Drahtseilakt im Kletterpark

Wer mutig ist, nimmt auf dem Drahtseil die Hände hoch.

Der Mensch handelt hochgradig irrational. Ein Beispiel: Nur weil etwas (Lebens-)gefährlich ist, heißt das noch lange nicht, dass es uns Angst macht und uns daran hindert, es trotzdem zu tun (zum Beispiel die Teilnahme am Straßenverkehr). Dagegen machen uns Dinge Angst, die zwar (rational betrachtet) völlig ungefährlich sind, aber schlummernde Urängste in uns wecken.

Die “Indianer Jones”-Filme spielen mit dem Abenteuer, uns (vor dem sicheren Fernsehbildschirm) in solche Situationen zu führen, damit wir uns ein wenig gruseln und trotzdem den Kitzel spüren können, der von dieser Angst ausgeht. Genauso sicher, aber noch viel kitzliger ist der Kletterwald in Würzberg im Odenwald.

Strecke im Kletterwald In diesem Kletterparcours n der Nähe von Erbach kann man mehr als nur Indiana Jones Luft schnuppern. Auf Stegen, Brettern, an Leitern hängend, auf Seilen balancierend oder über kleine und große Abgründe schwingend bewegen sich die Besucher hier in Höhen zwischen zwei und elf Metern durch den Wald. Dabei steigert er durchdachte Parcour aus sieben unabhängigen Stationen langsam, aber stetig Höhe und Schwierigkeitsgrad. Trotzdem bleiben die Besucher immer optimal geschützt: Wer den initialen Anweisungen des Personals folgt, ist immer angeseilt und bei den Übungen selbst sogar doppelt geschützt. Der Kitzel entsteht also nicht durch echte Gefahr, sondern nur durch unseren Ängste. Was es kaum wenig spannender macht.

Zum Beispiel kann hier jedeR mal Seiltanzen ausprobieren – völlig gefahrenlos. Weicheier wie ich überqueren das Drahtsseil mit den Händen fest an den Haltgurt gedrückt, Mutige dagegen (wie der Besucher oben rechts) probieren es freihändig.

 

Brücke in elf Metern Höhe

Brücke in elf Metern Höhe

In den Wipfeln ist Action

In den Wipfeln ist Action

Zu den einfacheren Aufgaben zählt der Erklimmen von Strickleitern und Tau-Netzen oder das überqueren von Schluchten auf “lückenhaften” Brücken verschiedenster Art. Eine Herausforderung für die Armmuskeln ist es, eine “Schlucht” hängend an einer liegenden Leiter zu überqueren. Doch bei solchen besonderen Herausforderungen gibt es dann sogar mal alternative Strecken, mit denen man sich daran vorbei mogeln kann.  Besonders schwierig fand ich auch die Steigbügel, die an Seilen hingen – es war zwar relativ einfach, hineinzukommen, aber – zumindest mit meiner Schuhgröße (45) – war es gar nicht so einfach, den Fuss auch wieder raus zu kriegen.

Am Ende jeder Station wird man dann mit einer Seilbahnfahrt belohnt, die einen wieder auf den Boden zurück bringt.

Da der Parkour in den Tannenwald gebaut ist, gibt es auch natürliche Spannungsfaktoren. Denn wenn der Wínd die Tannen bewegt, dann schwingst du in zehn Metern Höhe schon erheblich mit.

Die absolut größte Herausforderung ist jedoch der Tarzan-Sprung: Hier muss man am Seil hängend – ohne nix unter den Füßen – eine Distanz von etwa sechs Metern überqueren. Allerdings muss man zunächst ins Nichts (der Boden liegt gefühlte 15 Meter unter einem) springen – und wird erst nach 1 1/2 Metern freiem Fall vom Sicherungsseil aufgefangen. Eine Art “kleiner” Bungee-Sprung sozusagen. Hätte ich gewusst, dass es einen zweiten Weg gibt, der daran vorbei führt – ich wäre wohl nicht gesprungen. Doch vor lauter Aufregung habe ich die (langweilige) Alternative nicht mal bemerkt.

Der Tarzan-Sprung

Der Tarzan-Sprung – Angst und Adrenalin

Im Moment des Sprungs fühlst du Panik – und einen Kick!

Danach habe ich den Wahnsinn noch viermal gemacht. Freiwillig. Das Indiana-Jones-Feeling hatte mich endgültig gepackt.

Die sieben Stationen sind insgesamt sehr abwechslungsreich – die ersten vier sind zum langsamen Gewöhnen und Steigern. Stationen fünf, sechs und sieben dann die Kür – und wer dort Spaß hat, wird zu den ersten Stationen meist nicht wieder zurückkehren. Denn man kann hier – sofern man noch kann – jede Station beliebig oft durchlaufen.

Für wagemutige Erwachsene ist der Kletterwald Würzberg ein Abenteuer mit Indiana Jones-Flair. Für Kinder ist er noch viel mehr: Ein Ort der Selbsterfahrung, ein Ort zum sich ausprobieren, Ängste zu überwinden, Grenzen kennenlernen.  Ein Tag im Kletterwald wird Kindern noch lange in Erinnerung bleiben. Nur drängen sollte man sie nicht – denn Grenzen muss jeder selbst überwinden.

Weil die Stationen durchaus anstrengend sind, solle man etwas Zeit mitbringen – mit Pausen zwischen drin hat man mehr von den Touren in den Bäumen. Die Veranstalter verkaufen am eigenen Kiosk auch süße und salzige Snacks und Getränke. Man darf aber auch eigene Verpflegung mitbringen.

Ein Tipp für den Besuch: Wer ungern wartet, sollte seinen Besuch anti-zyklisch planen. Das heißt: Besser an trüben Tagen, also an sonnigen Ausflugstagen, besser während der Woche, als am Wochenende, besser am Samstag als am Sonntag.

Geübte Radfahrer können den Besuch im Kletterwald mit eine anspruchsvollen Radtour verbinden. Von Darmstadt aus sind es mit dem Rad je nach Route 40-50 anspruchsvolle km bis nach Erbach – die man aber auch in der Bahn zurücklegen kann. Ab Erbach sind es dann noch einmal 11 km bis nach Würzberg – und die führen ausschließlich bergauf. Nicht so steil wie hoch zum Frankenstein oder zum Melibrokus, aber entmutigend genug für Untrainierte, OK für zusätzliche Fitness. Nach ca. 8 km gibt es ein Restaurant mit Biergarten.

Es gibt wohl auch eine Buslinie nach Würzberg, aber oft scheint der Bus nicht zu fahren. Vorher besser recherchieren.

 

Links:

Webseite Kletterwald Würzberg

Würzberg- Infos (Wikipedia)

Sehenswert sind in Würzberg auch die Ruinen einer römischen Badeanlage im Kastell Würzberg

Würzberg ist ein “Stadtteil” von Michelstadt, das mit Erbach eine Doppelstadt bildet – beide bieten einiges an mittelalterlichem Charm und Besichtigungszielen

 

Weitere Fotos:

 

Aufstieg zu Station 6


 

Begegnung in den Baumkronen

Begegnung in den Baumkronen

 

 

Blick von unten

Blick von unten

 

Erinnert an die Unterkünfte der Ewoks in "Die Rückkehr der Jedi-Ritter"

Erinnert an die Unterkünfte der Ewoks in “Die Rückkehr der Jedi-Ritter”

 

 

 

Jede Station endet mit einer Seilbahnfahrt

Jede Station endet mit einer Seilbahnfahrt…

 

... die Spass macht ...

… die Spass macht …

 

 

 

... und am Ende steht die Wahl zwischen Bremsen oder ruckartigem Stopp.

… und am Ende steht die Wahl zwischen sportlich Auslaufen oder einem ruckartigem Stopp am Prellbock.