Der Focus (Burda Verlag, München) – ursprünglich angetreten mit dem Claim “Fakten, Fakten, Fakten” – ist schon eine ganze Weile auf eine sehr schräge Bahn geraten. Mit reißerischen “Click-Bait” Überschriften geht das Magazin im Web auf die Jagd nach Klicks. Dazu werden emotionale Themen aufgegriffen und – vor allem in den Überschriften – skandalisiert. Gern werden dafür auch Fakten verdreht oder es wird gleich ganz auf sie verzichtet. Bevorzugt werden Geschichtchen über Flüchtlinge und andere Gruppen verwendet, die sich juristisch nicht wehren können.

Mit dieser fiesen Methode hat sich das Blatt an die Spitze der Online-Zugriffsstatistiken geschummelt, die wichtig sind, um Werbekunden gewinnen zu können. Ob sich das auch langfristig auszahlt, sei dahin gestellt, denn natürlich spricht sich das zunehmend herum und die Marke “Focus” leidet darunter. Ich würde jedenfalls jeden Unternehmen davon abraten, in einem solchen Umfeld zu werben.

Soviel zu Vorrede. Aktuell hat eine Überschrift meine Aufmerksamkeit erregt, die gleich auf den ersten Blick als falsch und dumm zu erkennen ist:

Focus über Sanders

1.) Eine politische Revolution ist definiert als:

Heute ist mit Revolution meist eine politische Revolution „von unten“ gemeint: eine meist durch militante Mittel, seltener auf friedlichem Wege erzwungene grundlegende Änderung einer bestehenden staatlichen Ordnung. Das Ziel ist die Einführung eines neuen politischen Systems und/oder ein Austausch der Machthaber.

Der Wandel vollzieht sich außerhalb der vorgesehenen Rechtsformen des alten Systems, d. h. nach dessen Definition illegal.

Bernie Sanders Die Kandidatur für die Präsidentschaft im Rahmen regulärer Wahlen kann man nun bei besten Willen nicht als “Revolution” bezeichnen. Marx wollte ein Revolution, Che wollte eine Revolution, Georg Büchner wollte eine Revolution, Lenin hat eine Revolution gemacht. Sanders will als Präsident gewählt werden.

2.) Will er vielleicht danach eine Revolution anzetteln? Als Präsident? Eine Revolution “von oben” quasi? Nein, auch das will Sanders nicht. Er will:

  • Politisches System: Die Wahlkampffinanzierung reformieren, sodass die Kandidaten weniger auf die Spenden von Konzernen, Banken und Superreichen angewiesen sind.
  • Wirtschaftliches System: Er will eine Wirtschaftspolitik machen, die die USA stärker am europäischen Vorbild (vor allem Skandinavien) orientiert. damit nimmt er eine sozialdemokratische Position ein und positioniert sich gegen die Markt-Radikalen, die die Wirtschaftspolitik der USA in den letzten 3 Jahrzehnten dominiert haben. Aber er kann sich gleichzeitig auf prominente  Vorbilder wie Theodore Roosevelt und John F. Kennedy berufen, die wirtschaftspolitisch ähnlich dachten wie er. Auch die Absichten von Bill Clinton und Barak Obama gingen in seine Richtung, jedoch konnten diese eine solche Politik nicht gegen das mächtige Repräsentantenhaus durchsetzen.

Mehr zu seine Absichten und Chancen in meiner ausführlichen Analyse zu Bernie Sanders.

Doch zurück zum Focus. Hinter der Überschrift folgt dann ein ziemlich oberflächlicher Artikel über Sanders, der sich nicht mal die Mühe macht, die abwegige These der Überschrift zu belegen.  Mit Journalismus hat das nichts mehr zu tun – das ist respektoses Verramschen von LeserInnen an Werbekunden.

Der Focus will euch verarschen! Lasst euch nicht drauf ein. Klickt nicht auf solche Überschriften! Meidet den Focus! Und gebt – an echte JournalistInnen – meine 16 Wünsche für 2016 weiter. Danke!

 

Siehe auch:

US-Wahlkampfsplitter 2016

US Präsidentschaftswahl 2016: Clinton vs. Trump?

Live Protokoll der US-Präsidentschaftswahl 2012

Politik ist…

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Wie zum Beispiel:

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