Büchner200 findet vom 29. Juni bis 31. August 2013 am Hauptbahnhof Darmstadt statt. Wir wollten von Peter Brunner hören, was sich dahinter verbirgt.
Neun mal Sechs: Am 29 Juni beginnt in Darmstadt eine Veranstaltung mit dem Namen „Büchner200“. Ist das Werbung für ein neues Motorrad? Worum geht es da?
Peter Brunner: [Lacht.] Nein, das bezieht sich natürlich auf den 200sten Geburtstag von Georg Büchner im Oktober diesen Jahres. Die Zentralstation Darmstadt, die diesen Event organisiert, hat auf das Motto einer erfolgreichen Veranstaltung im letzten Jahr zurückgegriffen, die hieß nämlich Cage 100.
Neun mal Sechs: Den Auftakt bildet eine „Großdemonstration“. Wogegen?
Peter Brunner: Erst mal muss man ja nicht notgedrungen gegen etwas demonstrieren. Man darf auch für etwas demonstrieren und man kann ja vor allem etwas demonstrieren. Und eigentlich ist vor allem das der Gedanke. Selbstverständlich greift der Begriff die Überlegung auf, die wir alle mit Demonstration verbinden, nämlich auf der Straße zu zeigen, dass es vielleicht verschiedene Meinungen gibt und verschiedene Sichtweisen auf das gleiche Problem.
Und insofern nimmt die Demonstration einerseits auf einen der großen Züge in Georg Büchners Leben bezug, nämlich den Widerstand und den Aufruhr. Aber andererseits kann das für uns an diesem Tag auch eine andere Variante haben: Nämlich zu zeigen, dass wir etwas von Büchner in uns tragen oder auf der Suche nach einem Stück Büchner in uns sind.
Wir werden die Gelegenheit nutzen, dass an diesem Abend im Staatstheater das Stück Leonce und Lena gezeigt wird – nicht mehr in der Premiere, sondern dann schon die zweite Aufführung. Wir werden die Besucher dies Theaterstücks bitten und alle anderen, die sich dann auf dem Büchnerplatz versammeln wollen, mit uns zusammen durch die Stadt zum Bahnhof zu ziehen und so diese beiden Orte miteinander zu verbinden und dann am Bahnhof das große Festival zu eröffnen. [Mehr Infos]
Neun mal Sechs: Wie viele Teilnehmer werden erwartet?
Peter Brunner: Wir werden jetzt einen Teufel tun eine Zahl zu nennen, denn dann kann man sich ja im Nachhinein nur geirrt haben. Wir freuen uns über jeden der kommt.
Neun mal Sechs: Sind Ausschreitungen zu erwarten?
Peter Brunner: Auch das ist natürlich jedem, der kommt, überlassen. [Lacht] Es gibt eine Absprache mit der Polizei und wir haben der Polizei mitgeteilt, dass ein erheblicher Teil des Zugs maskiert laufen wird. Das wird die Polizei in diesem Fall auch dulden. Wir haben ja den Demonstranten bereits vorab diese Büchnermaske zur Verfügung gestellt und die wird auch am Abend für alle Interessierten verteilt werden.
Neun mal Sechs: Was sind die Höhepunkte der Veranstaltungsreihe Büchner200? Was sollten sich Darmstädter unbedingt ansehen?
Peter Brunner: Das ist eigentlich immer, wenn man an der Organisation von so einer Reihe beteiligt ist, eine unfaire Frage. Jedes Hervorheben würde ja andere Veranstaltungen weniger wichtig machen. Ich würde es sehr schön finden, wenn viele Leute viele Termine wahrnehmen könnten. Und genau das ist auch das besondere an diesem Festival, dass wir einen Fächer von ganz unterschiedlichen Betrachtungsweisen präsentieren können. Man sollte es sich nicht entgehen lassen, möglichst viel davon wahrzunehmen.
Neun mal Sechs: Was ich im Programm nicht gesehen habe, sind politische Veranstaltungen. Ist Büchner nur noch Kunst?
Peter Brunner: Na, es ist vielleicht eher so, dass natürlich politische Veranstaltungen uns relativ schnell in… ne … also sozusagen, das Angebot an Politiker dort etwas zu veranstalten, ist nicht unsere Intention gewesen. Wir hoffen sehr, dass Politiker diese Veranstaltungen wahrnehmen und daraus Schlüsse ziehen. Wir wissen auch, dass das bei manchen Politikern so ist. Beispielsweise hat ja der Oberbürgermeister das mit großer Sympathie verfolgt und auch mit einem Grußwort begleitet.
Aber ein Angebot zu machen, in dem Zusammenhang die konkret aktuelle Politik dorthin zu holen, war nicht unsere Intention.
Wir haben aber natürlich mit der großen Aktion von der Künstlerin Franke, die ja auch schon mal im Darmstadium war mit ihrem Occupy-Camp und sich wieder präsentiert, eine außerordentlich politische Aktivität dahin geholt. [Anmerkung der Red.: Die Veranstaltung war zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht im Online-Programm von Büchner200 gelistet].
Neun mal Sechs: Wer finanziert die Veranstaltungen?
Peter Brunner: Da kann man jetzt sagen, die üblichen Verdächtigen: Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain, die Stadt Darmstadt, die HSE, die Darmstädter Privatbrauerei, die HEAG Kulturfreunde, die Jubiläumsstiftung der Sparkasse Darmstadt, der Darmstädter Förderkreis Kultur, die Deutsche Bahn, HEAGmobilo, die Look Außenwerbung, die Wohrataler Holzbau und Palaterra.
Neun mal Sechs: Was ich jetzt auch nicht gesehen habe, sind Themen wie „Armut“ und „Ignoranz der Herrschenden“, die ja für Büchner zentral waren. Ist das heute kein Thema mehr?
Peter Brunner: Das ist ja genau, was ich gerade sagte. Die Helga Franke ist mit ihrer Aktion sehr zentral, sehr präsent, sehr aktuell und wird da sicher eine ganz klare Position beziehen, an der man nicht umhin kommt.
Neun mal Sechs: Gibt es sonst noch etwas, das du unseren LeserInnen über das Festival erzählen möchtest?
Peter Brunner: Was mir sehr wichtig ist: Ich würde mich sehr freuen, wenn Menschen, die das interessiert, möglichst oft noch mal neu auf die Seite schauen würden. Wir aktualisieren das, wir sind bisher noch nicht mit allen Veranstaltungen komplett auf der Liste. Die Büchner Bande wird auftreten, der Termin ist noch nicht im Terminkalender und es wird ganz bestimmt bei den Aktivitäten, zu denen wir Chöre eingeladen haben, noch eine Reihe von weiteren Chören geben, die da kommen und auftreten. Das allein ist schon Grund genug, noch mal auf die Webseite zu schauen.
Neun mal Sechs: Prima. Vielen Dank.
Mehr Infos:
Die bisher bekannten Veranstaltungen
Siehe auch:
Christian Wirmer – Leonce und Lena
Georg Büchner. Darmstädter Linksradikaler.
Die nette Revolution von nebenan
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