem: Während die Blues Rock Legenden wie z.B. Whitesnake (ain’t no love in the city) und Ten Years After (I’m going home) dem klasssichen Blues verschrieben bleiben, hat ZZ Top sehr früh diesen Upbeat für sich entdeckt und zum wesentlichen Teil ihres Erfolgskonzeptes gemacht. Ebenso Tito & Tarantula.