Künstliche Intelligenz (KI, englisch: Artificial Intelligence (AI)) ist eines der faszinierendsten Themen unserer Zeit, seitdem die Entwicklung hier massive Fortschritte gemacht hat. Auch wenn (soweit ich da reinschauen kann) die meisten Applikationen wohl nur reines Maschine Learning (ML) (eine Methode / Vorform von KI) sind und sich das Label “KI” sehr großspurig anheften.
Das Versprechen von KI ist, dass sie uns helfen, rein sachbezogene Entscheidungen (losgelöst von Emotionen und Interessen) nach bestem Stand des Wisssen zu treffen und uns lästige Arbeiten abnehmen können. Die Bedrohung, die viele sehen sind: Von Jobverlusten über ganze Branchen und Industrien, die überflüsssig werden, über eine zunehmende Entmündigung des Menschen bis hin zu einer Dystopie, in der der Mensch von Maschinen als überflüssig oder gar schädlich eingestuft wird.
Das Thema KI beschäftigt Wissenschaftler schon sehr lange und hat schon früh zu Diskussionen um den Umgang damit sowie zu theoretischen Überlegungen geführt. Zwei zentrale sollen hier genannt sein, weil sie für die Diskussion wichtig sind und sicherlich einer Weiterentwicklung bedürfen: Der Turing Test (1950) und Asimov’s Roboter-Gesetze (1942).
Zukünftig wird eine Ausbreitung / Auswirkung von KI’s auf alle Bereiche des Lebens nicht zu vermeiden sein. Die Geschichte des technischen Fortschrittes zeigt, dass sich einmal entwickelte Technologien nicht oder nur schwer verhindern lassen, solange sie wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Daher ist es wichtig, sich damit inhaltlich zu beschäftigen, um deren Ausgestaltung, das Risikomanagement und ggf. auch eine Regulierung zu beinflussen.
Grundsätzlich sind KI und ML-Systeme in der Lage, sich selbstständig aus ihnen zugänglichen Quellen zu informieren. Sie sammeln Fakten, überprüfen diese (z.B. dadurch wie weit diese mit zugrundliegenden Erkenntnissen übereinstimmen), interpretieren statistische Daten und verwenden weitere Methoden, um zu Ergebnissen zu kommen. In der Regel wird zwischen (von Menschen) trainierten KI’s und untrainierten KI’s unterschieden. ChatGPT (der Platzhirsch unter den KI’s) zum Beispiel beschreibt seinen Prozess der Entscheidungsfindung so:
ChatGPT trifft Urteile darüber, ob etwas richtig oder besser ist, basierend auf mehreren Faktoren:
- Training auf großen Datenmengen: ChatGPT wurde auf riesigen Mengen von Texten aus dem Internet trainiert. Diese Texte umfassen viele verschiedene Bereiche des Wissens und viele verschiedene Perspektiven. Dadurch kann das Modell auf ein breites Spektrum von Informationen zurückgreifen.
- Statistische Muster: Das Modell erkennt und verwendet statistische Muster in den Daten, um Antworten zu generieren. Es berechnet Wahrscheinlichkeiten, welche Wörter oder Sätze am wahrscheinlichsten als nächstes kommen sollten, basierend auf dem Kontext der gestellten Frage.
- Eingebaute Heuristiken: Das Modell nutzt eingebaute Heuristiken, um Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel könnten bestimmte Formulierungen oder Begriffe als Anzeichen für bestimmte Arten von Antworten dienen.
- Fehlerkorrektur und Feinabstimmung: Während des Trainingsprozesses und durch Feedback von Benutzern wird das Modell kontinuierlich verfeinert. Dies hilft, die Genauigkeit und Relevanz der Antworten zu verbessern.
- Kontextuelle Informationen: Das Modell berücksichtigt den Kontext der Konversation, um relevante und kohärente Antworten zu liefern. Dies schließt sowohl den aktuellen Austausch als auch frühere Interaktionen im gleichen Gespräch ein.
- Ethische Richtlinien und Sicherheitsfilter: OpenAI hat ethische Richtlinien und Sicherheitsfilter implementiert, um sicherzustellen, dass die Antworten des Modells angemessen und nicht schädlich sind. Diese Filter helfen, problematische Inhalte zu vermeiden.
Wenn nun eine KI Entscheidungen treffen kann, so dachte sich die Kommunikationsagentur “In A Nutshell” (München), warum dann diese nicht danach befragen, was sie zur Europawahl wählen würde? Und so haben sie ChatGPT (basierend auf der GPT-4-Version) mit den Thesen des deutschen Wahl-o-maten zur Europawahl gefüttert und die Entscheidungen (Zustimmung / Neutral / Ablehnung) dort zurück eingetragen.
Der Gründer und Geschäftsführer der Agentur Timm Rotter hat die Ergebnisse auf LinkedIn gepostet, wo ich auf sie gestoßen bin. Sein Fazit:
ChatGPT würde bei der Europawahl Grün wählen. Kein Witz, sondern Empirie.
Hier seine Darstellung zur Methode und sein Fazit:
Quelle: LinkedIn
Wir haben bei uns in der Agentur ChatGPT-4 den Wahl-o-mat absolvieren lassen. Das KI-Tool sollte zu jeder der dort zu beantwortenden 38 Thesen entscheiden, ob es zustimmt, ob es neutral ist oder ablehnt.
Heraus kommt eine klare Präferenz: 87 % der Antworten von ChatGPT decken sich mit Positionen der Grünen – das ist der Topwert aller sechs Parteien, die aktuell im Bundestag sind. Dahinter folgen Linke, SPD, FDP und Union. Fast unwählbar ist aus Sicht von ChatGPT die AfD mit nur 18 % Antwort-Übereinstimmung. Analysiert man alle zur Europawahl zugelassenen Gruppierungen, liegen die Kleinparteien Volt und ÖDP sogar noch knapp vor den Grünen.
Drei Dinge fallen auf, aus denen man einiges über KI lernen kann:
1️⃣ ChatGPT begründet alle Entscheidungen erstaunlich versiert. Das zeigt, dass genau solche Cases seine Stärke sind: „Argumentationsmaschine“ hat OpenAI-CEO Sam Altman sein Tool einmal liebevoll genannt. ChatGPTs NEIN etwa dazu, ob die EU-Einfuhrzölle auf chinesische Elektroautos erhöht werden sollten, erklärt es nicht nur damit, dass Zölle den Wettbewerb einschränken und E-Auto-Preise erhöhen könnten. Es ergänzt auch noch, dass dies dem Ziel zuwiderlaufe, die CO₂-Emissionen zu reduzieren.
Wie viele Wahl-O-Mat-Nutzer:innen machen sich so weitgehende Gedanken?
2️⃣ Das Tool guckt nicht neutral, sondern sehr pro-westlich auf die Welt – wie man etwa am JA dazu sieht, ob die EU mehr Waffen für die Ukraine finanzieren solle. Die Lieferungen könnten angesehen werden „als Teil der Unterstützung für die Landesverteidigung in einem Konflikt, der die europäische Sicherheit und Stabilität betrifft“.
ChatGPT argumentiert so, weil dies die Sichtweise der meisten im LLM verfügbaren Inhalte ist – dies sind eben v.a. anglo-amerikanische Quellen und keine russischen/chinesischen.
3️⃣ ChatGPT stößt an Grenzen: Am Ende soll man beim Wahl-O-Mat die Thesen doppelt gewichten, die einem besonders wichtig sind. Dazu aufgefordert, widersetzt sich das Tool, weil es „keine eigenen Meinungen oder Präferenzen“ habe.
Aber, auch das ist wieder „typisch KI“: Wenn man ausreichend oft auf eine Antwort beharrt, liefert es dann doch ein Ranking – mit dem Hinweis, dass dies auf Basis der „allgemeinen Einschätzung der Bedeutung dieser Themen“ passiere. Was fast entschuldigend klingt, ist eigentlich eine sehr gewissenhafte Haltung für politische Willensbildung …
Und welche Themen sind ChatGPT am wichtigsten, mit Blick auf die Wahl?
▶ dass die Klimaziele nicht verworfen werden dürfen
▶ die EU-Mitgliedschaft der Ukraine
▶ Ausbau der Photovoltaik auf Wohngebäuden
Übereinstimmung hier mit den Grünen: 100 %. AfD: 0 %.
Wenn man glaubt, dass es eine allgemeine, absolute Wahrheit gibt, dass ist der unemotionale und unideologische Ansatz von ChatGPT sicherlich der beste Weg, sich dieser mit Hinblick auf diese Wahl anzunähern. Wird natürlich Ideologen nicht überzeugen.
Aber ich selbst bin ja gar nicht dieser Meinung – für mich ist Demokratie ja gerade Ausdruck von Vielfalt, von Meinung und auch von unterschiedlichen Interessen. Ein spannendes Experiment wäre jetzt ChatGPT soetwas jeweils mitzugeben – also immer eine Entscheidung “aus christlicher Perspektive” (muslimischer/atheistischer) oder “aus der Sicht eines Kleinunternehmers”, “als Arbeitsloser” oder “als Renter” zu erbitten und zu schauen, ob und wie sich die Empfehlungen dann ändern.
Natürlich können die beiden verwendeten Tools (ChatGTP und Wahl-o-mat) auch einen Tendenz haben. Wobei eine klare Partei-politische Absicht be ChatGPT unwahrscheinlich ist: ChatGPT kommt aus den USA, wo es weder Grüne noch Linke (oder deren Positionen) so gibt. Was dadurch unterstütz wird, dass bei Einbeziehung der Kleinstparteien die beiden Kleinparteien Volt und ÖDP (die weniger links / grün als die Grünen sind) noch vor den Grünen landen. Wie Timm Rotter aber feststellt gibt es eine Tendenz zu westlichen Werten. Was aber für eine Wahl in Deutschland zum EU Parlament meiner Meinung keine völlig abstruse oder problematische Grundlage ist – aber natürlich dafür sorgt, dass sich Menschen mit einer anti-westlichen, anti-demokratischen, anti-Rechtsstaatlichen Einstellung hier bei ChatGPT nicht wiederfinden dürften (und die Abneigung ggü. KI in diesen Kreisen verstärken wird).
Nicht erwähnt wird von Rotter auch eine pro-Bildungs-Tendenz, die ChatGPT haben könnte. Denn die deutlich Mehrzahl vor allem der fundierten Texte, mit denen ChatGPT gefütterte wurde, dürfte von Menschen mit höhrerem Bildungsabschluss stammen (z.B. Wissenschaftler:innen, Journalist:innen und Blogger:innen). Das relativ gute Abschneiden der Grünen ließe sich damit erklären – siehe Wahlverhalten bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 nach Bildungsstand – aber weder das gute Abschneiden der Linken noch das relativ schlechte Abschneiden der CDU.
Auch der Wahl-o-mat könnte eine politische Tendenz haben. Eine solche (allerdings in konservative Richtung) hatte ich beim Wahl-Thesen-Test der Süddeutschen Zeitung und beim Parteiennavigator der Uni Konstanz im Jahr 2013 hier aufgedeckt. Werde den entsprechenden Test für den Wahl-o-maten zur Europawahl 2024 noch nachholen und hier berichten. Ergebnis-Kurzversion: Ich konnte beim Elchtest für Wahl-o-maten für den Wahl-o-maten zur Europawahl 2024 keine eingebaute Tendenz feststellen (Infos zur Methode).
Siehe auch:
Meine Gedanken zur Europawahl (2019)
#1 by Riccardo Paulucci on 25. Mai 2024 - 13:54
Ich möchte was zu dem Beitrag beitragen 🙂
Widerspruch vorprogrammiert (KI-generiert)
User: bedeutet Epirisch Wertneutral?
ChatGPT
Der Begriff “empirisch” bedeutet, dass etwas auf Beobachtungen, Erfahrungen oder Experimenten basiert. Empirische Methoden sind in der Wissenschaft weit verbreitet, da sie auf überprüfbare und messbare Daten setzen.
“Empirisch wertneutral” bedeutet, dass empirische Forschungsergebnisse frei von subjektiven Bewertungen oder moralischen Urteilen sein sollten. Es geht darum, objektive Daten zu sammeln und zu analysieren, ohne dass persönliche Überzeugungen oder ethische Standpunkte die Interpretation der Ergebnisse beeinflussen. Die Idee ist, dass die Wissenschaft Fakten liefern soll, die dann unabhängig von persönlichen oder gesellschaftlichen Werten interpretiert werden können.
User: Wie ist das bei dir?
ChatGPT
Als KI-Modell bin ich darauf ausgelegt, Informationen auf eine objektive und wertneutrale Weise bereitzustellen. Meine Antworten basieren auf den Daten und Informationen, auf denen ich trainiert wurde, sowie auf den aktuellen Eingaben und Anfragen der Nutzer. Ich selbst habe keine persönlichen Überzeugungen oder ethischen Standpunkte, und ich versuche, Informationen so präzise und unvoreingenommen wie möglich zu liefern.
Das bedeutet jedoch nicht, dass ich immer vollständig “wertneutral” bin, da die Daten, auf denen ich trainiert wurde, von menschlichen Quellen stammen, die möglicherweise gewisse Voreingenommenheiten enthalten. Mein Design und meine Funktionsweise streben jedoch danach, diese Einflüsse zu minimieren und eine möglichst objektive Informationsvermittlung zu gewährleisten.
User: Wenn man dich befragen würde, welche Partei du eher wählen würdest, aus zusammengestellten Daten, wäre das Wertneutral und somit Empirisch?
ChatGPT
Wenn man mich nach einer Parteipräferenz befragen würde, wäre es nicht möglich, eine wertneutrale und empirische Antwort zu geben, die meine eigene “Wahl” darstellt. Als KI habe ich keine persönlichen Überzeugungen oder Präferenzen. Ich kann jedoch Informationen über Parteien, ihre Programme und politische Positionen bereitstellen und analysieren, wie verschiedene Datenquellen bestimmte Parteien unterstützen oder kritisieren.
Empirisch wäre es, Daten zu sammeln und auszuwerten, die sich auf die Programme, Leistungen und Umfragen zu politischen Parteien beziehen. Eine Analyse dieser Daten könnte dann Einblicke geben, welche Partei auf Basis bestimmter Kriterien wie Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik oder Umweltpolitik in einer bestimmten Wählerschaft bevorzugt wird. Diese Analyse wäre wertneutral, solange sie objektiv und auf überprüfbaren Daten basiert.
Usw…
User:Wenn du aber danach gefragt wirst und darauf hin eine Parteipräferenz vorschlagen WÜRDEST (Konjunktiv), basierend auf deinen Daten, wäre das dann Wertneutral und empirisch?
ChatGPT
Wenn ich hypothetisch eine Parteipräferenz vorschlagen würde, basierend auf den Daten, die ich habe, könnte diese Vorschlag empirisch begründet sein, aber nicht vollständig wertneutral. Der Grund dafür liegt in der Natur der Daten und der Methodik:
Empirisch begründet: Der Vorschlag könnte auf empirischen Daten basieren, wie z.B. politischen Programmen, Umfragen, Wahlergebnissen und wissenschaftlichen Studien. Diese Daten können objektiv erhoben und analysiert werden, um Muster und Trends zu identifizieren.
Wertneutralität: Auch wenn die Analyse der Daten objektiv und methodisch korrekt durchgeführt wird, beinhalten politische Entscheidungen und Präferenzen oft normative Aspekte, die über reine Daten hinausgehen. Die Wahl einer Partei hängt nicht nur von Fakten ab, sondern auch von Werturteilen, Prioritäten und individuellen Überzeugungen.
Beispiel für eine hypothetische Analyse:
Datenbasis: Wirtschaftsdaten, Bildungsstandards, Umweltindikatoren, Sozialpolitik, Gesundheitsversorgung, etc.
Kriterien: Wirtschaftswachstum, Einkommensverteilung, Umweltverträglichkeit, Bildungsqualität, Gesundheitsergebnisse, etc.
Ergebnis: Eine Partei, die in den meisten dieser objektiven Kriterien gut abschneidet, könnte als “empirisch” bessere Wahl vorgeschlagen werden.
Aber selbst bei einer solchen Analyse könnten die gewählten Kriterien und deren Gewichtung bereits Werturteile widerspiegeln. Zum Beispiel könnte eine Partei, die auf Umweltpolitik fokussiert ist, besser abschneiden, wenn Umweltindikatoren stark gewichtet werden, während eine andere Partei bei Wirtschaftswachstum besser abschneidet.
Insgesamt wäre ein solcher Vorschlag also empirisch informierter, aber nicht vollständig wertneutral, da die Auswahl und Gewichtung der Kriterien bereits von normativen Überlegungen beeinflusst werden können.