Meine Überlegung, mich bei der Kommunalwahl 2021 zu engagieren, hat mich natürlich vor die Frage gestellt, wie und wo ich das machen möchte. Und weil ich grundsätzlich ja jedes Partei-politische Engagement begrüße (warum? siehe Politik ist….), bin ich da ja grundsätzlich ziemlich offen.
Dennoch sind und waren CDU, SPD und FDP für mich praktisch keine Möglichkeit. Die FDP war und ist als neoliberale Lobby der Großindustrie, der Hotelbranche und der Besserverdienenden nie eine Wahl.
Die CDU ist mir seit jeher durch ihre unchristliche und Demokratie- und Menschen-feindliche Politik weiterhin fremd – und hat (trotz aktueller Modernisierung und vorsichtiger Annäherung in den letzten Jahren) mit Herrn Reißer in Darmstadt einen prominenten Vertreter, den ich auf keinen Fall unterstützen könnte.
Die SPD ist mir durch ihre neo-liberale Prägung durch die Seeheimer Kreis (die sich auch in Darmstadt klar zeigt) sehr fremd geworden.
Von drei Listen, die potentiell antreten werden, wußte ich zum Zeitpunkt meiner Orientierung nichts – doch zwei der neuen Listen (das Bündnis Bürgerinitiativen Darmstadt (BBD) / Partei Freie Wähler und die
Wählergemeinschaft „Wähler*innen gestalten Darmstadt (WGD)“) scheinen mir eher konservativ (Richtung ÖDP) beziehungsweise duch Besitzstandswahrung motiviert (mein subjektiver Eindruck). Die Klimaliste (so sie denn auch in Darmstadt antreten) wäre eine Option gewesen, da das Klima mein wichtigstes Thema ist – aber eben auch nicht mein einziges.
Soweit zum einfachen Teil. Bleiben Grüne, Linke, Piraten – und Uffbasse.
Mit den Grünen verbindet mich eine lange Geschichte. Ich habe in meiner Heimat als Jugendlicher den grünen Ortsverband mitgegründet und war als Jugendlicher maßgeblich an der Gründung der grünen Jugendorganisation beteiligt. Mein späterer Austritt (mit Anfang des Studiums) war weniger von inhaltlichen Gründen getrieben, als der Unzufriedenheit damit, für eine 5% Partei Kompromisse rechtfertigen zu müssen, die zwar politisch sinnvoll waren (gegeben die Wähler-Unterstützung), aber die ich inhaltlich falsch fand. Trotzdem habe ich dann mit einer Wähler-Initiative noch im Studium in Konstanz den ersten grünen OB ermöglicht. Und habe bei Wahlen meine Stimme öfter für grüne Listen und Kandidat:inn:en abgegeben. als für andere Parteien und Kandidat:inn:en zusammen.
Auch in Darmstadt bin ich – trotz Kritik im Detail (z.B. Friedensplatz) – mit den Grünen nicht unzufrieden. OB Jochen Partsch und andere finde ich sympatisch und ich stimme in vielen Punkten mit ihnen überein – besonders da, wo sie das Feuer konservativer Kreise auf sich ziehen (Lichtwiesenbahn, Stadion, Rad-Spuren, …). Insofern wären die Grünen in Darmstadt eine potentielle gute Wahl für ein kommunalpolitisches Engagement.
Doch was ich bei den Darmstädter Grünen auch wahrnehme, ist ein krampfhaftes Bemühen, die Reihen fest geschlossen zu halten, Angst, Fehler zu machen (und sie zuzugeben), Kritik und Dissenz nach außen dringen zu lassen. Was sich leider zu oft in Sprachlosigkeit oder agressiver Defensiv-Haltung grüner Aktivisten äußert. Und auch wenn sie sagen, das täten sie nicht – so kommt es doch bei mir an.
Für mich als Freidenker und latenten Dissidenten ist sowas keine gute Umgebung – aus rein strategischen Gründen einen Kurs oder Beschluss, den ich für falsch halte, öffentlich zu vertreten oder dazu zu schwiegen, das mag ich nicht.
Homepage der Darmstädter Grünen
Leichter machen es mir die Piraten, bei denen ich mich (ohne Mitglied zu sein) in den Jahren 2010-2013 in der hessischen Landespolitik engagierte (und wesentliche Teile ihres damaligen Bildungsprogrammes mitgeschrieben hatte), bevor mich destruktive Machtpolitik und persönliche Angriffe einzelner Mitglieder zum Rückzug brachten. Sie treten bei der Kommunalwahl 2021 nicht an und ersparten mir daher, zu prüfen, ob sie es inzwischen geschafft haben, eine Kultur zu entwickeln die inhaltliches politisches Engagement ohne persönliche Diffamierung zuläßt (Mehr dazu in meinem Brief an die Piratenpartei von 3. Oktober 2013).
Homepage der Darmstädter Piraten
So sehr ich die Linke inhaltlich als politische Kraft begrüße – mein Unwohlsein hinsichtlich ihrer politischen Kultur wird immer mal wieder durch Berichte von Mitgliedern und Ex-Mitgliedern und durch Begegnungen auf Gesichtsbuch gefüttert. Das hat sich auch anläßlich der letzten Kommunalwahl – trotz meiner Wertschätzung für Uli Franke – bestätigt, als die Linke keine individuellen Statements (zulassen) wollte. Gut, dass es die Linke gibt. Aber (so) nicht meine Partei.
Uffbasse (“Aufpassen”) beobachte ich quasi schon seit ich nach Darmstadt gekommen bin. Ich fand ihre Vorschläge und Beiträge schon immer gut und die Leute sympatisch. Aber bewegt haben mich lange mehr die Bundes- und Landes-politischen Themen (Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik, Umwelt, Frieden), die Lokalpolitik war nicht mein Fokus. Zumal neben Job, Familie und meinen vielfältigen anderen Interessen wenig Zeit für die persönlichen Treffen blieb, die bis zu diesem Jahr entscheidend für die Mitwirkung in der Lokalpolitik waren. Meine Beschäftigung mit Politik begann meistens erst nach 22 Uhr. Ein zentraler Grund für mein damaliges Engagement bei der Piraten war auch, dass diese bereits 2010 zahlreiche technische Möglichkeiten anboten, um von Zuhause aus in der Politik mitwirken zu können (dagegen ist zum Beispiel auf der bildungpolitischen Mailingliste der Grünen Hessen bis heute keine inhaltliche Diskussion erwünscht – sie dient lediglich zum Versand von Einladungen zu persönlichen Treffen in Wiesbaden – wer dafür keine Zeit hat, ist von grüner Bildungpolitik in Hessen ausgeschlossen).
Auch bei meiner Wahl-Fragebogenaktion zur Kommunalwahl 2016 bekam ich von Uffbasse prozentual die meisten Rückläufer (37%) – im Engagement deutlich vor den Grünen (17%) und sogar vor den sonst so engagierten Piraten (28%). Und auch bei der inhaltlichen Bewertung haben die Uffbasse Kandidat:innen damals ganz hervorragend abgeschnitten – die beste Grüne kam erst auf Platz 9 (siehe Abb. links).
Endgültig überzeugt hat mich Uffbasse aber, als ich für meinen Artikel zur Lichtwiesenbahn recherchierte. Während Grüne und Heag Mobilo meine Anfragen zu diesem heiklen Thema ignorierten, wurde ich von Uffbasse (besonders von Georg “Schorsch” Hang) hervorragend mit Informationen versorgt – und das obwohl ich zu einer anderen Bewertung (nämlich die der Grünen) kam, als Uffbasse selbst und diese dann nicht nur hier in meinem Blog, sondern auch im P-Magazin veröffentlichte. War für die Uffbasse-Leute überhautpt kein Thema.
Insofern war es für mich ein einfacher und logischer Schritt, bei Uffbasse anzufragen, ob sie daran interessiert sind, mich für die Kommunalwahl am 14. März 2021 in ihre Kandidat:inn:enliste aufzunehmen. Und nach positiven Signalen, ersten Bekanntschaften mit dem Team und sehr konstruktiven Diskussionen zum Wahlprogramm (das sich jetzt in der Phase der Ausformulierung befindet) werde ich daher bei der Aufstellungsversammlung am Montag, 7.12.2020, kandidieren. Online natürlich.
Ich werde euch natürlich hier auf dem Laufenden halten. Und möchte noch mal betonen, dass meine Kandidatur für eine Gruppe (so es denn dazu kommt) keinesfalls die Feindschaft zu anderen Gruppen bedeutet. Siehe auch meinen Grundsatzartikel Politik ist….
Was bisher geschah:
Ich will mich anbieten: Projekt Darmstadt 2021
So ging es weiter:
- Ich bin nominiert: Uffbasse Wahlsiesch 2021
- (M)ein erstes Wahlvideo
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