Ein Gastbeitrag von Alex Soziol
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Selektion und Leistungsprinzip im deutschen Schulwesen
2.1 Funktionen des deutschen Schulwesens
2.2 Chancengleichheit, Leistungsprinzip und soziale Selektivität
3 Schichtspezifische und familiale Faktoren für Bildungsbiografien
3.1 Armut: Das Mehrdimensionale Problem
3.2 Kinderarmut in Deutschland
3.3 Gesundheitliche Folgen
3.4 Familiale Faktoren
4 Institutionelle Faktoren für Bildungsbiografien
4.1 Elementarbereich
4.2 Schule
5 Primäre und Sekundäre Herkunftseffekte nach Raymond Boudon
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Kino-Merkzettel
Okt. 27
Hotel Lux
Im Jahr 1938 fällt der eigentlich unpolitische Kabarettkomiker Hans Zeisig (Michael Bully Herbig) plötzlich wegen einer überzogenen Hitler-Parodie in Ungnade und sieht sich gezwungen nach Moskau zu fliehen. Dort steigt er im Hotel Lux ab, dem legendären Zufluchtsort kommunistischer Funktionäre aus aller Welt. Aufgrund eines Missverständnisses wird er hier fortan für den Leibastrologen Adolf Hitlers gehalten, was sogar bis zu Stalin durchdringt. Dieser will ihn mit aller Gewalt abwerben. Zusammen mit seinem früheren Bühnenpartner Siggi Meyer (Jürgen Vogel) und der niederländischen Untergrundkämpferin Frida (Thekla Reuten), die ebenfalls im Lux abgestiegen sind, versucht Hans den Machenschaften zu entfliehen.
Regie: Leander Haußmann, Darsteller: Jürgen Vogel, Thekla Reuten, Alexander Senderovich
Ab Donnerstag, 27. Oktober im CinemaxX Darmstadt.
Behzat Ç
Behzat Ç. (Erdal Beþikçioðlu) arbeitet für das Morddezernat und ist spezialisiert auf Verbrechen üngewöhnlicher Art. Diemal jedoch bekommt er es mit einem Mordfall der etwas anderen Art zu tun: In einem Jugend-Park wird ein Sarg mit einer ältere Dame darin gefunden. Wie sich später herausstellt, wurde die Frau lebendig begraben. Erste Spuren deuten auf einen Komplott innerhalb der Polizei hin. Je mehr Behzat Ç. sich mit dem Fall beschäftigt, desto tiefer gerät er in den Strudel einer korrupten Organisation aus hochrangigen Polizeibeamten in den eigenen Reihen, die sich ihm nun bei den Ermittlungen in den Weg stellen. Bei der Suche nach dem Mörder ist Behzat Ç. nun auf sich alleine gestellt und sieht sich zusätzlich mit Verschwörung und Korruption konfrontiert.
Regie: Serdar Akar, Darsteller: Erdal Beþikçioðlu, Tardu Flordun, Fatih Artman
Ab Freitag, 28. Oktober im Citydome Darmstadt.
Die Abenteuer von Tim und Struppi (OV)
Combining the stories of „The Crab with the Golden Claws“, „The Secret of the Unicorn“ and „Red Rackham’s Treasure“, the film depicts Tintin’s (Jamie Bell) first encounter with Captain Haddock (Andy Serkis) and the discovery of a clue to the treasure of his ancestor Sir Francis Haddoque. They set out to find it with protection from a prison escapee who tried to get the treasure as well as Detectives Thompson and Thomson (Simon Pegg and Nick Frost).
27th October – 02nd November at Citydome
(2007 als Selbstvorstellung in der Xing-Gruppe „Schule“ ( https://www.xing.com/net/pri8bfdf6x/realschule ) geschrieben)
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Kinder sind keine Fässer, die gefüllt,
sondern Feuer, die entfacht werden wollen.
(Rabelais, 1490 – 1553)
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Schon meine ersten Berührung mit dem Thema „Schule“ war intensiv, langjährig und prägend und hat mir zu folgenden grundlegenden Erkenntnissen verholfen:
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1.) Es gibt gute und schlechte Lehrer und Lehrerinnen. Sie unterscheiden sich vor allem darin, ob sie Spaß am jeweiligen Fach vermitteln können, oder nicht.
2.) Motivation, Leistung und Noten von Schülern und Schülerinnen sind zu 70% vom Lehrer / von der Lehrerin abhängig.
3.) Schule ist ein permanenter Kampf ums Überleben: Schüler/innen werden zerrieben zwischen den Erwartungen der Eltern, Lehrer, Klassenkameraden und Freunden. Raum und Zeit, um gezielt eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, bleibt kaum.
4.) Noten sind eindimensional, subjektiv, ungerecht und assozial. Sie sind der primitive Versuch, die komplexen Vorgänge des Denkens, Lernens, Sozialverhaltens und der Persönlichkeitsentwicklung auf eine [meist: diskretes] Nummernspektrum zwischen 1 und 6 abzubilden. Keine halbwegs intelligente Person könnte das bei objektiver Analyse für angemessen halten. Trotzdem hängt fast das ganze Leben davon ab.
Deshalb:
5.) Im Zweifel gilt: 4 gewinnt und vieles was verboten ist, ist im schulischen Überlebenskampf dennoch legitim (solange man nicht erwischt wird).
6.) Das Abi bekommt man am einfachsten, wenn man strebsam und fleißig ist. Intelligenz spielt weniger eine Rolle, kann aber nachhaltig schaden – vor allem wenn man wagt, die Meinung der Lehrer in Frage zu stellen. Denn Lehrer wissen es besser – meinen sie.
7.) Wenn du eine Wahl hast, wähle nach Lehrern, nicht nach Fächern.
8.) Für die Abschlüsse lernen wir, nicht für das Leben. Nach dem Abschluss gilt: Neues Leben, neues Glück.
9.) Die wichtigsten Dinge fürs Leben habe ich gelernt, in dem ich mich am Schulsystem gerieben habe.
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Wie es dazu kommen konnte?
Bereits in der Grundschule „genoss“ ich die beiden gegensätzlichen Typen des Lehrertums:
Den Typ „gemütlichen, lustigen, erzählfreudigen Kumpel“, der in uns die Lust an Themen, Geschichten, Geschichte, Theater und Schule weckte.
Den Typ „harter, strenger Pauker“, unfähig, den Sinn und Zweck ihres Unterrichtes zu vermitteln und unwillig, Lob oder Motivation als seiner würdig zu betrachten.
Ich „entkam“ der Orientierungsstufe (nds. Bildungskompromiss Mitte der 80er) um ein Jahr und qualifizierte ich mich für die Champions League des Schulsystems, ohne mir der Bedeutung dieses Ereignisses wirklich bewusst zu sein. In der Folge konnte ich so früher als die nachfolgenden Jahrgänge Erfahrungen als Fahrschüler an einem hoffnungslos überfüllten niedersächsischen neusprachlich-naturwissenschaftlichen Gymnasium sammeln.
Schlimmer jedoch war, dass erschreckend viele Lehrer (sog. (Ober-)Studienräte) unfähig oder desinteressiert waren, ihren Unterrichtsstoff angemessen zu vermitteln, geschweige denn die Schüler zu begeistern. Unangepasste Schüler wurden oft durch menschenverachtende Sprüche und gezielte Ungleichbehandlung schikaniert. In einem Fall wurden sogar die Eltern einer (sehr intelligenten, aber unangepaßten) Mitschülerin mit Erfolg unter Druck gesetzt, damit diese sie in einer anderen Schule unterbrachten.
Als Gründer und Chefredakteur der lokalen Schülerzeitung und später als Schülervertreter habe ich mich dann ausführlich mit den niedersächsischen Schulgesetz, Lehrplänen und Verwaltungsakten auseinandergesetzt, bis ich die Tricks (und zum Teil sogar Lügen) der Lehrer durchschaute, aber nicht immer durchkreuzen konnte. Außerdem war ich zwei Jahren lang im Vorstand der lokalen Kreisschülervertretung. Ein großer Erfolg war die Verhinderung der von Ernst Albrecht (CDU Ministerpräsident, Nds.) geplanten Abi-Deform durch massivste Schülerproteste.
Natürlich gab es auch fähige Lehrer, doch diese waren in der Minderheit. Mit ihnen zusammen haben wir in der Gesamtkonferenz (ca. 60 LehrerInnen, fünf SchülerInnen) einen dreijährige Kampf um die Einführung einer Projektwoche geführt. Überhaupt war die Teilnahme an dieser Veranstaltung besonders geeignet, mehr als ernsthafte Zweifel an den besonderen Befähigungen von Lehrern zu wecken. Die Auseinandersetzung bewegte sich oft auf erschreckend primitivem Niveau.
Durch eine jüngeren Bruder, der eine Waldorf-Schule besuchte und für den ich die Hausaufgaben- und Lern-Betreuung übernahm, habe ich auch spannende Einblicke in diese alternative Schulform gewonnen.
Eigene Lehr-Erfahrungen konnte ich bereits 15-jährig als Jugendgruppenleiter der evang. Jugend und bald darauf als Dozent bei Schülerzeitungsseminaren sammeln.
Weitere eigene Lehr-Erfahrungen: Während des Studiums habe ich als Übungsleiter an der Universität Konstanz Datenverarbeitung unterrichtet. In den ersten Jahren der Berufstätigkeit war ich häufig als Dozent in der Erwachsenenbildung aktiv (Journalisten-Weiterbildung, Akademie der deutschen Wirtschaft, VHS etc).
Nach der Geburt meines Sohnes habe ich als Elternbeirat(-svorsitzender) in einer Münchener Kooperationsstätte (>100 Kinder aus Krippe und Kindergarten in gemischten Gruppen) in einem städt. Problemgebiet gewirkt. Dort wurde besonders offensichtlich, dass dringende Probleme wegen einem Mangel an pädagogischer Ausbildung der Erzieherinnen / Kinderpflegerinnen (obwohl diese überwiegend mit hohem Engagement arbeiten) unbehandelt blieben.
Dank eines Job-Wechsels sind wir nun dem bayrischen Beschleunigungs-Wahn entkommen und habe meinen Sohn kürzlich in einer hessischen Schule einschulen können (Eingangsstufe). Trotzdem habe ich in den bisherigen Diskussionen den Eindruck gewonnen, dass auch hier in Hessen viele Entscheidungen weitgehend ideologisch – und an der Bedürfnissen der Kinder vorbei – fallen.
Seit ein paar Jahren versuche ich außerdem, 4 Nichten und 2 Neffen bei ihren Schul-Bemühungen zu unterstützen. Dabei stelle ich leider fest, das sich das größte Problem in den letzten 20 Jahren nicht verändert hat:
An der Schule wird Kindern und Jugendlichen systematisch der Spaß am Lernen ausgetrieben.
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When we grew up and went to school
There were certain teachers who would
Hurt the children in any way they could
By pouring their derision
Upon anything we did
And exposing every weakness
However carefully hidden by the kids
(Pink Floyd – The Happiest Days of our Lives)
We don´t need no education
We don´t need no thought control
No dark sarcasm in the classroom
Teachers! Leave The Kids alone
All in all – you are just another brick in the wall
(Pink Floyd – Another brick in the Wall, Part 2)
Abirede (1987)
Okt. 26
Bildungsabschlüsse
Kultusminister finden Abi wertvoller als Lehre
http://www.spiegel.de/schulspiegel/abi/0,1518,793288,00.html
Anmerkung vonM.K. dazu:
Zwar ist die berufliche Qualifikation im EQR einigermaßen abgebildet,
> jadoch gibts auch hier gravierende Mängel und Fragen. Gerade der
> Spiegelartikel wirft diese wieder auf. Eine zum Beispiel wäre, ob
> eine Ausbildung im dualen System mit ein paar Jahren Berufserfahrung
> und einer wissenschaftlichen Zusatzqualifikation nicht einen BA.
> gleichgesetzt werden kann.
> Daneben gibt es auch das Problem der Anerkennung ausländischer
> Bildungsabschlusse. Ein Beispiel: in den USA ist Krankenschwester
> ein Studiengang, in Deutschland ein Ausbildungsberuf.
> Was nun? Bekommt die dt. Krankenschwester automatisch das
> Diplom, wenn sie in den USA arbeitet oder wird das Diplom der
> US-Nurse hier nicht anerkannt.
> Das ist nur ein Beispiel von Vielen, da es in nur selten eine
> Berufsausbildung nach dem daulen System gibt.
> Wo ist also die richtige Einordnung der Berufsausbildung im EQR?
>
> Das betrifft am Rande auch die Studiengänge. Denn hier müssen auch
> Anpassungen gemacht werden. (z.B. bei der Berufspädagogik und
> der Lehrerausbildung). Aber das geht schon in den gesamten Umbau
> der Bildungspolitik, die eben nicht nur Schule und Studium, sondern
> auch Berufsausbildung und berufliche Weiterqualifizierung beinhaltet.
„Abiturienten sind doch nicht besser als andere“
Bildungspolitiker wollen sämtliche Abschlüsse in Europa in ein einheitliches Raster pressen. Doch wahre Bildung entzieht sich dem ökonomischen Kalkül. Sie lässt sich nicht in Euro ausdrücken.
http://www.sueddeutsche.de/karriere/streit-ueber-den-wert-des-abiturs-ohne-mass-1.1195839
Chancengleichheit: Ich Arbeiterkind
Er ist der Sohn einer Friseurin und eines Kaminkehrers. Sein Lehrer traute ihm nicht viel zu und empfahl die Hauptschule. Unser Autor Marco Maurer erzählt, wie ihm gegen die Mechanismen des Schulsystems der Aufstieg gelang. Sehr eindrucksvoll und lesenswert!
Robert Roedern – Grundschullehrer und Schulpsychologe der Staatlichen Schulberatung in Bayern auf die Frage der SZ nach dem Schulsystem:
Halten Sie eine Leistungsselektion nach der vierten Klasse für richtig?
Das kommt darauf an, in welcher Rolle Sie mich fragen: Als Lehrer und Schulpsychologe bin ich Beamter und Teil dieses Systems und versuche den Menschen zu helfen, sich darin bestmöglich zurechtzufinden. Als mündiger Staatsbürger würde ich andere Modelle bevorzugen. Ich habe jetzt wieder eine erste Klasse und es ist toll zu sehen, mit welcher Neugier und Lust Kinder lernen. Ich frage mich, wie es uns gelingt, diese so lange wie möglich zu erhalten – und ob Noten und Notendruck dabei hilfreich sind.
Quelle: SZ, 28.1.2013
Schulflucht aus Bayern: Rübermachen nach Baden-Württemberg
Bildungsserver-Wiki: Dreigliedriges Schulsystem
Überblick und historische Entwicklung
http://wiki.bildungsserver.de/index.php/Dreigliedriges_Schulsystem
Privatschulen boomen, Chancengleichheit leidet
Studie der Böckler-Stuftung
http://www.boeckler.de/impuls_2012_10_3.pdf
Studis online:
Geschichte und Funktion des dreigliedrigen Schulsystems
http://www.studis-online.de/HoPo/Bildungsstreik/schulstruktur.php?seite=2
Die Zeit:
Uns braucht keiner
Der Hauptschulabschluss hat einen üblen Ruf. Wer nicht mehr vorweisen kann, muss sich auf viele Absagen gefasst machen. Unsere Autorin hat drei Hauptschulabgänger zwei Jahre lang begleitet.
http://www.zeit.de/2011/35/Hauptschueler
Grüne Jugend Güthersloh:
Dreigliedriges Schulsystem vs. Gesamtschule
http://www.gjgt.de/w/Dreigliedriges_Schulsystem_vs._Gesamtschule
Die Welt
Warum das dreigliedrige Schulsystem versagt
http://www.welt.de/politik/article772149/Warum_das_dreigliedrige_Schulsystem_versagt.html
100 Schulleiter fordern Gemeinschaftsschulen
In Baden-Württemberg proben Leiter von Grund- und Hauptschulen den Aufstand und fordern das Ende des dreigliedrigen Schulsystems. Das frühe Sortieren der Kinder nennen sie ungerecht, pädagogisch falsch, schmerzhaft – und greifen den Kultusminister per Brandbrief frontal an.
In der Debatte um die Zukunft der Hauptschule haben in Baden-Württemberg nahezu 100 Schulleiter Kultusminister Helmut Rau in bislang unbekannter Offenheit attackiert: Gleich die Mehrheit der Leiter der Grund- und Hauptschulen in der Region Oberschwaben forderte von Rau in einem Brief den „überfälligen Wechsel“ vom dreigliedrigen Schulsystem zur Gemeinschaftsschule, in der Kinder über die vierte Klasse hinaus miteinander lernen.
Nach Angaben der Initiatoren des Briefes, mehrere Rektoren aus Oberschwaben, haben bereits 96 von 131 angeschriebenen Schulleitungen im Kreis Ravensburg und im Bodenseekreis den Protestbrief unterzeichnet. „Das ist ein klares Votum“, erklärten die Initiatoren am Dienstag. Das Festhalten des Landes am starren dreigliedrigen System gefährde zahlreiche Standorte, widerspreche internationalen Erfahrungen und sei gegenüber den Schülern ungerecht.
Der offen Brief:
http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,481826,00.h…
Bericht auf Spiegel Online:
http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,481824,00.h…
Besonders interessant fand ich folgenden Passus in dem Brief, über den ich so noch nicht nachgedacht hatte:
Welche Gesinnung vermitteln wir unseren Kindern, wenn diese im Alter von neun oder zehn Jahren schmerzlich erfahren, dass sie in drei hierarchisch angeordnete Kategorien eingeteilt werden? […] Grundschulkinder machen von sich aus zunächst den Wert eines Klassenkameraden nicht an seinen schulischen Leistungen fest. Hier werden Wertevorstellungen angebahnt, welche die Einstellung verfestigen, ein Anwalt sei „mehr wert“ als ein Maurer.
GEW: „Dreigliedriges Schulsystem überholt“
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass der Lernerfolg in heterogenen Gruppen höher sei als in „scheinhomogenen“, wie an deutschen Schulen üblich.
http://bildungsklick.de/a/6089/gew-dreigliedriges-schulsystem-ueberholt/
Studis online:
Kurze kommentierte Literaturliste
http://www.studis-online.de/HoPo/Bildungsstreik/schulstruktur.php?seite=3
Ich habe grundsätzliche Zweifel an der Vergleichbarkeit von Äpfeln und Birnen. Alle Versuche, sowohl Lernen (durch Noten) als auch Lehre vergleichbar zu machen, stoßen bei mir auf erhebliche Skepsis bis hin zur Ablehnung.
Sie sind überwiegend primitive Versuche, die komplexen Vorgänge des Denkens, Lernens, Sozialverhaltens und der Persönlichkeitsentwicklung sowie der räumlichen, sozialen und wirtschaftlichen Randbedingungen auf ein Nummernspektrum (meist: zwischen 1 und 6) abzubilden. Keine halbwegs intelligente Person könnte das bei objektiver Analyse für angemessen halten.
Der Wunsch nach Vergleichbarkeit stammt aus der finstersten Ecke der massenproduzierenden Industriegesellschaft und dem Bedürfnis des (sozialistischen) Zentralstaates alles unter seiner Macht stehende messen, wiegen und kontrollieren zu können.
Wenn man aber – wie ich – eine Bewertung als Feedback auf vergangene Bemühungen (ggf. unterbliebene solche) nicht grundsätzlich falsch findet, muss sich Gedanken machen, wie diese sinnvoll vorgenommen werden soll.
Wer glaubt, dass der Bildungs-Erfolg ausschließlich von den Bemühungen der Lernenden abhängt, kann getrost eine Bewertung der Lehre vernachlässigen. Wer aber anderer Meinung ist, sollte ein direktes Feedback vom Kunden (nämlich: den Schülern) zulassen und auch aktiv einfordern. Keine akademische, kultusministerielle Lehr-Evaluation kann leisten, was Schüler-Feedback leisten kann. Leider jedoch sind unser Schulen jedocch zentralistisch, obrigkeits-staatlich organisiert und am geringsten zählt in der Schule der Kunde. Dabei kann niemand die pädagogische Leistung eines Lehrkörpers besser einschätzen, als die Schüler. Doch dieses Feedback wird an den Schulen – vermutlich zu recht – unendlich gefürchtet.
Ob die verschiedenen entsprechenden Internet-Portale (und ihre Methoden) dafür die beste Lösung sind, darüber kann man gerne streiten. Doch solange die Schulen selbst keine geeigneten Feedback-Mechanismen anbieten und die Schüler einfach übergehen, sind die Portale nicht nur sinnvoll, sondern dringend notwendig!
Manche wenden ein, eine solche öffentliche Bewertung verletze die Persönlichkeitsrechte der Lehrkräfte. Lehrer sind Personen des öffentlichen Interesses: Sie entscheiden jährlich über das zukünftige Schicksal von vielen jungen Menschen, im Laufe ihrer Tätigkeit über die Zukunft von Zehntausenden! Wie können sie sich da hinter solchen Schutzbehauptungen verstecken? Unterricht ist keine Privatangelegenheit! Wer das als Lehrer glaubt, hat in meinen Augen den Beruf verfehlt.
Im übrigen habe ich vor vielen Jahren an der Uni studentische Dozenten-Bewertung betrieben. Da hatten wir ähnliche Diskussionen, die letztlich alle zugunsten der Studenten entschieden wurden. Lehrer haben da derzeit noch mehr Macht, sodass eine innerschulische Bewertung nicht durchzusetzen ist. Aber zum Glück gibt es ja die Internet-Portale.
Empfehlungen für Schüler, Eltern, Lehrer und solche die es werden wollen – basierend auf meinen persönlichen Erfahrungen. Für alle anderen: Denkanstöße ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit.
1.) Problematisch finde ich die in Deutschland vorherrschende Noten- und Kontroll-Fixierung. Sobald man seinen Abschluss hat, interessieren die Noten davor keinen Menschen mehr. Warum soll ich Schüler in Klasse 8 und 9 wegen Noten quälen? Das ist eine Phase, die nach der 10ten Klasse keinen mehr interessiert.
2.) Entweder der Lehrer schafft es in dieser Zeit, Spass und Freude am Lernen zu vermitteln, oder der Stoff ist zu 80% am Ende der Sommerferien eh wieder vergessen.
Vokalbelpauken war nie mein Ding und ich war im Englisch-Unterricht gelangweilt. Fast abgestigen deswegen. Zwei Auslandsaufenthalte später lag ich im TOEFL-Test besser als 98% der Absolventen.
3.) Der Unsinn von Sitzenbleiben: Warum soll jemand den Stoff in 8 Fächern mit guter Leistung wiederholen, nur weil er in zwei Fächern schlecht war. Das ist nicht nur ineffektiv, das ist auch absurd.
4.) Entstigmatisierung des Wiederholens einer Klassenstufe: Das freiwillige Wiederholen einer Klassenstufe sollte attraktiver gemacht werden. Solange Schulen, Eltern und Lehrer die Wiederholung jedoch als Strafe einsetzen, wird das nicht passieren.
Noch besser und der Realität angemessener wäre es allerdings, wenn den Schülern die Wiederholung einzelner Fächer ermöglicht würde. Aber dazu ist das deutsche Schulsystem viel zu unflexibel und bürokratisch.
5.) Stoff versäumt? Macht nix!
Gar nicht schwer, versäumten Stoff aufzuholen, wenn man einen guten Lehrer bekommt.
Ich war einer, der sich relativ faul durchgemogelt hat. Das furchtbare Ende: 2er-Abi und 1-er Diplom. Kann nicht klagen.
6.) Wegen schlechten Leistungen von der Schule nehmen? Nur weil Schüler mit durch die Probleme der Pubertät und von Ihren Hormonen durchgeschüttelt werden, ihnen gleich jede Perspektive nehmen? Wollen wir wirklich die das gesamte Leben unserer Kinder davon abhängig machen, wie sie sich zum Zeitpunkt x fühlen und ob Sie Glück oder Pech mit ihren Lehrern haben?
7.) Es ist doch so:
– Es gibt die Streber und es gibt die Rebellen und viele dazwischen.
– Es gibt richtig gute Lehrer und richtig miese und viel dazwischen
8.) Nachhilfe verbieten! Nachhilfe verfälscht den freien Wettbewerb zugunsten der Wohlhabenden. Quasi wie Doping.
9.) Besser einen höheren Abschluss mit schlechten Noten als einen niedrigeren Abschluss mit guten Noten.
Gehen Sie mal ins Arbeitsamt eine deutschen Grossstadt. Da gibt es lange Schlangen an allen Schaltern, die Absolventen von Ausbildungsberufen bedienen. Und ganz hinten in der Ecke gibt es auch einen Schalter für akademische Berufe. Meist einen oder zwei. Aber kein Vergleich, obwohl immerhin 1/3 der deutschen Schüler Abitur macht.
10.) Für das deutsche Abi muss man nicht intelligent sein, sondern nur fleissig und wohlbehütet.
11.) Letztlich ist es egal, was man studiert. Wenn man studiert hat, gehört man schon zu den Siegern. Auch da ist die Note langfristig völlig egal.
12.) Vielen Unternehmen ist es oft egal, was studiert wurde. Allein wer sich bis zum Diplom durchgekämpft hat, hat sich schon bewiesen.
Doch was kann man dagegen tun? Hier ein paar ganz konkretet Vorschläge (und wie die Parteien dazu stehen):
http://blog.neunmalsechs.de/2013/meine-bildungspolitischen-wahlpruefsteine/
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Welcome to the Maschine
Okt. 25
Nein, die Uni ist nicht erst durch den Bologna-Prozess so geworden, sie war auch früher schon so (wie obige Zeichnung von Gerhard Seyfried belegt) . Aber: Ja es ist noch schlimmer geworden.






