(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 1 

Gern wird ja Hetze im Netz als “Humor” getarnt. Dabei gibt es Zweifelhaftes, Grenzwertiges – und Eindeutiges.

Eindeutig ist jeder noch so versteckte Aufruf dazu, im Rahmen der politischen Auseinandersetzung Gewalt einzusetzen. Ein besonders perfides und herabwürdigendes Mittel der Gewalt (besonders von Männern) ist das Urinieren auf einen anderen Menschen. Es ist ein Angriff, der vor allem Erniedrigen soll, aber auch starke Züge von sexueller Macht transportiert. Eine Methode der Erniedrigung, die z.B. gern von den Nazis gegenüber ihren Opfern angewendet wurde – aber auch von folternden US-Soldaten im Irak.

Allein schon auf die Idee zu kommen, jemanden so anzugreifen, zeugt von einem kranken Geist – doch Hasspropaganda hat genau das zum Ziel: Den Andersdenkenden das “Mensch-sein” abzusprechen und sie zu erniedrigen.

Um so erstaunter war ich, als mir Facebook heute diesen Beitrag “empfahl” (Verfasser des Beitrages hier unkenntlich gemacht und Bild von mir überschrieben, um Werbung / die Weiterverbreitung zu verhindern):

Screenshot vom 9.6.2023 von Facebook (URL vorhanden).

Hier wird offensichtlich dazu aufgefordert, auf der Straße sitzende Menschen anzupinkeln. Man kann mit den Aktivitäten der Klima-Protestierenden nicht einverstanden sein, man kann sich sogar darüber aufregen (obwohl es nun wirklich so viel schlimmeres auf der Welt gibt als diese friedliche Protestform). Aber hier zur Selbstjustiz und gegen friedliche Demonstrierende zu Gewalt aufzurufen, ist schon strafbar.

Typische Gewalt-Phantasien alter, weißer, kranker Männer (siehe Theweleit et.al.) . Das es Perverse gibt, die sowas erstellen, hat mich nicht weiter überrascht. Das dieser Beitrag aber (mit freundlicher Bewerbung durch Facebook) 8.873 Likes und 678 fast ausschließlich positive Kommentare bekam und 2.693x geteilt (also aktiv weiterverbreitet) wurde (Stand: 9.6.202320:30 Uhr), hat mich dann schon erschüttert. Davon können sachliche Beiträge (egal welcher politischen Richtung) nur träumen.

Also habe ich etwas getan, was ich sehr selten tue: Ich habe den Beitrag Facebook gemeldet. In der Hoffnung, dass sie wenigstens merken, wofür sie da Werbung machen. Urinieren – auf Menschen ist ja ein klarer Fall von Hass und Strafbarkeit.

Das Ergbnis kam schnell – und nicht so wie erwartet:

Ich kenne Menschen, die sind wegen Kleinigkeiten von Facebook gesperrt worden. Der Aufruf dazu gegen Menschen zu urinieren ist in eigentlich allen zivilisierten Ländern sogar starfbar – nur auf Facebook wohl mit den “Gemeinschafts-Standards” vereinbar. So, so. Sehr interessant.

Da mir Facebook nun keine Möglichkeit mehr bot, gegen solche Hass-Verbreitung durch Facebook selbst vorzugehen, habe ich etwas getan, dass ich bisher nie getan habe: Ich habe Strafanzeige erstattet.

Ich bin sehr gespannt, ob das zu dem zu erwartenden Ergebnis führt. Die Staatanwaltschaft hat die Möglichkeit, von Facebook die Herausgabe der Daten des Seitenbetreiber (incl. seiner IP Adresse) zu fordern. Vor allem aber hat die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, Facebook selbst für die aktive Verbreitung (und das Ignorieren meiner Meldung) zur Rechenschaft zu ziehen. Denn ich bin dieser Seite (die ich vorher auch nicht kannte) nicht (nie) gefolgt, sondern der Beitrag wurde mir von Facebook als “empfohlener Content” in der Timeline angezeigt.

Ich bin – leider – nicht sicher, ob die Staatsanwaltschaft das wirklich verfolgt, oder ob hier die Abneigung einzelner Entscheider gegen die Aktionen von Klimaschützern dazu führen wird, dass ich in ein paar Monaten eine Mitteilung über die Einstellung des Verfahrens erhalte. Oder ob sich die Entscheider wirklich dem Artikel 1 GG verpflichtet fühlen (leider nicht selbstverständlich).

Gern würde ich sehen, dass das von etwas Presse-Öffentlichkeit begleitet würde und werde meine alten Kontakte in dieser Richtung ansprechen.

Ich erwäge auch – zumindest bei Einstellung des Verfahrens – etwas Geld in die Hand zu nehmen und mit einem Anwalt dran zu bleiben. Oder wenn der Beitrag nach dem Wochenende immer noch online ist. Mal schauen.

Was mir nicht klar ist – kann man auch gegen die Leute, die bei sowas zustimmend kommentieren oder liken vorgehen? Das sind die Mitläufer, die auch bei der Bücherverbrennung der Nazi applaudiert haben. Und als die Juden abholt wurden. Und aus dieser Gruppe rekrutieren sich die Leute, die das dann umsetzen, was die geistigen Brandstifter als Ideen verbreiten (oder schlimmers).

Hier ein paar Screenshots der zustimmenden Komentare (viellecht schaffe ich es ja am Wochenende, alle zu screenshotten) – vielleicht fühlt sich ja jemand von ihnen motiviert, gegen mich vorzugehen (diesen Fehler haben in der Geschichtes dieses Blogs schon Einige gemacht – ist mir immer wieder ein besonderes Vergnügen, wenn sich so jemand von den Perverslingen aus der Deckung wagt 🙂 ).

Nur ein paar von 413 Kommentaren, die zeigen, was unter den spießigen bürgerlichen Deckmänteln noch für eine faschistische Geisteshaltung schlummert.