Die Finanzmärkte sind schneller in der Adaption der “neuen” Blockchain-Technologie als die skeptischen Endnutzer, für die Bitcoin ursprünglisch entworfen wurde und die von den gleichen Journalisten verunsichert werden, die Wirecard hochgelobt haben.
Die US Börsenaufsichtsbehörde SEC hat heute 11 Bitcoin-basierte ETFs (Exchange Traded Funds) genehmigt. Diese werden (müssen) Einlagen 1:1 in Bitcoin-Käufe umwandeln und bei Auszahlungen auch wieder verkaufen. Die Anteile an diesen ETFs werden auch an den Finanzmärkten gehandelt (das Listing ist bereits erfolgt und der Handel damit soll bereits morgen beginnen).
Das Statement der SEC dazu, erläutert auch die Gründe und Grenzen der Aussagekraft dieser Genehmigung.
Dieses macht Bitcoin für institutionelle Anleger deutlich einfacher zugänglich und gilt auch als Ritterschlag für Bitcoin als (spekulatives) Investment. Das ist ein großer Schritt für Bitcoin – aber auch einer, der die Kryptowährung noch weiter von seinen Ursprüngen als Wärung für die Endnutzer entfernt. Freuen wird es alle, die langfristig in Bitcoin investiert haben und schon lange an die Kryptowährung glauben.
Auswirkungen: Es wird kurz- bis mittelfristig zu einer deutlich erhöhten Nachfrage nach Bitcoin durch Finanz-starke Anleger führen. Es könnte dazu führen, dass die kurzfristigen Kursschwankungen bei Bitcoin abnehmen (ETFs sind eher langfristige Anlagemodelle) und sich die kurzfristige Spekulation teilweise auf den Handel der Fondsanteile verlagert.
Andererseits können sich grundlegende real-ökonomische Entwicklungen (Schocks) noch stärker auf den Bitcoin-Kurs auswriken, da die Fonds eine Liquiditäsreserve für die Anleger darstellen – Zu- und Abflüsse werden daher immer groß sein (und tendentiell massive Auswirkungen auf den Kurs haben).
Natürlich bleibt eine Investition in Bitcoin weiterhin ein großes Risiko. Der SEC Chairman Gary Gensler schreibt dazu explizit – und korrekt:
Investors should remain cautious about the myriad risks associated with bitcoin and products whose value is tied to crypto.[8]
Statement der SEC vom 10.1.2024
Weitere Überlegungen dazu:
Meine langfristigen Beobachtungen der Bitcoin-Kursentwicklung – durch die SEC Entscheidung wird meine These “Cryptos are here to stay” auf jeden Fall unterstützt.
Reduziert die SEC Entscheidung das Risko einer Bitcoin Investition?
Das Risiko, dass Bitcoin komplett verschwindet (was viele Finanzanalysten und Journalisten seit Jahren verbreiten) oder Bitcoin völlig wertlos wird (ebenfalls eine verbreitete These) , ist durch diese Entscheidung deutlich geringer geworden. Ich würde sogar sagen, Null – aber da kann man natürlich zu anderen Einschätzungen kommen.
Es stärkt Bitcoin sogar gegenüber andere – konkurrierenden – Kryptowährungen. Ein Szenario, das ich bisher für sehr wahrscheinlich hielt, nämlich, dass Bitcoin von einer anderen, besseren Kryptowährung abgelöst wird, ist deutlich unwahrscheinlicher geworden. Insbesondere, da ein solcher Wettbewerber weiterhin nicht am Horizont sichtbar ist.
Trotzdem ist das Risiko von drastischen Kursverlusten von Bitcoin damit kaum geringer geworden – und in manchen (insbesondere kurzfristigen) Szenarien sogar wahrscheinlicher geworden. Der Kurs hängt nun mehr denn je auch an den Entwicklungen und Stimmungen der internationalen Finanzmärkte und der dort verfügbaren Liquidität.
Sind diese ETFs nun für normale (nicht extrem wohlhabende) Endanleger ein interessantes Investment?
Nein, denn bei geringen Anlagesummen werden die Fondsgebühren mögliche Gewinne stark reduzieren, wenn nicht sogar ganz auffressen, während die Anleger trotzdem das gesamte Risiko tragen. Lediglich Kauf, Verkauf und Aufbewahrung werden einem von den ETFs – gegen Gebüren – abgenommen. Das dürfte erst ab Investitionsummen im oder nahe am Millionenbereich attraktiv sein.
Sind nun weitere ETF Genehmigungen für andere Kryptowährungen zu erwarten?
Vermutlich eher nicht und auch sehr lange nicht. Das Statement der SEC stellt klar, dass ein wesentlicher Schwerpunkt seiner Tätigkeit der Schutz vor Kursmanipulationen ist. Die meisten Kryptowährungen haben ein so kleines Handelsvolumen, dass Kursmanipulationen (insbesondere “Pump and Dump”- Aktionen) nicht auszuschließen sind. Der nächstbeste Kandidat “Etherium” könnte groß genug sein – jedoch liegt sowohl die Menge der verfügbaren Ether als auch die Nutzungsgebühren (“Gas”) (noch) in der Hand einer zentralen nicht-regullierten Instanz, die damit in der Lage ist, den Handels-Kurs deutlich (auch manipulativ) zu beinflussen.
Wird die EU nachziehen?
Vermutlich. Der Druck der europäischen Finanz-Anbieter auf die Genehmigungsbehörden wird steigen, da diese mit ihren US Wettbewerbern konkurrenzfähig bleiben wollen. Spätestens die nächste Bitcoin Blase (meine Schätzung 2025/26) wird hier für den Durchbruch sorgen. In GB wird es vermutlich sogar schneller gehen, da der Finanzplatz London nicht hinter den USA zurückstehen will und die britische Regierung derzeit von allen Seiten unter Druck steht.
Disclaimer: Was hier auf NeunMalSechs über Bitcoin & Blockchain veröffentlicht wird, bedeutet weder Zustimmung zu oder Ablehnung von diesen Technologien. Ich betrachte sie wie das Rad, den Buchdruck, die Elektrizität und das Internet: Innovationen, mit denen wir umgehen müssen – persönlich, politisch und gesellschaftlich. Und dazu müssen wir sie verstehen.
Disclaimer 2: Der Autor hat in die in diesem Artikeln genannten Kryptowährungen investiert und profitiert daher von einem Kursanstieg.
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