Steinbruch TheaterEs gibt viele Leute, die sich als “unpolitisch” bezeichnen und sich mit politischen Fragen nicht beschäftigen. Ich versuche immer, ihnen klar zu machen  dass die Politik, die sie so gezielt zu ignorieren versuchen, erheblichen Einfluss auf ihr ganz persönliches Leben hat.

Die jetzt plötzlich und völlig überraschend kommende Schließung des Steinbruch Theaters in Darmstadt-Traisa ist ein gutes Beispiel dafür.

Ich habe gestern erfahren, dass das Steinbruch Theater – seit 34 Jahren Club und Bühne für Musik diesseits des Mainstreams kurz vor den Toren Darmstadts – sehr abrupt seine Türen schließen muss. Der Besitzer des Gebäudes, so die Mitteilung der Betreiber des Steinbruchs, habe sich kurzfristig mit einem Investor geeinigt und sie “vor die Tür” gesetzt.

Das ist sehr traurig, weil damit eine lange Tradition zu Ende geht und wohl auch Menschen wirtschaftlich vom Arbeitgeber Steinbruch abhängig waren, die nun sehr plötzlich ohne Einkommen dastehen.

Erstaunlich ist jedoch, dass die Betreiber in ihrer Mitteilung von “Moral” (“Raub” des Konzeptes) sprechen und dem Investor vorwerfen, “hinter unserem Rücken Verhandlungen geführt” zu haben. Denn es ist ein Vorgang, der normal ist, der überall und ständig stattfindet und der im vollständigen Einklang mit unserem Wirtschaftssystem steht: Der Marktwirtschaft. Ja, der sogar der Kern dieses Systems ist: Der wirtschaftlich Starke soll den wirtschaftlich Schwachen aus dem Markt drängen können – selbst wenn es für den Schwachen die wirtschaftliche Vernichtung bedeutet.

Dieses Wirtschaftssystem und seine konkrete Gestaltung ist aber kein Naturgesetz. Es ist das Ergebnis von Wahlen und politischen Entscheidungen. Seine wichtigsten und zuverlässigsten Unterstützer sind die Menschen, die nicht zur Wahl gehen. Und seine wichtigsten Förderer sind die FDP und die AfD, direkt gefolgt von der CDU. Um das zu wissen, muss man nicht Politik studieren und um etwas daran zu ändern, muss man keine Berge versetzen. Aber man muß etwas tun und nicht nur über “die Politik” jammern und motzen.

Denn solange die Wähler und Wählerinnen es nicht aktiv verlangen, werden die Politiker und Politikerinnen nicht einmal anfangen, über Änderungen am oder Alternativen zu unserm Wirtschaftssystem nachzudenken. Denn es gibt viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten als nur die Wahl zwischen Markt und real-existierenden Sozialismus (der seine Unfähigkeit ja bereits belegt hat) – auch wenn viele Politiker der oben genannten Parteien versuchen, es (aus Eigeninteresse) so aussehen zu lassen.

Ich kenne den Steinbruch noch keine 34 Jahre, aber ungefähr so lange beschäftige ich mich (hin und wieder) mit Politik. Und behaupte, in dieser Zeit (mit anderen zusammen) einiges erreicht zu haben. Wenn sich mehr Menschen für ihre Interessen und die Gestaltung ihrer Welt einsetzen würden, dann würden wir nicht einfach Opfer solcher Entwicklungen werden. Und müssten nicht hinterher rumjammern,  dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist.

Gute Gegenbeispiele (direkt aus Darmstadt) sind übrigens die Oettinger Villa  und die Bessunger Knabenschule, die es beide in der jetzigen Form nicht geben würde, wenn nicht viele Menschen aktiv dafür gekämpft hätten.

Du magst kein Interesse an Politik haben, das bedeutet aber nicht, das die Politik kein Interesse an dir hat.

Deshalb: Für mich sind weder Vermieter noch neuer Investor “Schuld” am Ende des Steinbruchs (wie wir ihn kennen), sondern all jene Leute, die ihren Arsch nie hoch bekommen haben, um etwas zu verändern und zu gestalten. Wie weit das auch für die bisherigen Betreiber zutrifft, müssen die für sich selbst entscheiden.

Vielleicht lernt ja jemand etwas daraus, denn natürlich dreht sich das Rad der (Markt-)Wirtschaft weiter und mehr Veränderungen stehen an – mit weitaus größeren Auswirkungen auf das Leben der Menschen in Darmstadt und Umgebung, als nur die Schließung einer Bühne und Tanzfläche.

Vielleicht ist es auch für den Steinbruch noch nicht zu spät…

Petition: Erhaltung des Steinbruch-Theaters in seinen Räumlichkeiten

 

P.S. Nachtrag vom 6.10.:  Ja, ich verstehe natürlich die (berechtigte) Kritik am Geschäftsgebahren eines langjährigen Partners / Vermieters. Aber wenn Existenzen davon abhängen, dürfen Wirtschaftsbeziehungen eben nicht nur davon abhängen, dass sich alle “fair” verhalten.

 

Siehe auch:

Politik ist …

 Erklärung auf MetalPower.de

Web -Seite des Steinbruch-Theaters

Oettinger Villa 

Bessunger Knabenschule

 

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