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Aufgefallen war mir die Mina Blockchain wegen ihrer Behauptung, die kleinste Blockchain überhaupt zu sein. Ein paar hundert Kilobyts groß sei sie nur, wurde in einer Pressemitteilung behauptet und auch so auf der Web-Seite. Da wollte ich natürlich verstehen, wie das funktionieren kann. Aber zumindest auf der Web-Seite konnte ich erst mal nur Marketing-Sprüche finden, keine (verständliche) Erklärung, wie ein Ledger so klein sein kann.

Seit meinem ersten Besuch vor ein paar Tagen hat sich die Web-Seite verändert. Die oben zitierte Behauptung ist verschwunden (leider hab ich keinen Screenshot gemacht). Eine intuitive Erklärung fehlt jedoch immer noch. Ist Mina ein vertrauenswürdiges Projekt oder vielleicht doch nur ein Scam?

Erstes Fazit: Trotz ein paar positiven Beobachtungen, die nicht darauf hinweisen, dass Mina eine reine Abzocke ist, konnte ich (über die fehlende Intuitivität der Erklärung hinaus) einige Beobachtungen machen, die mich bei diesem Projekt eher zum Zweifel an der Seriösität des Unternehmens neigen lassen. Hier meine (vorläufige Analyse):

Vorbemerkung: Mina scheint noch sehr jung zu sein (seit Februar 2021) – daher sind manche Beobachtungen evtl. darauf zurück zu führen.

Positive Beobachtungen:

Folgende Aspekte sind gegeben:

  • Identifizierbare Urheber – die Leute hinter Mina sind zu indentifizieren. Glaubwürdig, soweit ich das prüfen konnte.
  • Lokal zu verorten: Die meisten Leute sind aus San Franzisco
  • Es gibt eine Code-Basis auf Github, die auch Aktivität aufweist.
  • Es gibt ein originäres (nicht einfach zusammengeklautes) technisches White Paper, dass zumindest so mathematisch ist, dass ich es als nicht-Mathematiker / Informatiker nicht als völligen Bullshit abtun kann. Das ist zwar nicht schön, aber zeugt von einer gewissen techn./mathematischen Kompetenz.

Kritische Beobachtungen:

  • Beschränkte Kontaktmöglichkeiten: Die Webseite bietet nur ein Postadresse und eine Chat zur Kontaktaufnahme – keine E-Mail Adresse, kein Formular. Und der Chat-Bot fragt erstmal meine E-Mail Adresse ab.
  • Hinter dem Projekt steht laut Seite eine Firma namens “O(1) Labs” (ebenfalls San Francisco), bei der auch die meisten Entwickler angestellt seien. Die Webseite von O(1) Labs listet als einzige Aktivitäten Mina und ein Open Source Software-Produkt , das ebenfalls bein Mina zum Einsatz kommt. Womit sie ihr Geld verdienen und was sie sonst so zustande gebracht haben (Referenzen), ist unklar.
  • O(1)Labs CEO Evan Shapiro hat während seines Studiums an der Carnegie Mellon University (2015) laut seine LinkedIn Profil nur ein Praktikum bei der Mozilla Foundation gemacht und dann nach seinem Abschluss (2015) eine zweijährige Lücke bis zur Gründung der O(1) Labs angeblich in 2017 (ausgerechnet in dem Jahr, in dem die erste Bitcoin Blase der ganzen Welt offenkundig machte, dass man mit Blockchain-Projekten schnelles Geld machen kann. Und der Launch von Mina erfolgt ausgerechnet ein paar Monate nachdem Bitcoin seine 2. Blase hinlegt. Hm…
  • Wenn ich auf der WebSeite auf “Documentation” klicke, bekomme ich eine 404 Fehlermeldung (siehe Screenshot). Grundsätzlich ist die Dokumentation (in Englisch) jedoch vorhanden – aber die Seite scheint eine Herkunftserkennung zu haben, die dem Link eine Sprache zuweist – und eine Deutsche Sprachversion gibt es nicht. Das ist direkt erst mal kein Hinweis auf Unseriösität – aber in zweierlei Hinsicht bedenklich:
    • 1.) Deutet es auf mangelnde Qualitätskontrolle hin – was bei Blockchain-Projekten ein absolutes NoGo ist. Und
    • 2.) Eine Sprachweiche baut und konfiguriert man nicht versehentlich, sondern mit klarer Absicht – und läßt sie dann nicht einfach unkonfiguriert. Was ein Zeichen dafür sein könnte, dass die Web-Seite geklaut oder recycled worden sein könnte.
  • Wie andere Cryptos preist Mina als angeblich dezentrales Projekt auch seine Community. Doch der Link aufs Forum – die einzige schwer zentral kontrollierbare Community Plattform – zeigt auf eine leere Seite. Eine echte Community scheint es also noch gar nicht zu geben – und das der Forum-Link trotzdem auf der Seite eingebaut ist, stützt die oben genannte These, dass die Web-Seite geklaut oder recycled worden sein könnte.
  • Incidents: Zero. Mina unterhält eine Seite, die den Status des Mina Netzes wiedergeben soll. Zu meinem Erstaunen: Im gesamten April 2021 keine Incidents (siehe Sceenshot). Und auch in den vergangenen Monaten: Keine Incidents (siehe Sceenshot)! Entweder sind die Mina-Entwickler Super-Programmierer – oder hier stimmt was nicht. Ich jedenfalls kenne kein einziges IT System, dass ein so perfektes Incident-Log produzieren könnte. Hm….
  • Laut Webseite hat Mina bereits 41 Kooperationen an Land gezogen – angesichts der kurzen Existenz der Blogchain (und der hier genannten Shortcommings) eine eher unwarscheinliche Zahl – aber die Überprüfung dieser “Referenzen” überlasse ich euch selbst. Aber es könnte sein, dass viele der dort genannten Unternehmen, Projekte und Personen auf Nachfrage keine Empfehlung für Mina aussprechen würden.
  • Inzwischen ist nicht nur das Mina Mainnet gestartet, sondern auch ein Token-Verkauf hat statt gefunden. Trotzdem gibt es kein Wallet für Mina. Wer wirklich sucht, findet einen Hinweis auf einen “Client” (mit unbekannter Funktionalität). Der zudem nicht als Windows-Software verfügbar ist und auch unter Linux ausschließlich als Kommandozeilen-Applikation existiert. Also praktisch nur für Technik-Nerds zugänglich ist.
  • Es gibt eine Möglichkeit, die Transaktionen oder Bestände der Mina Blockchain einzusehen. Null, nada zero, nix. 🙁 Weder fürs Testnet, noch fürs Mainnet.

Die Nakamoto-Analyse

Diese Analyse – angelehnt an die Ansprüche im Bitcoin-Whitepaper – erlaubt eine erste Einordnung in das Feld der Kryptowährungen:

Dobble-Spending
Sicherheit
Theoretisch: Ja
Prakisch: ca. 3 Monate
TransaktionsbestätigungProof-of-Stake
Coin Mengeunbegrenzt (7% Inflation langfristig geplant)
DezentralAngeblich, aber kein Konzept verständlich dargelegt
Open SourceJa
AnonymitätUnbekannt

Während es mir schwer fällt, die mathematisch-technischen Ideen hinter dem Mina-Protokoll einzuschätzen, sehe ich eine ziemlich unsystematisch-hektische Aktivität, um schnell noch auf den Krypto-Zug aufzuspringen, der jedoch den von Bitcoin u.a. definierten Anforderungen an Dezentralität und Transparenz nicht gerecht wird.

Während ich Mina nicht per se als Betrug abtun würde, kann ich allen technisch nicht sehr versierten Menschen derzeit von Mina nur abraten. Technik-Freaks können den technischen Ansatz vielleicht besser bewerten – aber unabhängige, fundiert-positive Empfehlungen habe ich bisher nirgends finden können.

Diese Analyse ist natürlich völlig vorläufig. Ich werde sie bei neuen Erkentnissen natürlich updaten.

Disclaimer: Was ich hier über Kryptowährungen & Blockchain-Technologie schreibe, bedeutet weder Zustimmung oder Ablehnung zu diesen Technologien. Ich betrachte sie wie das Rad, den Buchdruck, die Elektrizität und das Internet: Innovationen, mit denen wir umgehen müssen – persönlich, politisch und gesellschaftlich. Und dazu müssen wir sie verstehen.

Disclaimer 2: Ich bin in andere als die in diesem Artikeln diskutierte Krypto-Währunge investiert und profitiere daher potentiell von deren Kursanstieg / einem Misserfolg der Genannten.