Artikel getaggt mit Journalismus

USA vs. Amerika

Eines der Dinge, die ich in der Schule gelernt habe, ist, das die United States of America (USA) nicht gleich Amerika sind.

Das mag banal klingen. Ist es aber nicht. Denn nicht nur umgangssprachlich ist es gang und gebe, dass, wenn die USA gemeint sind, leider oft gleich der gesamte Kontinent (von dem die USA nur ein kleiner Teil sind) genannt wird.

Das hier ist Amerika:

Amerika
Amerika in seiner ganzen Vielfalt – kulturell, politisch, ökonomisch. Die USA sind nur ein kleiner Teil davon.
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FAZ: Die Zeitung des Kapitals & ihre Allianz mit der AfD

Jutta Ditfurth ist eine Person des öffentlichen Lebens, deren Werdegang ich seit meiner Jugend so aus dem Augenwinkel verfolge. Damals eine Flügelkämpferin bei den Grünen hat sie sich u.a. dagegen gestemmt, dass die Grünen eine Partei des Kapitalismus werden. Sie hat später die Grünen verlassen, statt sich in der Hoffnung auf einen Ministerinnenposten anzupassen. Seither hörte ich immer mal wieder etwas von ihr – sei es als streitbare Publizistin, sei es über ihre Kleinpartei ÖkoLinX – Antirassistische Liste.

Man muss nicht ihre Positionen teilen, um Achtung vor der Konsequenz ihres Lebenswerkes zu haben.

Zuletzt tauchte sie wieder häufiger in meiner Wahrnehmung auf. Weil sie sich kritisch zur Klima-Schutz Bewegung “Exstiction Rebellion” geäußert hatte – der ich hier im Blog auch schon einen – positvien, aber wenig inhaltlichen – Beitrag gewidmet hatte. Ich nahm die Überschrift (s.rechts) wahr (in dem Augenblick hatte ich keine Zeit, den Artikel zu lesen) und speicherte ab: Vielleicht muss man die “Exstiction Rebellion” Bewegung doch etwas krtischer sehen, als mir die positiven Presse-Artikel, die ich bis dahin gelesen hatte, nahelegten (hier ihre Kritik in der Frankfurter Rundschau). Denn ich schätze Jutta Dithfurt als kritische Denkerin – ohne deshalb gleich ihre Positonen zu teilen.

Bevor ich mich jedoch näher mit der “Exstiction Rebellion” beschäftigen konnte, tauchte die Überschrift immer wieder auf – im Gesichtsbuch. Ungewöhnlich oft, und ungewöhnlich lange. Normalerweise rauschen die Headlines so durch, manchmal von ein paar Freunden erneut gepostet, aber dann verschwinden sie im digitalen Heuhaufen und wenn ich sie später dann doch brauche, muss ich die Suchmaschinen bemühen.

Nicht so hier – Jutta sah ich plötzlich fast jeden Tag. Über Wochen. Das fand ich dann doch etwas verdächtig und ich schaute näher hin. Und tatsächlich – jemand bezahlte dafür, dass mir Jutta immer wieder begegnete. Der Sceenshot oben ist eine Anzeige, die die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schaltete. Die allerdings das Gegenteil von dem erreichte, was beabsichtigt war.

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Die kostenpflichtige Druck-gewordene Meinungsverbreitung nichtrepräsentativer BürgerInnen (am Beispiel der F.A.Z.)

Ich habe gestern Zeitung gelesen. So eine echte, aus Papier. Sorgfältig habe ich sie von vorne bis hinten durchgeblättert. Viele Artiel gelesen, viele zumindest angelesen. Das wäre vor vielen Jahren nichts besonderes gewesen. Aber dieses Mal war es das, aus folgenden Gründen:

  • Ich habe das schon lange nicht mehr gemacht (u.a. deswegen: 16 für 2016). Ja, natürlich blättere ich immer mal wieder in eine gedruckte Zeitung rein, lese einen oder zwei Artikel. Aber schon sehr lange hab ich nicht mehr sorgfältig den Großteil der Zeitung studiert und viele Artikel daraus gelesen.
  • Ich hatte sie (F.A.Z. – Frankfurter Sonntagszeitung) aufgehoben, weil ich in ihr einige Taxikartell in der FAZArtikel entdeckt hatte, die ich noch “in Ruhe” lesen wollte.
  • Die Ausgabe war vom 27.4.2014. Also quasi ein historisches Dokument.

Warum mache ich sowas? Weil da ein paar lange und längere Artikel drin waren, die mich intereessierten. Zu Themen, die auch heute (drei Jahre später) – wie ich feststellen mußte –  noch aktuell sind:

  • Robotik
  • Die Forschung in Verteilungstheorie von Anthony Atkinson – Volkswirtschaftliche Ansätze zur Erforschung – und Bekämpfung – der Ungleicheit
  • Der russische Blick auf den Westen
  • Die Architektur des BND und was sie über die Behörde erzählt
  • Islam gehört zu Deutschland
  • Tötende Spezialeinheiten der Bundeswehr und ihre Motivationsprobleme
  • “Das Ende des Taxikartells”
  • Arbeiten in Teilzeit
  • Die Feldenkrais-Methode
  • Wirtschaftliche Kraft aus kultureller Vielfalt
  • Software-gestützte Kriegsvorhersage
  • Die Sängerin Iyeoka

Leider haben die Artikel jedoch bedauerlich wenig zu meiner Erleuchtung beigetragen. Und das lag nicht daran, dass sie alt waren. Sondern daran, dass sie den relativ großen Platz nicht genutzt haben, denen ihnen das Format Sonntagszeitung eigentlich bietet. Schade.

Aber wie kann das sein?

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Meine kleine Rückkehr zum Journalismus

Ich habe wieder geschrieben. Für eine Print-Publikation. Lokal-Journalismus.

Nach langen Jahren der Abstinenz bin ich damit quasi zu meinen beruflichen Wurzeln zurückgekehrt. Ich habe (Schülerzeitung “Gymnase” mal außen vor) mit Mini-Artikeln und Veranstaltungs-Tipps aus Hann. Münden beim Wildwechsel angefangen. Beim Göttinger Tageblatt und beim Gandersheimer Kreisblatt habe ich das harte Alltagsgeschäft des (und den Spass am) Lokaljournalismus (besonders in Erinnerung geblieben: Plattdeutsch-Abende, Goldene Hochzeiten, CD-Besprechungen der Werke lokaler Schlagermatadoren) erlernt. Und dann beim Konstanzer “Neuen Nebelhorn” (inzwischen eingestellt) als Redakteur für Lokalpolitik geschafft.

Dann kam der Internet und ich geriet auf die schiefe Bahn – als Projektleiter bei Internet-, Telekommunikations-, Software- und IT-Projekten. Und dem Beruf werde ich auch trotz dieser kleinen Rückbesinnung treu bleiben.

Geschrieben habe ich einen (erläuternden) Kommentar zur Kommunalwahl in Darmstadt, die ich ja aufwendig begleitet hatte. Veröffentlicht im aktuellen P-Magazin:

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16 für 2016 – meine Wünsche an JournalistInnen

Professioneller Journalismus? Kannste knicken, oder gehts auch besser?

Professioneller Journalismus? Kannste knicken, oder können die auch besser?

Ich lese gern. Ich lese Romane, Krimis, Sachbücher. Und vor allem journalistische Produkte. Schließlich habe ich meinen ersten Text, auf den ich stolz war, als Journalist geschrieben, fast mein erstes Geld mit Journalismus verdient (wenn man großzügig über einen Ferienjob auf dem Bau absieht) und war lange als Journalist tätig. Und bin beruflich weiterhin in der Medien-Branche unterwegs.

Leider werde ich gerade von journalistischen Produkten in letzter Zeit immer häufiger enttäuscht. Ein paar dieser Enttäuschungen habe ich hier im Blog verarbeitet (Auswahl: Nachruf auf die FTD, Wie man aus heißer Luft eine Story für den rechten Zeitgeist macht, Verlegerische Doppelmoral, die Zuckerberg-Blamage, Print vs. Digital, Wie der Hass entsteht… dank Springer, Thomas Müller entlarvt saudumme Journalisten-Frage). Andere habe ich euch (und mir) erspart.

Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass der Journalismus schlechter wird, oder ich anspruchsvoller oder kritischer. Aber es führt ganz klar dazu, dass ich immer weniger journalistische Produkte nutze, kaufe, empfehle. Sie sind mir immer seltener meine Zeit und mein Geld wert. Und ich beobachte ähnliches auch um mich herum – sogar bei aktiven JournalistInnen. Den Rest des Eintrags lesen. »

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Journalismus: Die Zuckerberg-Blamage

Papierschiffchen aus Zeitungspapier

Professioneller Journalismus? Kannste knicken!

Die meisten Menschen denken an Wohltätigkeit, wenn sie von einer “Stiftung” lesen. Dabei dienen Stiftungen überwiegend zwei Zwecken: Steuerersparnis und Lobbyismus. Es gibt zwar auch wohltätige Organisationen, die sich diese Vorteile zu nutze machen. Aber den meisten Stiftungsgründern geht es lediglich darum, mehr Geld oder Macht anzuhäufen. Das nicht zu wissen, ist kein Problem. Stiftungsrecht gehört nicht unbedingt zum Allgemeinwissen. Es gibt jedoch eine Berufsgruppe, die sollte wissen, wofür Stiftungen benutzt werden und wissen, was keine “Stiftung” ist: Journalisten.

Anfang dieses Monats sind erschreckend viele Journalisten genau an dieser Frage gescheitert und ich musste viele Fehlinformationen in der Profi-Presse lesen – und zwar leider über das ganze Pressespektrum hinweg. Die Top-Schlagzeile des Tages war:

Facebookgründer Mark Zuckerberg spendet 45 Milliarden Dollar an eine Stiftung für wohltätige Zwecke.

So hab ich es gelesen – und so haben es sich die meisten von euch vermutlich gemerkt. An dieser Schlagzeile ist leider alles falsch.

  1. Das geringste ist noch, das Zuckerberg nur einer der Gründer von Facebook ist. Könnte man zur Not zwar durchgehen lassen, aber: Exakt und aktuell relevant, wäre ihn als “Vorstandsvorsitzender von Facebook Inc.” zu bezeichnen. Diese minimale Ungenauigkeit sei im folgenden aber gar nicht weiter betrachtet.
  2. Es geht nicht um 45 Milliarden Dollar, sondern um 99% seiner Facebook Aktien. Die sind im Augenblick zwar rein theoretisch so viel wert (mit dem aktuellen Börsenkurs bewertet). Aber wenn er nur anfangen würde, einige davon zu verkaufen, würde der Kurs sinken. Weil das Angebot steigt. Aber vermutlich noch mehr, weil der Aktienmarkt das vermutlich als Ausstieg Zuckerbergs aus Facebook verstehen würde. Und auch andere anfangen würden, ihre Aktien zu verkaufen. Dazu kommt: Die zukünftige Kursentwicklung ist völlig offen ist. Das ist wichtig, denn:
  3. Er verkauft die Aktien gar nicht jetzt, sondern “im Laufe seines Lebens”. Also irgendwann.
  4. Er spendet das Geld auch nicht, sondern überträgt es an die Chan-Zuckerberg Initiative, die er selbst gründet und vollständig kontrolliert. Das ist so, als wenn ich Geld von einem Konto von mir auf ein anderes Konto von mir überweise.
  5. Es gibt keinerlei Garantie, dass das Geld tatsächlich für wohltätige Zwecke verwendet wird. Zuckerbergs blumige Erklärung klingt mehr nach Lobbyismus für eine bestimmte technokratische Weltanschauung. Mit dem Versprechen, dass dadurch die Welt besser würde.
  6. Die Chan Zuckerberg Initiative ist nicht als Stiftung gegründet worden, sondern als “Limited Liability Company” (LLC). LLC ist in den USA eine Unternehmensform, die am ehesten der deutschen GmbH ähnelt. Wichtig: Das ist erst mal kein wohltätiger Club, sondern ein handfestes, profitorientiertes Unternehmen (1). Was nicht ausschließest, das sie gemeinnützig tätig wird, es aber keinesfalls bedeutet. Die Behauptung, es handle sich um eine Stiftung,  entbehrt jeder Grundlage. muss sich ein Journalist einfach ausgedacht haben – und alle anderen haben es unhinterfragt abgeschrieben.

Leider gibt es nicht ein einziges deutsches Leitmedium, dass alle diese Fakten richtig dargestellt hat. Kein Einziges!

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Die Welt: Wie man aus heißer Luft eine Story für den rechten Zeitgeist macht

 Dietrich Alexander (stv. Ressortleiter Außenpolitik Die Welt)

Manche Zeitungsartikel scheinen Schlimmes für die Zukunft vorherzusagen. Nicht immer ist leicht zu durchschauen, ob das wirklich an den Fakten liegt, die sie zu präsentieren vorgeben. Doch was Dietrich Alexander neulich in Springers “Welt” veröffentlicht hat, ist ein sehr dreister Versuch, nicht vorhandene Fakten in ein gewünschtes Weltbild zu pressen.

Zunächst war mir nur die reißerische Überschrift aufgefallen. Da hieß es: “Demografische Übermacht der Muslime unaufhaltsam” – das klingt selbst für eine Überschrift mehr nach Wahlplakat als nach Journalismus. Im Zusammenhang mit Demografie (also der Forschung zum Bevölkerungswandel) ist der Begriff “Übermacht” unangebracht, da es bei Demografie nicht um Macht geht. Und auch das Wort “unaufhaltsam” enthält Wert- und Wunschvorstellungen, die erst mal mit Nachrichten-Journalismus nichts zu tun haben, sondern höchstens in einen Kommentar gehören.

Das ist der “Welt” dann wohl auch aufgefallen, denn schon kurz danach änderte sie den Titel in “Muslime – Die Gewinner des demografischen Wandels”. Ein Titel, an dem erst mal nichts auszusetzen ist. Doch da hatte ich mir den Artikel bereits näher angesehen, weil mir eine Unstimmigkeit aufgefallen war:

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Verlegerische Doppelmoral

“Bedrohungen für deutsche und polnische Lokalmedien” - Diskussionsveranstaltung der VIII. Deutsch-Polnische Journalistenakademie“Bedrohungen für deutsche und polnische Lokalmedien” war der Titel einer Diskussionsveranstaltung der VIII. Deutsch-Polnische Journalistenakademie (Organisiert vom “Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit” und der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung). Judyta Smykowski (Journalistik-Absolventin aus Darmstadt) berichtet in ihrem Blog darüber.

Es ging um polnischen und deutschen Regional- und Lokaljournalismus, dessen Zukunft und die Bedrohungen, die ihm zu schaffen machen. Soweit so normal und absehbar. Interessant fand ich, dass Dummheit und Gier offensichtlich grenzübergreifend sind: Denn einerseits wurde dort (mal wieder) “die Kostenloskultur im Internet angeprangert” angeprangert. Andererseits – und offensichtlich ohne sich dieses Wiederspruches bewusst zu sein – wollen die Verlage selbst kein Geld für Arbeitskräfte zahlen:

Von den Podiumsteilnehmern wurde nüchtern festgestellt: Praktika seien wichtig, man müsse auch mal ohne Geld arbeiten können, auch mehrere Monate lang…

Absurd, die Leute! Realsatire vom Feinsten!

Natürlich kann ein Berufsanfänger nicht für jedes Praktikum Geld erwarten – je höher der Ausbildungsanteil, desto weniger Geld kann ein Praktikant erwarten – und dazu gehören auch praktische Übungen (jedoch mit differenziertem Feedback). Für ein Erstpraktikum (ohne praktische Journalismus-Erfahrung) sollte kaum jemand ein Gehalt erwarten.

Meist jedoch wird jedoch von Prakties erwartet, dass sie wie Festangestellte arbeiten und eine Ausbildung findet im Redaktionsalltag kaum gezielt statt.

Update, 10.10.2013: Bester Beleg für meine Behauptung: Eine 18-jährige Praktikantin des lokalen Radiosenders “Energy Nürnberg” hat einen Beitrag des Fürther Satire-Blogs “Der Postillon” zum Blitzmarathon vom Donnerstag ernst genommen – und damit mächtig für Wirbel gesorgt.

Die Praktikantin selbst sei “fix und fertig und erst einmal nach Hause gegangen”, erzählte Hajek. Sie hätte erst am 1. Oktober ihr Praktikum begonnen, sei direkt von der Schule gekommen und hätte keinerlei journalistische Erfahrung.

 

q.e.d.

 

Siehe auch:

Weitere Artikel in der Rubrik Journalismus.

 

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Nachruf auf die FTD: Da warens wieder zwei…

Financial Times Deutschland: Der Schlussstrich ist gezogen

Es war einmal, da gab es zwei Wirtschaftstageszeitungen in Deutschland. Eine war so neoliberal, das der Präsident des BDI dort seine Reden abschreiben lassen konnte. Und die andere war so Unternehmer-hörig, dass in ihr die Reden des Präsident des BDI täglich in sprachlich veränderter, aber inhaltlich nur unwesentlich variierter Form als Kommentare erschienen.

Eine davon war die F.A.Z. Die andere war das Handelsblatt. Was sie gemeinsam hatten: Abgesehen von der Titel- und der Meinungsseite bestand ihre Wirtschaftsberichterstattung primär aus der geringfügigen Veränderung (aber nicht unbedingt Verbesserung) von Agenturmeldungen und Pressemitteilungen. Und das war gut so, denn das liebten die mitteilenden Unternehmen und die von ihnen unterstützten Verbände. Und so schalteten sie dort fleißig Anzeigen.

Wer damals Volkswirtschaft studierte und neben Fachliteratur auch etwas über die Realität lesen wollte, konnte sich mit solcher Verschwendung von Papier nicht zufrieden geben. Der Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung (und der Economist) waren damals die einzigen (unbefriedigenden) Möglichkeiten, der stumpfen Firmenhofberichterstattung zu entfliehen.

Bebilderung war in der FTD trotzdem manchmal Glücks- bzw. Pechsache

Trotz aller Qualität: Die Bebilderung war auch in der FTD manchmal Glücks- bzw. Pechsache

Dann kam der Aktien-Boom und damit ein vermehrtes Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit an Wirtschaftsnachrichten. Und plötzlich eine neue Zeitung. Eine positive Entwicklung: Die Financial Times Deutschland (FTD) machte aus journalistischer Sicht von Anfang an alles richtig. Eine moderne Schreibe, gutes Layout, eine internationale Ausrichtung, sowie fundierte und kritische Hintergrundberichte. Kaum Abtippen von Pressemitteilungen und Abdrucken von Lobby-Reden. Ein Blatt, das jeder Wirtschaftsinteressierte gern las und anregend fand. Und das sogar von der Konkurrenz gelobt wird. Was sollte da schief gehen?

 

Jetzt hat die FTD ihr Erscheinen eingestellt, die Redaktion ist entlassen, die Druckmaschinen erkaltet, die Abos gekündigt. Was ist schief gegangen? Gibt es keinen Bedarf für eine moderne, journalistische Wirtschaftszeitung in Deutschland?

Die Wahrheit ist: Doch! Aber der Markt für Zeitungen ist kein Markt für Qualitätscontent. Über die verkaufte Auflage kann sich keine Zeitung in Deutschland finanzieren. Der entscheidende Markt, über den sich Zeitungen finanzieren, ist der Anzeigenmarkt. Dabei geht es nicht etwa darum, einfach nur freie Werbeplätze zu vertreiben, sondern darum positive Aufmerksamkeit der LeserInnen an die werbenden Kunden zu verkaufen. Dazu gehört nicht nur ein als Anzeige gekennzeichneter Kasten, sondern ein von der Berichterstattung her positives Umfeld. Und vielen Firmen war die journalistische Aufmerksamkeit, die die FTD generierte, aus ihrer Sicht nicht freundlich genug. Zumindest im Vergleich mit den Eingangs genannten willigen Werbe-Alternativen.

Natürlich hat die Financial Times Deutschland Anzeigen erhalten – ich will hier keineswegs unterstellen, dass sie von der Wirtschaft boykottiert wurde. Aber sie hat eben doch deutlich weniger Anzeigen erhalten, als das Handelsblatt oder die FAZ. Wer mal am gleichen Tag in allen drei Zeitungen geblättert hat, wird das bestätigen können. Insbesondere der besonders lukrative Handelsregisterauszugs-, Ausschreibungs- und Stellenanzeigenmarkt ist der FTD weitgehend verschlossen geblieben.

Die Financial Times Deutschland ist nicht an zu geringen Abo- und Verkaufszahlen eingegangen. Es gibt zahlreiche “Zeitungen” in Deutschland, die deutlich weniger Leser vorweisen können, als die Financial Times – und dass, obwohl sie sogar kostenlos verteilt werden. Dennoch überleben diese Blätter und werfen sogar Gewinne ab. Weil sie genug Anzeigenkunden haben, denen sie ein “positives Umfeld” bieten. Dass sich diese Druckwerke keine “Redaktion” leisten, die diesen Namen aus journalistischer Sicht verdient, scheint dem “positiven Umfeld” dabei keineswegs abträglich zu sein.

Bei der Financial Times Deutschland kam erschwerend hinzu, dass es hier nie um das reine Überleben der Zeitung ging. Die FTD sollte auch Gewinn abwerfen. Und zwar doppelt: Für die Lizenzgeber der Mutterzeitung in England und für den herausgebenden Gruner + Jahr Verlag. Der G+J Mutterkonzern Bertelsmann ist dafür bekannt, von seinen Töchtern eine Umsatzrendite von mindestens 10% zu verlangen.

Wenn der Anzeigenmarkt jedoch Qualität in der (Wirtschafts-)Presse nicht honoriert: Ist dann qualitativ hochwertiger Wirtschaftsjournalismus in Deutschland überhaupt möglich? Ich meine: Nein. Zumindest nicht, solange dafür Tonnen von Papier bedruckt und durch die Republik geschickt werden müssen.

Mit neuen Finanzierungskonzepten und Zielgruppen-orientierten Angeboten auf Basis von Online-Diensten sehe ich dagegen durchaus ein Potential, eine gute Wirtschaftspresse zu etablieren. Denn Bedarf und Zahlungsbereitschaft für gutem und exklusiven Wirtschaftscontent gibt es durchaus – nicht aber für den Pressemitteilungsabdruck oder dpa -News.

Wie das aussehen könnte? Das ist eine andere Geschichte. Die ich vielleicht demnächst mal hier diskutiere. Zunächst muss ich aber wieder häufiger auf den Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung zurückgreifen. Denn Handelsblatt oder FAZ werde ich mir (auch heute) nicht antun. Da hat sich in den letzten 12 Jahren – wie meine gelegentlichen Stichproben zeigen – herzlich wenig getan.

 

 

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Grüne Urwahl. Gute Urwahl?

Die Grünen haben ihre “SpitzenkandidatInnen” für die kommende Bundestagswahl in einer Urwahl bestimmt (allgemein zum Begriff “Urwahl” und dessen Herkunft).

War das eine gute Idee? Hat das zu einem guten Ergebnis geführt? Was schreibt die Presse darüber?

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