global activism @ zkm, KarlsruheNoch bis Ende des Monats (hier: März 2014) ist eine spannende Ausstellung im ZKM in Karlsruhe zu sehen: global aCtIVISm.

Diese Ausstellung ist keine klassische Kunstausstellung. Sie ist eine Konfrontation von politischer Kunst mit einer Sammlung von kreativen Artefakten aus den weltweiten Protestbewegungen der letzten Jahre: Der Proteste im Westen (Occupy, Stuttgart 21, Wikileaks, …) , der breiten Rebellionen und Aufstände in der arabischen Welt, oder der vereinzelten Proteste in Russland (Pussy Riot, …).

Dabei wird deutlich, das die Grenzen zerfließen: Während die Artefakte – Flugblätter, Dokumentationen, Plakate, Zelte, Protest-Installationen, Videos – vor allem praktischen Zwecken und zum Transport inhaltlicher Forderungen dienen, sind die typischen Kunstobjekte meist unpraktische, zum nachdenklichen Betrachten bestimmte Exponate. Doch immer wieder verschwimmt diese Trennung. Weil bei einem Ausstellungsstück nicht klar ist, ob es ein Artefakt ist, dessen ErstellerIn über den konkreten Protestzweck hinaus Kritik an größeren gesellschaftlichen Zusammenhängen und Denkweisen üben wollte oder ob sich hier einE KünstlerIn in ihren Stil- Ausdrucksmitteln den der Protestbewegungen angenähert hat. Das auf beiden Seiten immer wieder auch mit Ironie und Satire gearbeitet wird, macht die Unterscheidung nicht einfacher – den Besuch der Ausstellung dafür um so unterhaltsamer.

Fotos vom weltweiten Protesten Für mich die erste spannende Erkenntnis aus dieser Ausstellung: Trotz der sehr verschiedenen Anlässe und Ursachen, die diese Protestbewegungen haben, scheint sich überall ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass das Problem nicht einzelne Personen, Regierungen oder Projekte sind. Sondern das hinter diesen einzelnen Problemen eine fehlerhafte Systematik steckt, Fehler darin, wie die Menschen ihre Wirtschaft organisieren, die Macht verteilen, miteinander kommunizieren. Und das eben die wirklichen trennenden Grenzen nicht zwischen den Nationen liegen, sondern zwischen machtvollen Oberschichten, die (in Diktatur wie in der Demokratie) rücksichtslos ihre Interessen verfolgen und den normalen Menschen, die die Auswirkungen zu (er-)tragen und erleiden haben.

Und das es sich lohnt, sich gegen diese Dinge zu wehren – selbst wenn man nicht die Antwort auf alle Fragen parat hat und nicht für jedes Problem auch eine Lösung. Es sind kreative und künstlerische Konzepte und Ausdrucksweisen die – stärker als bei früheren Protestbewegungen – die Vielfalt dieser Erkenntnis zum Ausdruck bringen statt dass eine (Er-)Lösungsideologie (wie 1968 der Sozialismus)  im Mittelpunkt steht.

Kein Neuland: High Tech im ZeltZweite Erkenntnis: Die Ästhetik vieler Objekte scheint als (unbewußter?) Gegenentwurf zur herrschenden Fernseh-Ästhetik . Ausgerechnet im Zeitalter des TVs grenzen sich die Ausdrucksweisen deutlich davon ab.Gerade das vorherrschende Informationsmedium  unserer Zeit erzeugt keinerlei “Nachahmungseffekt”. Im Gegenteil habe ich den Eindruck, dass das Fernsehen bei den Protestbewegungen als das unglaubwürdigste und manipulierendste von allen Medien wahrgenommen wird – als direkter Verbündeter der Zustände, die man bekämpft.

“Das Medium ist die Botschaft” hat Kommunikationstheoretiker Marshall McLuhan  bereits 1967 erklärt und analysiert, dass Fernsehen sei ein kaltes Medium, dass die den Konsumenten trotz hohem Stimulus wenig beteilige. So gesehen lässt sich die moderne Menschheit in zwei Gruppen einteilen: Diejenigen, die für eine Veränderung eintreten, und die, die herrschenden Zustände vor dem TV bejammern und trotzdem den Protesten auf der Mattscheibe passiv zusehen.

 

Und den Ausflug nicht scheuen: Das ZKM bietet parallel auch noch andere interessante Ausstellungen, die man gleich mitnehmen kann, wenn man schon mal da ist.

 

 

Hier noch ein paar weitere Impressionen

Proteste

Multitude vs. Empire

 

Smart PistolBanner, Plakate, Wandzeitungen

Vegetarier-Protest gegen das Töten von Tieren

 

mehr Proteste

 

noch mehr Proteste

 

Siehe auch: 

Helmut Höge, taz-Aushilfshausmeister, interviewed Joulia Strauss, Kuratorin für diese Ausstellung

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