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Cido Meireles “Rio Oir”

Cido Meireles bei Aufnahmen für “Rio Oir”

Cido Meireles bei Aufnahmen für “Rio Oir” – Bild von www.schirn-magazin.de

Cido Meireles Installation  “Rio Oir” (zu sehen in: Brasiliana) besteht aus zwei getrennten Räumen. Im ersten Raum – der fast vollständig dunkel ist – bestehen die Wände aus einem weichen Schaumstoff mit einer schalldämpfenden Form (“Eierkarton”). Eingespielt werden – nacheinander – Geräusche von fließendem Wasser (Flüsse, Wasserfälle und Quellen, aber auch Töne von Wasserhähnen und Toilettenspülungen hat Meireles beigemischt), die in verschiedenen Teilen Brasiliens aufgenommen wurden. Durch ein Fenster ist – allerdings durch eine Spiegelung nur indirekt – ein bunter Schallplattenspieler zu sehen, dessen Platte sich kontinuierlich dreht. Außerdem nimmt man einen Raum auf der anderen Seite wahr, der jedoch nicht direkt zu sehen ist.

Schon ein kurzer Besuch in diesem Raum vermittelte mir ein großes, schönes Gefühl der Entspannung.

Cido Meireles “Rio Oir”

Teilsicht auf Cido Meireles “Rio Oir” – Bild von arte-sur.org

Um in den anderen Raum zu gelangen, muss man zunächst wieder aus der Installation hinausgehen: Die Eingang liegt auf der Rückseite und führt in einen Raum, der komplett mit spiegelnder Alu-Folie ausgeschlagen ist – ich sehe mich also in allen Richtungen – zur Unkenntlichkeit verzerrt – selbst. Dazu wird kontinuierlich verschiedenstes Kinderlachen eingespielt. Durch ein Fenster ist ebenfalls der gespiegelte bunte Schallplattenspieler zu sehen.

Dieser Raum löste in mir ein Gefühl fröhlicher Leichtigkeit aus, das sich auch jetzt, Tage nach dem Besuch, allein durch Erinnerung an dieses Erlebnis reproduzieren lässt.

Wer einen kleinen Eindruck bekommen will, kann hier zumindest das Lachen hören, das die Schirn dankenswerter Weise im Schirn Magazin veröffentlicht hat:

 

Der Titel “Rio Oir” ist ein Palindrom. Und ein Sprachspiel: “Rio“ ist das spanische und portugiesische Wort für Fluss, auf Spanisch heißt „rio“ auch „ich lache“ und „oir“ „hören“.

Ich war so fasziniert, das ich glatt vergessen habe, zu fotorafieren – deshalb habe ich oben Bilder von anderen Web-Seiten eingebunden.

Besprechung der gesamten Ausstellung “Brasiliana”, die am 5.Januar 2014 endete.

Artikel zu Cido Meireles im Schirn Magazin.

Im Web sind die Informationen zu Cido Meireles noch dünn, die Wikipedia-Seite zu Cido Meireles ist kaum mehr als ein Stub

Zusammenstellung von verschiedenen Werken Cido Meireles

Cildo Meireles im Portikus, Frankfurt a.M. (31.01.04 – 07.03.04)

 

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Géricault vs. Brasiliana – 7 : 3

Gestern war ich in Frankfurt in der Schirn und habe dort zwei Ausstellungen gegeneinander antreten lassen:  GÉRICAULT. BILDER AUF LEBEN UND TOD  gegen  BRASILIANA. INSTALLATIONEN VON 1960 BIS HEUTE

GÉRICAULT. BILDER AUF LEBEN UND TODIch halte viel vom innovativen / künstlerischen Potential Brasiliens (insbesondere seit ich Vílem Flusser gelesen habe, aber auch durch meine eigenen – nicht repräsentativen – Aufenthalte dort) und die Ausstellung Brasiliana war zum letzten Mal geöffnet. Also höchste Zeit!  Die Schirn hatte ich durch die Yoko Ono-Ausstellung noch sehr positiv in Erinnerung. Die Géricault-Ausstellung habe ich dann erst zufällig beim Besuch der Schirn-Web-Seite entdeckt und was ich dort las, klang sehr interessant. Als sie mir dann auch noch von Peter Brunner empfohlen wurde, war klar: Die will ich auch sehen!

Natürlich handelt es sich um ein ungleiches Duell: Sie unterscheiden sich drastisch sowohl in der Zeit in der und den Orten, an denen die Werke geschaffen wurden, den Methoden, als auch in der Größe  und der Anzahl der Exponate. Théodore Géricault lebte von 1791–1824 in Frankreich und England und hat gemalt und gezeichnet. Die Brasilianer haben ihre Werke (8 großräumige (Multi-Media-) Installationen) seit 1960 erschaffen.

Aufgrund der Schwere des Thema habe ich Géricault den Vortritt gelassen – ob meine Bewertung anders ausgefallen wäre, hätte ich die andere Reihenfolge gewählt, kann ich nicht sagen. Beide Ausstellungen enthielten Werke, die mir gar nichts sagten, beide enthielten aber auch Werke, die mich stark beeindruckten.

Die Géricault Ausstellung rückt zwei Themenkomplexe des bedeutenden französischen Malers der romantischen Schule in den Mittelpunkt: Das physische Leiden des modernen Menschen sowie die psychische Qual, die seine Porträts von Geisteskranken zeigt. Diese damals komplett neuartigen Darstellungen von existenziellen Situationen, von Wahnsinn und Krankheit, von Leiden und Tod stehen beispielhaft für Géricaults besondere Modernität, die solchen mit Abscheu und Ekel besetzten Themen eine verstörende Aktualität verleiht. Angesiedelt zwischen einem romantischen Geschmack an Horror und dem unsentimentalen Blick der Wissenschaft bieten Géricaults Bildern von Tod und Wahnsinn einen faszinierenden Einblick, wie in dieser Zeit die Wahrnehmung des modernen Menschen entstand.

GÉRICAULT. BILDER AUF LEBEN UND TODBei seinen frühen Soldaten- und Kriegsbildern tritt wohl Kunsthistorisch (las ich, ich bin da keine Experte)  zum ersten Mal das Leid des einfachen Soldaten vor die Darstellung der Schlachten, Feldherren und Könige. Mehrfach fühlte ich mich an das Werk des – viel, viel später aktiven – deutschen Zeichners A. Paul Weber erinnert, der ähnliche Themen, Motive und Stilmittel nutzte, um in seinen Bildern eine politische Aussage zu transportieren.

Der besondere Verdienst der Schirn liegt bei dieser Ausstellung darin, nicht nur Werke Géricault auszustellen, sondern sie zum einen in einen Kontext zu anderen Kunstwerken ähnlich arbeitender Zeitgenossen zu stellen, die in nicht geringer Zahl in der Ausstellung zu sehen sind und von denen einige (besonders faszinierend!) der todkranken bzw. sterbenden Géricault zeigen. Dabei sind auch erste Fotografien von Geisteskranken, die ich mindestens genauso faszinierend fand, wie die Zeichnungen und Gemälde (aber ich bin halt Fotograf). Zum Anderen hat die Schirn auch historische medizinische Fachbücher und Modelle der entsprechenden Zeit in die Ausstellung aufgenommen, die die gleichen Themen aus wissenschaftlicher Perspektive zeigen – deren – oft namenlose – Schöpfer aber offensichtlich genauso fasziniert waren.

Ein toller Ansatz. Die Ausstellung ist noch bis zum 26. Januar zu sehen.

BRASILIANA. INSTALLATIONEN VON 1960 BIS HEUTEDa wo die absolute Stärke der Géricault-Ausstellung liegt, liegt ausgerechnet die größte Schwäche der Brasiliana-Ausstellung.

Angesichts des großen Zeitraumes (63 Jahre – Géricault ist gerade einmal 31 Jahre alt geworden), der geringen Zahl der Exponate, der unglaublichen Größe des Landes Brasilien, der massiven wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zerrissenheit des Landes sowie der extrem bewegten Geschichte Brasiliens und der der Welt außen herum

(nur zur Erinnerung, in diese Zeit fällt z.B.:

  • die brasilianische Militärdiktatur
  • der kalte Krieg
  • der Vietnam-Krieg
  • die weltweite 68-er Revolte
  • der US-Putsch in Chile
  • die sandinistische Revolution in Nicaragua
  • die Staatspleite Argentiniens
  • der Ende der sozialistischen Wirtschaftssystem im Ostblock
  • die Wahl des Sozialisten Lula zum brasilianischen Präsidenten
  • und vieles, vieles mehr… Den Rest des Eintrags lesen. »

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Yoko Ono: “Half-a-wind Show” in der Schirn in Frankfurt

Eingang zur Schirn (Frankfurt) mit dem Plakat der Yoko Ono AusstellungEs gibt inzwischen viele Menschen, die Yoko Ono (小野 洋子) gar nicht kennen. Andere kennen sie als Frau von John Lennon (dessen Ermordung 1980 zu einem meiner ersten Nachrichten-Erinnerungen gehört). John Lennon kennen ja inzwischen auch schon viele (jüngere) nicht mehr.

Einer Minderheit ist Yoko Ono auch als bedeutende Künstlerin bekannt, die die Kunstszene bereits vor ihrer Ehe mit John Lennon als bekannteste Vertreterin der Fluxus-Bewegung erfolgreich aufmischte.

Der Künstlerin Yoko Ono  widmet die Schirn in Frankfurt noch bis zum 12. Mai eine Retrospektive.

Bekannt wurde Yoko Ono mit ihren richtungsweisenden Arbeiten in den frühen 1960er-Jahren, die zuerst in New York und später in Japan gezeigt wurden. Sie war und ist eine provokante Konzept-, Performance-, Körper- und Videokünstlerin, die sich ihre Materialien und Medien passend zu ihren Ideen und Botschaften erarbeitet.

Bilder von Yoko OnoDie Retrospektive zeigt schwerpunktmäßig ihre Werke aus den frühen und späten 60er Jahren, als ihr Einfluss auf die Kunstszene am stärksten war und ihre Werke am kontroversesten diskutiert wurden. Zu kurz kommt meiner Meinung das Spätwerk der Künstlerin, die dieses Jahr ihren 80sten Geburtstag feiert – was sie später und aktuell für Kunst macht(e), hätte mich deutlich stärker als repräsentiert interessiert.

Wer Yoko Onos Kunst bisher nicht kannte, erlebt sie in Frankfurt als ideenreiche, kritische, um-die-Ecke-denkende Künstlerin, die immer wieder mit ungewöhnlichen Ansätzen inspiriert und zum Nachdenken anregt. Vor allem aber zeigt sie viel Humor und zeigt, dass Kunst auch Spass machen kann, ohne oberflächlich zu werden.

Record of snow falling- by Yoko OnoIch will nicht verschweigen, dass mir längst nicht alles gefällt. Ihre “Instructions” zum Beispiel – sind interessant, wenn sie außerhalb eines konkrteten Kontextes präsentiert werden. Wenn sie aber – wie bei verschiedenen Happenings in den 60ern – tatsächlich befolgt werden (sollen), ist das nicht mein Ding. Das mag daran liegen, dass ich eine Aversion dagegen habe, Anweisungen zu folgen, deren Sinn ich nicht sehe.

Was ich dagegen sehr gut finde, ist ihr Ansatz zu Mitmach-Kunst, nach der das Kunstwerk  erst in Interaktion mit dem Betrachter / Berührer / Zuschauer  vollendet wird. Die Referenzen zu John Cage sind nicht nur offensichtlich, sondern werden auch ausdrücklich benannt. Deshalb dürfte die Ausstellung auch für Darmstäder besonders interessant sein – zumindest wenn sie die John Cage-Aktionen im letzten Sommer mitbekommen haben.

Mit Glück kann man auch mit Yoko Ono selbst in Kontakt treten. Denn in einer der ausgestellten Installationen steht ein Telefon. Und dort hat Yoko Ono seit Eröffnung der Ausstellung mindestens einmal angerufen.

Object in the box - by Yoko Ono

 

Ausstellungs-Seite der Schirn

Film zur Ausstellung

Wikipedia zu Yoko Ono

A perfect chess board created by Yoko Ono. – Man spielt so lange, wie man sich merken kann, wem welche Figuren waren … 🙂

 

Das könnten weitere, ergänzende Links zu diesem Artikel sein:

FAZ: Frankfurt feiert Yoko Ono: Die Erfindung des halben Raums

Süddeutsche: Yoko Ono wird 80: Neuer Blick auf die Vorkämpferin

Aber: Keine Links auf deutsche Presseerzeugnisse aus Protest gegen das sogenannte “Leistungsschutzrecht”

 

Siehe auch:

5. September bis 3. Oktober in Darmstadt: Anders sein – anders sehen

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