Ungeprüfte Behauptungen über die US-Republikaner

Ungeprüfte Behauptungen über die US-Republikaner

Vor etwas mehr als drei Jahren habe ich hier meine (pessimistischen) Eindrücke von der letzten US- Präsidentschaftswahl gebloggt. In nur wenigen Tagen beginnen nun die Vorwahlen (am 1. Februar in Iowa, bereits 8 Tage später folgt New Hampshire), bei denen die Parteien ihren Präsidentschafts- Kandidaten bestimmen (alle Termine). Ein idealer Zeitpunkt für einen Rück- und Ausblick.

Fangen wir mit meiner eigenen Prognose an. Damals schrieb ich:

Ich tippe, dass sie dann Hillary Clinton nominieren werden. Und US-Präsidentin wird natürlich Sarah Palin – wie in Iron Sky prophezeit.

Mit Hillary werde ich wohl recht behalten. Womit ich nicht gerechnet hatte: Dass es die Republikaner schaffen, einen Kandidaten zu finden, der noch radikaler, dümmer und peinlicher ist als Sarah Palin. Und dieser auch noch (zur Zeit) das Feld der republikanischen Kandidaten anführt. Eine schwere Niederlage, wenn man als Zyniker merkt, dass die Realität einen schlägt.

 

Aber bleiben wir zunächst bei den Demokraten. Die Ansichten und Ziele von Hillary Clinton waren mir immer sympathisch (*) – schon aus der Zeit als sie noch für ihren Mann Wahlkampf machte. Bill Clinton konnte die Herzen der Menschen erreichen – auch weil er spontan war und Risiken einging. Ich hielt Hillary immer für die politischer Denkende der Beiden. Zielstrebiger, analytischer, disziplinierter. Aber eben auch sehr vorsichtig und kontrolliert. Das hat ihr den Vorwahlkampf gegen Obama vor acht Jahren gekostet. Denn auch er ist jemand, der die Herzen erreicht. Hillary hat daraus gelernt und sich geöffnet- aber ihr fällt es heute trotzdem nicht leicht.

US Steuersystem

US Steuersystem – ist es wirklich so? Oder nur Propaganda?

Ihr Konkurrent Bernie Sanders ist – obwohl er sich “Sozialist” nennt – eigentlich ein Sozialdemokrat. Allerdings einer von Schlage eines Willy Brandt, nicht so ein Gabriel. Dennoch – bei den Demokraten – und schon gar nicht in den gesamten USA – sind seine Positionen nicht mehrheitsfähig und würden vom Big Business und von der NRA entschieden bekämpft werden, sollte er tatsächlich auch nur in die Nähe einer Nominierung kommen. Trotzdem bereichert er den Vorwahlkampf – sowohl mit seinem sympathischen, nicht-aggressiven Stil als auch mit seinen inhaltlichen Vorstellungen.

Insgesamt ist die Kultur der politischen Auseinandersetzung bei den Demokraten deutlich sachlicher und Themen-orientierter geworden. Ein Stil, den bereits Obama pflegte, den Sanders fortsetzt und der auch Clinton eher liegt. Das ist eine erfreuliche Veränderung und eine klare Abgrenzung zu dem aggressiven, unsachlichem Stil, den die Kandidaten der Republikaner pflegen. Ich hoffe, die Demokraten werden davon profitieren.

Sollte Donald Trump die Vorwahlen der Republikaner gewinnen, halte ich einen Sieg von Clinton bei der Präsidentschaftswahl für fast sicher. Denn er wird die gemäßigten Republikaner und die Unabhängigen verschrecken. Und nur mit dem extremen Flügel einer Partei gewinnt man keine Präsidentschaft. Was ich schon 2012 schrieb, gilt weiterhin:Trump

Mitt Romney hätte Obama schlagen und Präsident werden können – wenn ihn nicht die radikalen Gruppen in der eigenen Partei (insbesondere die Tea Party) in den Vorwahlen zu Positionen und Äußerungen getrieben hätten, die bei der Mehrheit der WählerInnen dann doch inakzeptabel waren. Insofern muss man ja fast dankbar sein, dass es die Tea Party gibt. Sie schwächt die Republikaner mit ihren radikalen Positionen.

Deshalb drücke ich Trump jetzt erst mal die Daumen. Auch weil seine größten Konkurrenten, Ted Cruz und Ben Carson kaum weniger wirre politische Vorstellungen haben als er. Sie poltern nur nicht so laut und benehmen sich nicht so daneben. Ich hätte nie gedacht, dass ich einen Bush mal für das geringere Übel halten würde.

Doch der Vorwahlkampf ist noch lang und nach dem ersten Super Tuesday am 1. März könnten die Karten völlig neu gemischt werden – spätestens dann werden die ersten republikanischen Kandidaten aufgeben und mit ihrer Empfehlung plötzlich anderen Kandidaten Rückenwind verschaffen.

Grundsätzlich lassen sich die Kandidaten in zwei Lager einteilen:

Eher gemäßigt-konservative Kandidaten Radikale Kandidaten
  • Chris Christie (moderat konservativ, pragmatisch)
  • Rand Paul (Wirtschaftlich: Tea Party, Gesellschaftlich: Liberal)
  • Jeb Bush (moderat  konservativ, Konzern-freundlich)
  • Carly Fiorina (Gesellschaftlich: Liberal, Konzern-freundlich)
  • John Kasich (moderat konservativ, pragmatisch)
  • Donald Trump (Größenwahnsinnig)
  • Ted Cruz (Tea Party)
  • Marco Rubio (Neo-Konservativ, Tea-Party, christlich-katholisch)
  • Mike Huckabee (christlich-fundamentalistisch)
  • Ben Carson (Chirurg, schwer berechenbar, teilweise wirre Positionen)
  • Rick Santorum (christlich-fundamentalistisch)

Wobei sich die Einordnung “gemäßigt-konservativ” eher aus der Abgrenzung zu den radikaleren Kandidaten ergibt.

Noam Chomsky – für mich einer der größten lebenden Denker der USA – hält zum Beispiel Ted Cruz für viel gefährlicher als Trump:

On the other side, it is probably going to be either Donald Trump or Ted Cruz. In my opinion, Cruz is scarier than Trump. Trump is a kind of wildcard, but Cruz is really dangerous, if he means anything he’s saying.

Quelle: Noam Chomsky in: Smashing Interviews Magazin

Koch brothers & their republican canidates

Emotionen sind wichtiger als Fakten

Aber tendenziell werden die Empfehlungen nach dem Ausscheiden innerhalb des Lagers erfolgen. Es sei denn, jemand erhofft sich, als Kandidat für die Vizepräsidentschaft benannt zu werden. Solche Benennungen erfolgen meist, um Wählergruppen zu erschließen, die ein Kandidat selbst nur schwer erreicht. Zum Beispiel könnte Donald Trump mit Jeb Bush oder Carly Fiorina seine Chancen gegen Hillary Clinton deutlich verbessern. Wenn also ein Kandidat aufgibt, aber seine Anhänger aufruft, einen Kandidaten aus dem anderen Lager zu unterstützen, dann vermutlich, weil er

  • in diesem den kommenden republikanischen Präsidentschaftskandidaten sieht
  • sich selbst Hoffnungen macht, von diesem zum Kandidaten für die Vizepräsidentschaft berufen zu werden

Ich erwarte also politische Empfehlungen (innerhalb eines Lagers) und taktische Empfehlungen (ins andere Lager).  Keinesfalls werden alle 11 republikanischen Kandidaten bis zum Sommer durchhalten – und anfangen, ihre Zukunft nach der Präsidentschaftswahl zu planen.

Marco Rubio

Ein Fake – hat Marco Rubio so nie gesagt (siehe Text links)

Update 24.1.2016: Die Bilder mit denen ich den Artikel illustriert habe sind Fundstücke aus dem Netz, mir denen ich ein paar Aspekte des Wahlkampfes dokumentieren möchte. Ich kann weder dafür bürgen, das die dargestellten Infos richtig sind, noch mache ich mir die Aussagen der Bilder zu eigen. Im Gegenteil: Wie Christoph mich in seinem Kommentar informiert, ist insbesondere die Abbildung rechts wohl ein Fake. Rubio hat sich wohl nie zur Frage geäußert, ob Kriminelle Waffen haben sollten. Zur Frage, ob Kriminellewählen dürfen sollten, hat er sich grob sinngemäß, aber nicht wörtlich geäußert, wie im Bild dargestellt (alle Details zum Thema). Auch zur Abbildung oben gibt es kritische Anmerkungen, da sie sich wohl auf alte Äußerungen von David Koch aus dem Jahr 1980 bezieht.

Da ich hier den Wahlkampf beschreiben will, lasse die Bilder hier mal drin, versehe sie jedoch mit einem Disclaimer.

Weitere Kandidaten:

Wenn (aktuell) auch chancenlos so beabsichtigen auch andere Parteien, an der Präsidentschaftswahl teilzunehmen.

Die Libertäre Partei  veranstaltet eigene Vorwahlen zwischen drei Kandidaten:

 

Für die Green Party tritt – bisher konkurrenzlos – die Ärtzin Jill Stein an (Web-Seite).

 

Die noch recht junge Pirate Party wollte den Professor Lawrence Lessig ins Rennen bringen (der eine wirklich interessante Alternative gewesen wäre), ist aber an dem Aufwand gescheitert, den die Komplexität des US-Wahlsystems hervorruft. Ihre Erklärung dazu.

 

Spannend wird dieses Jahr sicher werden. Zumal am 8. November auch 435 Sitze im Kongress (wichtig für den Präsidenten / die Präsidentin um ihre Vorstellungen auch durchsetzen zu können) und 34 Sitze im Senat zur Wahl stehen.

Waffen in den USA

Wahlkampf zum Thema Waffenbesitz in den USA (Zahlen nicht verifiziert)

Ich hätte Lust, am 8. November 2016 eine Wahlparty zu veranstalten. die (wegen der Zeitverschiebung zur Westküste) bis in die frühen Morgenstunden  des 9.11.dauern wird. Durch das Internet ist es ja möglich, auf original US Informationen zuzugreifen. Hier mein Live-Ticker aus der Wahlnacht vor 4 Jahren. Jemand Lust? Meldet euch.

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* Update, 29.1.2016: Klarstellung

  1. Die Aussage, die “Ansichten von Hillary Clinton sind mir sympathisch” bezieht sich auf den US-amerikanischen Kontext. Wäre sie eine deutsche Politikerin fände ich Hillary Clinton und ihre Positionen nicht weiter beachtenswert.
  2. Ich habe vor allem ein Bild von ihren sozialpolitischen Ansichten, das bei mir in den Jahren 1992/93 geprägt wurde. Bevor sie sich im Bereich der Außenpolitik betätigte. Ihre öffentlichen Äußerungen dazu habe ich gedanklich immer relativiert, weil:
  3. ich damals gelernt habe, dass in der US-Politik die öffentlichen Äußerungen und Absichtserklährugen (sorgfältig vorbereitet) primär dem Zweck der Wählbarkeit dienen und selten persönliche Überzeugungen preisgeben oder einen Ausblick auf die später praktizierte Politik. Im Gegenteil: Wer in der US Politik was werden will, muss seine Äußerungen so wählen, dass sie nicht die persönlichen Überzeugungen darstellen, sondern möglichst keiner wichtigen Wählergruppe vor den Kopf stoßen.
    Dieses ist übrigens nicht so, weil die Politiker das so wollen, sondern die US Wähler strafen erbarmungslos jeden Politiker ab, der sie mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert.

Natürlich kann es sein, dass ich ein Bild von Hillary Clinton habe, dass längst nicht mehr korrekt ist. Da ich aber in den USA nicht wählen kann, beunruhigt mich das nicht weiter. Für mich ist das Interesse an diese Wahl – auch wenn sie große Auswirkungen auf Fragen von Krieg und Frieden hat – eher wie das Interesse an einem Fußballspiel. Und das Zuschauen macht halt einfach mehr Spaß, wenn man zu einer der Mannschaften hält.

 

Alle Abbildungen: Internet-Fundstücke zum Thema.

 

Siehe auch:

Live Protokoll der US-Präsidentschaftswahl 2012

Politik ist…

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Wie zum Beispiel:

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